RAIDING: KONZERT “SING OUT LOUD” am 16.11.2013
Jugendsinfonieorchester Burgenland –
Begeisterung und Können tragen Früchte
Im November vorigen Jahres, anlässlich eines Wellnessaufenthaltes besuchten wir – zwecks kultureller Abrundung zwischen Therme und Martinigansl – das Lisztzentrum in Raiding mit der Ausstellung im Geburtshaus. Dabei führte der Zufall wunderbar Regie – wir kamen gerade zu dem Konzert „Film ab“ des Burgenländischen Jugendsinfonieorchesters (JSOB) zurecht, das als geschlossene Schulveranstaltung gegeben wurde. Auf unser Ersuchen wurden wir freundlich zum Besuch eingeladen und wir waren von den Leistungen der jungen Musiker und von der Begeisterung sowohl auf der Bühne als auch im Zuschauerraum überrascht – deshalb ist bei uns der Wunsch entstanden, einen Blick hinter die Kulissen dieses höchst erfreulichen Projektes zu werfen.
Die Organisation
Das Burgenländische Musikschulwerk bietet seit dem Jahr 2005– als Trägerorganisation der sechzehn Burgenländischen Musikschulen – den Rahmen für die erfolgreiche Tätigkeit des JSOB. Die organisatorische Leitung liegt seit 2012 in den Händen der InstrumentallehrerInnen Mag. Johanna Ensbacher – sie ist nach erfolgreichen Bemühungen um den Musikernachwuchs sprich Geburt ihrer Zwillinge Paul und Leo derzeit im Mutterschutz – , Corinna Guillen, Kurt Grath sowie der Fagöttin Katarina Budimaier als Vertretung für die junge Mutter. Das „Leading team“ ist auch im Haydn-Orchester Eisenstadt, das von den „Veteranen“ des Jugendorchesters profitiert, leidenschaftlich engagiert. Musikalischer Leiter ist der Musikpädagoge Mag. Ferdinand Breitschopf, der nicht nur dirigiert, sondern auch mitreissend und absolut jugendgerecht moderiert – damit ist gewährleistet, dass die Spannung und die Begeisterung auch im Publikum erhalten bleibt.
Pro Jahr werden zwei große Projekte durchgeführt – heuer im Frühjahr stand ein „Arbeitsbesuch“ in der Wiener Volksoper auf dem Programm. Neben dem Kennenlernen des Opernbetriebes war das gemeinsame Proben u.a. des Triumphmarschsches aus Aida, einem der Höhepunkte des heurigen Konzertprojektes – tutti und in den einzelnen Instrumentengruppen – der Hauptzweck dieses „Workshops“. Das Hauptprojekt des Jahres ist jeweils das Orchesterkonzert im Herbst, mit dem auch auf eine kleine Tournee gegangen wird. Heuer wurde auf Anregung und als Unterstützung der Aktion „Burgenland singt“ ein Programm mit Solo – und Chorgesang unter dem Titel „Sing Out Loud“ erarbeitet.
Das Orchester
Das JSOB rekrutiert sich zum Großteil aus den Musikschulen, die bis zu 80 ihrer talentiertesten Schüler auf das nächste Konzert vorbereiten, sodass bei den Gemeinschaftsproben bereits auf einer soliden Basis aufgebaut werden kann. Besonders erstaunt stellten wir fest, wie in der kurzen Zeit aus völlig unterschiedlich entwickelten Musikern im Alter von 8 bis 20 Jahren ein homogener Klangkörper geformt wird. Das Geheimnis dieses Erfolgs dürfte nicht zuletzt der freundschaftlichen, fröhlichen aber auch konzentrierten Atmosphäre, von der wir uns bei unseren Besuchen überzeugen konnten, zu danken sein. Es ist eine riesige Herausforderung, in dem kleinen Bundesland ein komplettes Jugend – Sinfonieorchester adequat zu besetzen – bei nicht ganz populären Instrumenten wie Oboe, Fagott u.a kann es da schon zu Engpässen kommen, die dann mit etwas reiferen “Buben und Mädchen“ ausgeglichen werden.
