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Peter Ahorner: VERGESSENE WÖRTER (Österreich)

12.10.2022 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Peter Ahorner 
VERGESSENE WÖRTER (Österreich)
124 Seiten, Verlag Ueberreuter, 2022 

Immer wieder gehen ganze Sprachen verloren, wenn eine junge Generation keine Lust mehr hat, von den Alten zu lernen und die Tradition aufrecht zu erhalten. Aber auch der Verlust von Wörtern ist bedauernswert. Wie viele Leute in Wien benützen heute wohl noch das ausdrucksvolle Wort „Pallawatsch“? „Mach keine Fisimatenten“, haben Großeltern und Tanten wohl noch zu Zeitgenossen gesagt, die heute auch nicht mehr die Jüngsten sind. So vieles aus der – in diesem Fall vor allem wienerischen – Sprache ist verloren gegangen. Tinder und Instagram nehmen sich als neue Begriffe vergleichsweise weniger farbig aus.

Peter Ahorner, Werbetexter, Liedertexter, Kabarettist, ist mit Sprache unterwegs. Im Verlag Ueberreuter hat er zuletzt ein „Wiener Wörterbuch“ und ein „Handbuch der österreichischen Schimpfwörter“ veröffentlicht. Nun geht es um „Vergessene Wörter“, und die Vorderseite des kleinen roten Büchleins ziert ein „Kracherl“ – das junge Leute nicht kennen, weil es dieses einfach nicht mehr gibt. Das lustigste daran war übrigens nicht der Inhalt, sondern der Verschluß der Flasche.

Auch die „Unaussprechlichen“ gibt es in dem Sinn nicht mehr, aber es ist ein Ausflug in die Kultur- und Sozialgeschichte, wenn man weiß, dass Unterhosen einst dermaßen mit Tabu belegt waren, dass man sie gar nicht benennen wollte. Vergesse auch,, dass es noch a Schoß und a Kombinesch gab…

Und wenn man noch wüßte, was eine „Blaue“ war, nämlich die letzte Straßenbahn, dann wäre man in der Stadtgeschichte. Und das „Vierteltelefon“? Wie hat man darunter gelitten, wenn der Nachbar, mit dem (und zwei anderen) man es teilte, zu reden nicht aufhörte, wenn man doch selbst dringend telefonieren musste! Und das „Messeprogramm“ im Fernsehen? Damals begannen die vormittägigen Wiederholungen des Abendprogramms, sehr nützlich, wenn man etwas versäumt hatte, aber eigentlich nur für Hausfrauen praktikabel… Die „vergessenen Worte“ führen in alte Zeiten.

Wenn man durch das Buch hindurchschmökert, wird man zugeben, dass man selbst – und man bildet sich doch ein, Fachmann für schöne gestrige Ausdrücke  zu sein – den Großteil der Worte nicht mehr kennt. Andere sind rein historisch geworden, etwa das „Sperrsechserl“, das noch in die Schnitzler-Zeit verweist? Und dann erinnert man sich doch an einiges. „Hedscherl“ haben die Älteren zu den Hagebutten gesagt. „Früchterl“ denkt man eigentlich nicht mehr, der „Schlurf“ ist aus der Mode gekommen. Da muss man schon uralte „Inspektor Marek“-Krimis im Fernsehen bemühen, damit die „Kieberer“ (ein Wort, das in dem Buch fehlt) sich noch urwienerisch fragen, ob ihre Kunden einen „Klamsch“ haben…

Apropos fehlende Begriffe: Angesichts der Fülle des Gebotenen ist man stolz, wenn man Lücken feststellt. Irgendwann hinter dem „Krawattltenor“ (ältere Opernfreunde mögen den Begriff heute noch verwenden) müsste doch das „Krenreiben“ kommen (Dich brauch’ ich gerade zum Krenreiben!). aber es fehlt, und beim „Lackerl“ ist vergessen, dass auch der Hund sein solches macht. Aber das sind Kleinigkeiten, die in der Fülle untergehen.

In der nächsten Ausgabe möchte man das Buch weit umfangreicher sehen – mehr ausführliche Bemerkungen zu wichtigen Begriffen, eventuell auch Verweise, wo sie verwendet wurden. Und ein paar historische Stiche und Fotos wären doch auch schön?

Derzeit könnte man das Buch bestens als Quizgrundlage für lahme Abendgesellschaften verwenden: Was ist ein „Küniglhas“?

Renate Wagner

 

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