Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DRESDEN/ Frauenkirche: MOZARTS GROSSE C-MOLL-MESSE IM GEDENKKONZERT

Dresden/Frauenkirche: MOZARTS GROSSE C-MOLL-MESSE IM GEDENKKONZERT – 15.02.2013

 Den von der Sächsischen Staatskapelle Dresden 1951 begründeten Gedenkkonzerten in Erinnerung an den 13. Februar des Jahres 1945, als die Dresdner Innenstadt während eines barbarischen Luftangriffes völlig zerstört wurde, folgten bald Kreuzchor, Kreuzkirche und Dresdner Philharmonie und, seit ihrem Wiederaufbau, auch die Dresdner Frauenkirche. Die Frauenkirche war scheinbar unversehrt stehengeblieben und ein letzter Hoffnungsschimmer für die Bevölkerung, aber 2 Tage später, am 15.2., stürzte die ausgebrannte Kirche in sich zusammen und begrub alle Hoffnung.

 Jetzt stand im Gedenkkonzert W. A. Mozarts unvollendet gebliebene „Große Messe in c Moll“ (KV 427) auf dem Programm. Sie ist keineswegs eines seiner letzten Werke, sondern entstand nach seiner Heirat mit Konstanze. Dass sie unvollendet blieb, mag der Tatsache geschuldet sein, dass sein erstes Kind, während er und seine Frau in Salzburg weilten, in Wien im Alter von nur 2 Monaten starb und ihm fortan die Motivation für die Weiterführung der Komposition fehlte. Bei der Uraufführung in der Salzburger Peterskirche ließ Mozart nur die fertigen Teile aufführen und griff zur Vervollständigung vermutlich auf Teile seiner anderen Messen zurück. Seither gibt es zahlreiche Rekonstruktions- und Ergänzungsversuche, von denen die Fassung von Robert D. Levin als die historisch fundierte gilt und bei diesem Konzert aufgeführt wurde. Levin trug akribisch Originalmaterial und authentische Skizzen zusammen und orientierte bei gänzlich fehlenden Passagen auf zeitgleich entstandene Kompositionen Mozarts.

 Es entstand ein ziemlich umfangreiches Werk, eine große und auch großartige Messe von einiger Dauer, weshalb man geteilter Meinung sein konnte, ob es sinnvoll war, die recht fröhliche „Sinfonie Nr. 95 in c Moll“ (Hob., 1:95) von J. Haydn voranzustellen, auch wenn zwischen Mozart und Haydn und ihrem Kompositionsstil bekanntlich sehr enge Beziehungen bestanden und es sich um eine sehr ansprechende Komposition in der gleichen Tonart handelt. Ihrem Charakter nach aber sind beide Werke doch recht unterschiedlich.

 Das Reußische Kammerorchester, das aus den Reihen des Philharmonischen Orchesters Altenburg-Gera entstand, dessen Wurzeln wiederum auf die Hofkapelle des ehemaligen Reußischen Hofes zurückreichen, und das seit den Einweihungsgottesdienten der Frauenkirche eng mit diesem Haus verbunden ist, spielte unter der Leitung von Matthias Grünert zunächst, dem Anlass entsprechend, die Haydn-Sinfonie mit Ernsthaftigkeit, aber Haydns versteckter, wohlwollender Humor ließ sich nicht lange zurückhalten. Die Musiker spielten sehr engagiert, mit schönem Streicherklang, ganz im Sinne der musikalischen Klassik, wenn auch bei den ersten beiden Sätzen noch ein wenig Inspiration durch den Dirigenten fehlte. Im 3. und 4. Satz brachen sich dann Musizierfreude und der wohlwollende Humor Haydns Bahn.

 Bei der großen „c Moll-Messe“ setzte das Orchester seine Qualitäten ganz in den Dienst des Werkes und wurde neben dem hervorragend singenden Chor zum sicheren Fundament der Aufführung. Es spielte äußerst zuverlässig und klangschön und mit viel Gespür für die Musik Mozarts.

 Ein besonderes Lob verdienen die sehr erfahrenden, sehr fähigen und äußerst zuverlässigen Mitglieder des Kammerchores der Frauenkirche, deren besonders schöne Frauenstimmen und gut klingenden Männerstimmen der Aufführung Glanz verliehen. Sie sangen mit viel Anteilnahme und Gespür für die Messe. Bei den, als besonderen Effekt ähnlich der „h-Moll-Messe“ Bachs, beabsichtigten Decrescendi bis hin zum fast völligen Erliegen der Musik, meisterten sie auch diese Aufgabe sehr sicher und stellten die Verbindung zum Fortgang der Musik wieder her. Sowohl zwischen den einzelnen Stimmgruppen des Chores, den Solisten und auch dem Orchester bestand immer eine sehr gute Abstimmung, obwohl sie mit letzterem relativ selten auftreten.

 Das Solistenquartett bestand aus, im Oratoriengesang erfahrenen, Sängerinnen und Sängern. Julia Sophie Wagner bewältigte die nicht leichte Partie des 1. Soprans mit ihren Koloraturen, Trillern und Verzierungen mit klarer, flexibler Stimme, intonationsrein und mit erstaunlicher Sicherheit, spannte große Bögen und bewies sehr viel Kondition bei der Bewältigung der technischen Schwierigkeiten, allerdings vermisste man heimlich die Innigkeit und Gestaltungskraft der ursprünglich angekündigten Ute Selbig.

 Dem 2. Sopran, die Partie, die Mozart seiner jungen Frau Konstanze zugedacht und nach ihren stimmlichen Möglichkeiten ausgerichtet hatte, widmete sich Jana Reiner mit ihrer klangvollen Stimme. Sie beherrschte mühelos die großen Intervallsprünge und ließ im „Agnus dei“ auch leicht dramatische Einflüsse anklingen. Im Duett stellten sich beide Sopranistinnen gut aufeinander ein, obwohl die Timbres ihrer beiden Stimmen sehr unterschiedlich sind.

 Überhaupt unterschieden sich die Timbres der 4 Solisten stark voneinander, aber mit ihren Erfahrungen stellten sie sich im Terzett und Quartett gut aufeinander ein. Eric Stockloßa gestaltete mit seinem relativ dunkel gefärbten Tenor das „Et in spiritum Sanctum“ und seinen Part in Terzett und Quartett sehr sicher.

 Den Klangvorstellungen des Geschmacks zur Mozartzeit entsprechend, standen die hohen Stimmen im Vordergrund. Statt einer Altpartie gab es 2 Soprane. Dem Bass kam lediglich die Aufgabe zu, im „Benedictus“ das Solistenquartett zu ergänzen, was Felix Rathgeber mit seiner kräftigen Bassstimme denn auch tat.

 Grünert orientierte bei der Leitung vor allem auf die technische Seite, um die sehr guten Einzelleistungen zu koordinieren, wobei mehr geistige Inspiration der Aufführung noch mehr zugutegekommen wäre.

 Ingrid Gerk

 

 

Diese Seite drucken