Die Musiker
Als Dirigent und Verantwortlicher für die Einstudierung des ambitionierten Programmes beantwortet Ferdinand Breitschopf, ein Vollblutmusiker und –Lehrer unsere Fragen und vermittelt in jedem Satz die Freude an der Musik und die Zuneigung zu den jungen Musikern. Interessant erscheint uns die Methode, ein Musikstück nicht als Aneinanderreihung von Noten, sondern als gemeinsames Symbolbild (wie z.B. ein Schiff, das den Hafen verlässt) zu betrachten, das man dann gemeinsam gestaltet. Als gelernter Musikpädagoge erklärt er eindrucksvoll, dass er die Pubertät nicht – wie oft gehört – als einen vom jugendlichen Wahnsinn geprägten Lebensabschnitt, sondern als Chance betrachtet, den suchenden, offenen menschlichen Geist in die Richtung zu den schönen und wertvollen Dingen des Lebens zu leiten. An diese Erfahrungen werden die heutigen Kids noch in vielen Jahren dankbar zurückdenken.
Bei unserem Besuch am ersten Proben-Wochenende hatten wir Gelegenheit, mit einigen Orchestermusikenr zu plaudern um ein wenig von den Menschen, die hier am Werk sind, zu erfahren.
Die jüngste in der Runde war die neunjährige Cellistin Sofia Berrini, die aus einer sehr musikalischen Familie stammt, in der, gemeinsam mit den Eltern und den jüngeren Geschwistern auch die Hausmusik gepflegt wird. Sie ist mit fünf Jahren Spielpraxis trotz des zarten Alters schon eine routinierte Musikerin.
Zu den älteren Akteuren gehört der Trompeter Dominik Pint, der uns schon im Vorjahr – gemeinsam mit seinen Kollegen – bei den ambitionierten Trompetenpassagen und mit Bugler’s Holyday so beeindruckt hat. Er ist, gemeinsam mit Gregor Gmeidl noch von dieser hochkarätigen Gruppe im JSOB aktiv und hat die anspruchsvolle Aufgabe, mit den vier neuen Kollegen u.a. den Triumphmarsch aus Aida prägend zu gestalten.
Der Hornist Martin Tinhof gehört zwar zu den jüngeren Orchestermitgliedern, spielt das Wiener Horn aber schon mit einer Selbstverständlichkeit und mit einer Klangschönheit, die verblüfft. Er erzählt, dass er den Umstieg vom Kinderhorn relativ schnell geschafft hat – sein Ziel, Berufsmusiker in einem renommierten Sinfonieorchester zu werden erscheint durchaus realistisch (den ersten Wettbewerb hat er bereits gewonnen); bis dahin hilft er auch gerne in der heimatlichen Blasmusikkapelle aus.
Auf dem Weg zum Berufsmusiker ist der Konzertmeister Daniel Guillen schon einen großen Schritt weiter. Er studiert an der Musik-Universität Wien bei Doz. Leonid Sorokov und wird bereits zu Konzerttourneen bis nach Südamerika eingeladen. Sein künstlerisches Niveau wird auch dadurch anerkannt, dass ihm von Herrn Leopold Buchmayer ein hochwertiges Instrument zur Verfügung gestellt wird. Als Konzertmeister bewältgt er unaufgeregt und mit großem Erfolg die Koordination dieser so komplexen und vielschichtigen Musikergruppe.
Gemeinsam ist den jungen Musikern, die wir in lockerer Atmosphäre kennengelern haben, dass sie alle – von der jüngsten bis zum ältesten – eine starke Persönlichkeit erkennen ließen; junge Menschen, die genau wissen was sie können, die sich aber trotzem ohne jede Spur von Überheblichkeit eine herzerfrischende Natürlichkeit bewahrt haben.
Wir bedanken uns sehr für das offene, nette Gespräch und wünschen viel Erfolg für die weitere Karriere.
Das Konzert
Die Qualität und der Unterhaltungswert des Jugendsinfonieorchester Burgenland dürfte sich inzwischen bereits herumgesprochen haben; so war – nach den drei Matineen – auch das Abendkonzert im Lisztzentrum Raiding schon wochenlang ausverkauft. Aber nicht nur im Zuschauerraum sondern auch auf dem Orchesterpodium herrschte dichtes Gedränge. Achtzig junge, ambitionierte Musiker brachten den Konzertsaal mit seiner wunderbaren Akustik zum klingen. Besonders die Streicher erzeugen hier aufgrund des Resonanzkörpers – ähnlich wie im Wiener Musikvereinssaal – einen angenehmen, vollen Klang.
