Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

REINHARDTSGRIMMA/ Schloss: UTE SELBIG UND ANDREAS SCHEIBNER IM SCHLOSSKONZERT

Reinhardtsgrimma / Schloss: UTE SELBIG UND ANDREAS SCHEIBNER IM SCHLOSSKONZERT – 20. 4. 2013


Applaus für Jobst Schneiderrat (Klavier), Ute Selbig (Sopran) und Andreas Scheibner (Bariton). Foto: Marion Kretzschmar

 20 km südlich von Dresden, in die liebliche Landschaft des Osterzgebirges eingebettet, liegt die Gemeinde Reinhardtsgrimma mit einer altehrwürdigen Kirche, an deren berühmter Silbermannorgel zahlreiche Orgelkonzerte stattfinden, und dem, im späten Rokokostil erbauten Schloss mit seinem kleinen, aber feinen Park im englischen Stil. Da liegt es nahe, diese Stätten auch kulturell zu nutzen. Neben der seit 2001 (i.d.R.) aller 2 Jahre stattfindenden „Schumanniade“ unter der Schirmherrschaft von Peter Schreier, die sich zur Aufgabe gemacht hat, Robert Schumanns Spuren in dieser Gegend nachzuspüren, haben die Schlosskonzerte unter ihrem Künstlerischen Leiter Holger Gehring, Organist an der Dresdner Kreuzkirche, einen festen Platz im Kulturraum Meißen-Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.

 Das letzte Konzert dieser Saison wurde zu einem echten Höhepunkt. Zwei international bekannte und beliebte Künstler der Opernbühne, aber auch des Oratoriums und des Liedgesanges, Ute Selbig und Andreas Scheibner boten – entsprechend ihrem breit gefächerten Repertoire – einen Abend mit Liedern und Duos der Romantik und Ausschnitten aus beliebten Opern.

 Das Programm mag manchem Besucher auf den ersten Blick eher „volkstümlich“ erschienen sein – vielleicht war es auch mit Hinblick auf die Bevölkerung des Ortes so gedacht -, aber die Ausführung genügte allerhöchsten Ansprüchen. Es kommt eben immer auf das „wie“ an.

 Seit sich Theo Adam und Peter Schreier bei ihren Soloabenden dem reinen Liedgesang widmeten, kannte man nur noch diese „reine Form“ der Liederabende. In früheren Zeiten waren aber bei den legendären Sängern der Vergangenheit Lieder- und Arien-Abende durchaus üblich. Wenn ein Konzertabend so heiter, entspannt, abwechslungsreich und vor allem so niveauvoll geboten wird, kann schon einmal von der üblichen Form abgewichen werden.

 Gut bei Stimme und mit sehr guter Textverständlichkeit spürten die beiden Künstler den Intentionen der romantischen Lieder und Duette – 11 von Felix Mendelssohn-Bartholdy und 6 von Robert Schumann in schönster Weise nach. Neben ihren immer sehr eindrucksvoll gestalteten Opernrollen beherrschen sie auch diese feine, intimere Art des Gesanges.

 Kenntnisreich und mit fröhlichem Augenzwinkern führte Andreas Scheibner „nebenbei“ mit seiner auch sehr angenehmen Sprechstimme in lockerer Weise durch das Programm und leitete „nahtlos“ zum ersten Duett des „Opernteils“, dem Duett Susanna/Graf „Crudel, perche finora“ aus W. A. Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ über.

 Die Arie der Susanna „Deh vieni, non tardar“, die „Rosenarie“, die wohl schönste Arie Mozarts und in ihrer Schlichtheit voller aufrichtiger, inniger Gefühle vielleicht die schönste Opernarie überhaupt, widmete Ute Selbig mit bewegenden Worten dem am 14.4. unerwartet verstorbenen Maestro Colin Davis, der auf künstlerischem Gebiet noch so viel vorhatte und in Dresden äußerst beliebt war. Mit ihm hat sie oft und gern zusammengearbeitet. Beide verband die große Liebe zur Musik Mozarts. „Er war ein so humorvoller, netter, charismatischer Mensch“, bekannte sie.

 Aus der „Zauberflöte“ folgten, mit viel Humor dargeboten, die Arie des Papageno „Ein Mädchen oder Weibchen“ und das Duett Pamina/Papageno „Bei Männern, welche Liebe fühlen“, wo beide Opernfiguren getrennt ihrer Liebessehnsucht nachhängen.

 Mit fulminanter Stimme sang Andreas Scheibner das Lied des Hans Stadinger „Auch ich war ein Jüngling“ aus dem „Waffenschmied“ von Albert Lortzing, dem vielseitigen Theatertalent, dessen geniale volkstümliche Opernschöpfungen zu Unrecht nur noch selten auf den Opernbühnen zu finden sind.

 Noch seltener ist die heitere, unvollendet gebliebene und später von Gustav Mahler vollendete Oper „Die drei Pintos“ von C. M. von Weber zu hören. Hier sang Andreas Scheibner die Arie „Ein Mädchen verloren“ mit entsprechender Nonchalance.

 Statt einer vorgesehenen Arie aus dem „Freischütz“ entschied sich Ute Selbig für die Arie der Donna Elvira „Mich verließ der Undankbare“ aus „Don Giovanni“, eine ihrer derzeitigen Erfolgsrollen an der Semperoper.

 Schließlich bildete das Duett Papagena/Papagena „Pa pa pa…“, liebevoll komödiantisch dargeboten, den fröhlichen Abschluss, der noch von einem „Schmankerl“ der besonderen Art an niveauvoller Heiterkeit übertroffen wurde. Als Zugabe für die begeisterten Besucher, die sehr zahlreich vor allem aus Dresden her gepilgert waren, folgte ein kleiner, fröhlicher Ausflug in das Reich der Operette. Bei dem Duett „Lippen schweigen“ wurde der Text zur großen Freude des Publikums vorübergehend auch mal nicht gesungen, sondern nur mit sparsamen, aber wirkungsvollen Gesten in vergnüglicher „Pantomime“ zur Klavierbegleitung – „geschwiegen“.

 An diesem Abend harmonierte einfach alles, der gediegene Rokokofestsaal mit Ausblick in den Park, die geschickte Auswahl und Zusammenstellung der dargebotenen „Nummern“ und ihre Wiedergabe auf allerhöchstem Niveau und nicht zuletzt die sehr einfühlsame Begleitung und Mitgestaltung von Jobst Schneiderrat (Semperoper) am Konzertflügel.

 Ingrid Gerk

 

 

 

Diese Seite drucken