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Peter Scholz: LUCULLUS

Eine späte Ehrenrettung

17.01.2025 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Peter Scholz
LUCULLUS
HERRSCHEN UND GENIESSEN IN DER SPÄTEN RÖMISCHEN REPUBLIK
416 Seiten, Verlag Klett-Cotta. 2024

Eine späte Ehren-rettung

Es gab zahlreiche römische Aristokraten, die als Feldherren und Konsuln viel für Rom geleistet haben – und niemand kennt heute mehr ihre Namen. Doch „Lucullus“ ist sprichwörtlich geworden. Nicht dafür, was er für Rom getan hat (und das war nicht wenig), sondern als Symbol für eine Lebensführung, die von Genuß bestimmt war – ein „lukullisches Mahl“ lobt man noch heute, meist ohne oft zu ahnen, woher die Bezeichnung kommt.

Was man über Lucius Licinius Lucullus (118–56 v. Chr.) wissen kann, ist nun in einer spannenden Biographie zu finden, die auf vielen Ebenen funktioniert. Es ist ein Buch über die Verwerfungen der ausklingenden Römischen Republik und ihrer internen Kämpfe, über die permanente Bedrohung Roms durch die Staaten am Rande ihrer Provinz Asia, über Kriegsführung und Verwaltung besetzter Gebiete.

Dieser Lucullus war ein besonderer Mann, wie sein Autor Peter Scholz, Professor für Alte Geschichte an der Universität Stuttgart, überzeugend darlegt. Am Leben dieses Mannes  zeigt sich, dass die römische Aristokratie im besten Fall hoch gebildet war (Lucullus  verkehrte mit Philosophen, ließ eine berühmte Bibliothek zusammen tragen), bestenfalls hoch kompetent in der Kriegsführung, die allen Beteiligten, auch den führenden Persönlichkeiten, die härtesten Lebensbedingungen auferlegte – und dass hier gleichzeitig ein Sinn für verfeinerten Geschmack in allen Lebensbereichen (Häuser, Gärten, Kunstgegenstände) herrschte, was auch die Opulenz von Gastmählern einschloß, die nicht nur dem privaten Vergnügen, sondern auch der politischen Taktik dienten.

Das alles lässt sich am Schicksal des Mannes zeigen, der in die Rituale des römischen Lebens ebenso eingebunden war wie in Kriege und Bürgerkriege. Lucullus war  als überzeugter Republikaner ein Anhänger Sullas und Gegner Caesars (der 18 Jahre jünger war als er – Lucullus starb zwölf Jahre vor diesem, musste also den Untergang der Republik nicht mehr erleben).

Man folgt Lucullus, der zweifellos über eine besondere militärische Begabung verfügte, durch sein bewegtes Leben, das sich lange in Asien abspielte, nicht zuletzt im Krieg gegen jenen Mithridates, König von Pontos, den man heutzutage nur noch als Opernfreund (Held mancher Barockoper, auch von Mozart) kennt. Der Osten war für Rom ein dauernder Brandherd, und Lucullus bewährte sich als Feldherr zu Wasser und zu Lande. Doch es war eine Zeit, in der viele machtbewusste Männer um ihre Positionen kämpften, und es war Pompeius, der seinen Ruhm im Osten suchte. Einen Gegner zu verleumden und mit Prozessen zu überziehen, kommt einem wie ein geradezu schrecklich „heutiges“ Verhalten vor – für Brecht wurde „Das Verhör des Lukullus“ erst zum Hörspiel, dann zum Opernlibretto. Um den Tod des Lucullus rankten sich viele Gerüchte, es hieß, er sei einer Vergiftung zum Opfer gefallen – ein politischer Mord? Das ist aus der Distanz schwer festzustellen.

Feldherr und Politiker von Format, und doch nur als Gourmet bekannt und leicht verachtet – der Autor geht auch der Frage nach, warum von den Leistungen des Lucullus nur geblieben sein soll, dass er Kirschen aus Asien nach Rom brachte…

Die propagandistische Verzerrung seines Bildes in der Geschichte führt der Autor überzeugend auf „publizistische Deutungskämpfe“ zurück, auf das bewusste Diffamieren von Personen, die sich in mutigem Widerstand gegen jene gewandt hatten, die am Ende den Sieg davon trugen (Geschichte wird von den Siegern geschrieben.)

Das führte zur Verleumdung des allseits für seinen Reichtum und Geschmack beneideten Lucullus, der als geistlos genußsüchtiger Schlemmer im Luxus dargestellt wurde, unter Verschweigung all seiner militärischen, politischen und kulturellen Leistungen für Rom.

Caesar wandte sich gegen die Klasse der Senatoren, weil er sie für dekadent und unfähig hielt. Laut Peter Scholz war hingegen Lucullus ein Gegenbeispiel: „Wie kaum ein anderer verkörperte Lucullus – geradezu mustergültig – den Habitus, das Ethos und den verfeinerten Lebensstil der Senatsaristokratie der späten Republik.“

Und so lernt man ihn in diesem Buch kennen, das einer späten Ehrenrettung gleich kommt. .

Renate Wagner

 

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