Wie schon im Vorjahr überzeugte auch heuer wieder das hohe künstlerische Niveau, gepaart mit Leidenschaft in einem Programm, das für jeden Geschmack in verschiedenen Genres etwas bot.
Eröffnet wurde – wie heuer auch nicht anders zu erwarten – mit Verdi. Mit dem Triumphmarsch aus Aida hat man sich die Latte allerdings sehr hoch gelegt – wurden wir doch heuer gerade mit Interpretationen dieses wohl populärsten Marsches – nicht immer zufriedenstellend – überschwemmt. Das JSOB konnte dank einer hervorragenden Trompetergruppe, dank leidenschaftlichem und gekonntem Einsatz aller Musiker und vor allem dank der kompetenten und konzentrierten Orchesterleitung durch Ferdinand Breitschopf ein Zeichen setzen. Die Dynamik und die Abstimmung gelangen perfekt – dies war ein Triumphmarsch, den wir ganz sicher nicht missen möchten.
Nach diesem fulminanten Beginn wurde – quasi zum „Downchillen“ „Lasia ch’io pianga“ aus der Oper Rinaldo von Händel mit der jungen Sopranistin Isabel Ecker gegeben. Danach folgten aus den Streichersonaten Nr. 1 und 2 von Rossini jeweils die dritten Sätze.
Vor der Pause erlebten wir eine „Welturaufführung“ und zwar die Humoreske „Bleib do“ von Johann Hausl, bei der sowohl die Orchestermusiker – besonders die Blechbläser – ihr komödiantisches Talent unter Beweis stellen konnten. Das Stück basiert auf dem Volkslied „Hans bleib do“ und wurde mit viel swingendem Bigbandsound zum „Ferdinand bleib do“ umgetextet und von allen Musikern, die den Mund frei hatten, gesungen. Wir hatten den Eindruck, dass diese Aufforderung nicht nur ein Gag war sondern dass hier auch die aufopfernde Tätigkeit des Arrangeurs, Probenleiters, Musikpädagogen und Dirigenten Ferdinand Breitschopf mit Freude und sympatischer Zuneigung honoriert wurde.
Der zweite, “ jugendlich moderne“ Teil des Abends begann mit einer sehr ausdrucksstarken Darbietung der Schlagwerksgruppe unter dem Titel African wind.
Das Gesamtorchester war dann wieder – gemeinsam mit der jungen Sängerin Ricarda Magedler – mit „I dreamed a dream“ aus dem Musical Les Miserables im Einsatz.
Mit „Mr Zoot Suit“ von Marc Cally lieferte Claudia Fellinger, die dritte Sängerin des Abends einen sehr gekonnten Auftritt.
Bei den beiden letzten Nummern des offiziellen Programms – „What can I do“ von The Corrs und „Rolling in the deep“ von Adele – konnten sich die jungen Musiker und alle drei Sängerinnen so richtig austoben und brachten den Saal zum Kochen. Auch der temperamentvolle Dirigent heizte zusätzlich die Stimmung an und zeigte, dass er auch in diesem Sound zu Hause ist.
Das euphorische Publikum ertrotze sich nachdrücklich Zugaben – einen Song von Michael Jackson und Wiederholungen.
Wieder einmal ist der Beweis gelungen, dass es nicht E oder U, Altes oder Modernes sondern nur gute oder schlechte Musik gibt – wir haben hier nur gute Musik auf sehr hohem Niveau genießen dürfen – dafür sagen wir DANKE!
An dieser Stelle sei uns noch eine persönliche Bemerkung aus eigener Anschauung gestattet. Leider hört und liest man in den meinungsbildenden Medien immer wieder, die klassische Musik, die Oper oder gar selbst zu musizieren habe keine Zukunft; die heutigen/jüngeren Generationen interessieren sich nicht dafür. Dass das so nicht stimmt, bzw. was man alles erreichen kann, wenn die Jugend nicht einfach mit sich allein gelassen wird, sondern mit Begeisterung, Kompetenz und Liebe an die schönen Dinge herangeführt wird, beweist man im Burgenland eindrucksvoll.
Maria und Johann Jahnas