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RAIDING/ Bgld./Liszt-Festival: BREIN’S LISZT-CAFE

26. Januar 2013: Raiding/Lisztfestival 2013 – „Brein’s Liszt Cafe“

 Begonnen hat der Kontrabassist Georg Breinschmid seine Musikerkarriere 1994 bei den Niederösterreichischen Tonkünstlern, dann wechselte er zu den Wiener Philharmonikern, entschloss sich aber 1999 der Orchesterlaufbahn den Rücken zu kehren und widmete sich vorwiegend seiner Leidenschaft, dem Jazz. Lang galt er als Geheimtipp der Szene, im Jahr 2010 stand er mit seinem Ensemble „Brein’s Cafe“ bei der Wiener Festwocheneröffnung im Mittelpunkt – live vor einem Millionenpublikum und heute kündigt ihn die Programmzeitschrift augenzwinkernd als „Wiens weltbesten Kontrabassisten“ an. Der geniale Grenzgänger tritt in den verschiedenartigsten Formationen auf, die Johannes und Edurard Kutrowatz luden ihn schon öfters nach Raiding (im 2006 neuerbauten Konzertsaal neben Liszts Geburtshaus) ein, zur Eröffnungs-Session des Lisztfestivals 2013 kam er mit seinen Kollegen Sebastian Gürtler (Violine) und Tommaso Huber (Akkordeon) unter dem Motto „Brein’s Liszt Cafe“. Und wie könnte es im Jahr 2013 auch anders sein: Neben dem Lokalgenius Franz Liszt standen natürlich die Jahrespatrone Richard Wagner und Giuseppe Verdi im Fokus.

 Richtig beschreiben kann man das Konzert, das 2 ½ Stunden dauerte, eigentlich nicht. Ein wenig Musikgeschichte sollte man schon intus und die wichtigsten Werke der Musikliteratur im Ohr haben. Wenn man dann noch offen ist für Witz und Überraschungen, dann jubelt man am Ende wie der Großteil des zahlreich erschienenen Publikums im Mittelburgenland. Es bleibt wahrlich kein Auge trocken! Aber es ist kein oberflächliches Musikkabarett, kein herkömmliches Cross-Over zwischen Klassik und Jazz, nein es ist geniale Musikalität, die von diesen drei Vollblutmusikern geboten wird. Gewürzt mit dadaistischem Humor und garniert mit unbändiger Kreativität.

 Das beginnt gleich mit einer herrlichen Persiflage auf das Stimmen der Streichinstrumente, setzt sich fort mit einer ziemlich malträtierten Fledermaus-Ouvertüre (die hier zu Ivica Strauß’ Ledermaus wird). Dann bekommt man mit todernster Miene die Verschwörungstheorie präsentiert, dass Richard Wagner (oder eigentlich Richard Wagner-Trenkwitz?) und Giuseppe Verdi ein und dieselbe Person waren. Den Beweis liefert ein grandioser „Meistersinger“-Querschnitt, bei dem immer wieder der Triumphmarsch aus Aida erklingt, doch halt war da nicht auch noch Bizet im Spiel, denn sein „Toredaor“ mischt sich ebenfalls dazu. Und gesungen wird dabei auch noch, getanzt und fiktiver Rilke rezitiert.

 Das Trio klingt manchmal wie ein 100-Mann-Orchester, dann wieder nimmt das Jazzige überhand, wie etwa bei einer atemberaubenden Bass-Improvisation Breinschmids über das Thema des Trinkliedes aus La Traviata, begleitet von Gürtler auf der zur Ukulele umfunktionierten Violine. Es gilt den unbekannten Alberich Kalman als Operettenkomponisten zu entdecken, dazu eine Partita von Dragan Sebastian Bach im 11/16-Takt (den ich allerdings nicht zu 100 % identifizieren konnte, schräg und virtuos klang sie allemal). Abgerundet mit durchaus ernsthaften Stücken wie einer Romance von Liszt oder Eigenkompositionen von Breinschmid endete das Konzert in bester Stimmung. Ganz im Gegensatz zu Auftritten des Trios in Tirol zu Jahresbeginn, wo man sich darüber mokierte, dass so etwas mit Kultur nichts zu tun habe. Der äußerste Osten Österreichs zeigte sich da aufgeschlossener und wurde dafür auch mit Zugaben (etwa „Strangers in the Night“ in Ganztonschritten) belohnt. Sehens- und hörenswert!

 Ernst Kopica

 

 

 

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