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PALERMO/Teatro Massimo: LA MANO FELICE von Arnold Schönberg und IL CASTELLO DEL PRINCIPE BARBABLÙ von Béla Bartók

am 27.11. (Robert Quitta)

29.11.2018 | Allgemein, Oper


Foto: Teatro Massimo Palermo

PALERMO/Teatro Massimo : LA MANO FELICE von Arnold Schönberg und IL CASTELLO DEL PRINCIPE BARBABLÙ von Béla Bartók

 am 27.11.2018

 In einem Anfall von tollkühnem Mut hat die Direktion des Teatro Massimo in Palermo Bartóks „Blaubart“ auf den Spielplan gesetzt. Nun ist Bartoks einzige Oper an sich schon ein problematisches Werk. Wie alle Einakter leidet sie unter dem Geburtsfehler, dass man ihre Handlung in einem einzigen Satz nacherzählen kann, und sie daher eigentlich kein zweites Mal sehen muss. Weiters ist das schwülstig-symbolistische Libretto für unsere heutigen Ohren absolut unerträglich geworden. HInzu kommt Bartóks charakterdepressive Musik – was insgesamt dazu führt, dass noch keine Blaubart-Produktion je zu einem rauschenden Erfolg geworden ist, und noch nie ein Zuschauer nach einer solchen Aufführung das Theater mit leuchtenden Augen verlassen, geschweige denn auf Tischen tanzend verlassen hat.

Eine Blaubart-Inszenierung allein wäre somit eigentlich schon Hypothek genug. Da aber in der Direktion zum Saisonausklang offenbar noch einiger Mut unverbraucht über war, zeigte man an diesem Abend auch noch Schönbergs “ Glückliche Hand“ und seine „Begleitmusik zu einer Lichtspielszene“. Dem noch immer nicht genug, legte man in einem weiteren Anfall von schon selbstschädigend zu nennender Tollkühnheit das ganze Projekt in die Hände von Italiens derzeit „angesagtesten“ (aber auch wie wir in Wien sagen würden „gespritztesten“) avantgardistischen Regietheaterduos ricci/forte.

Das Resultat war – durchaus vorhersehbar – dementsprechend „berauschend“…

Eine äußerst schütter besetztes Theater (immerhin das drittgrößte Opernhaus der Welt), schütterer Applaus am Ende der 140 pausenlosen Minuten, betrübte Gesichter, eine Stimmung wie bei einem Begräbnis dritter Klasse und an der Garderobe tuschelte man einander unter vorgehaltener Hand zu, wie „orribile“ doch das Ganze gewesen sei, bevor man so schnell wie möglich den Ort des Geschehens verliess, um in den benachbarten Bars dringendst dem Alkohol zuzusprechen.

Nicht, dass ricci/forte nicht ihre Meriten hätten: ihre letztjährige Turandot-Inszenierung in Macerata war eine echte Wohltat, weil sie dieses aufführungsgeschichtlich so belastete Werk von jeder Chinoiserie befreiten und stattdessen einen riesigen Eisbären (weil die principessa ja aus „ghiaccio“ ist und in einer „stanza fredda“ wohnt) auf die Bühne stellten.


Foto: Teatro Massimo Palermo

Hier gelang ihnen allerdings der Metaphern – Austausch überhaupt nicht. Ärzte und Krankenschwestern in weißen Mänteln – oh mein Gott, wie oft hat man d a s schon gesehen…Clowns und Zirkusartisten – nein, bitte, nicht d a s schon wieder. Liebe EU, könntest du dagegen nicht endlich eine Richtlinie gegen solche Untaten erlassen ?


Foto: Teatro Massimo Palermo

Wäre das nicht alles nicht schon schlimm und – aus purem Mutwillen – auch hässlich genug (was zB. Kostüme und Bühnenbild anlangt), wagt es Stefano Ricci auch noch dreisterweise, zwischen „Glückliche Hand“ und „Blaubart“ eine hochtrabend so genannte „Lectio Magistralis“ einzuschieben, in der ein eitler Geck in weißem Mantel (mit Mikrophon !) 10 Minuteh lang über das Verhältnis von Mann und Frau referiert. Gegenüber dieser prätentiösen Banalität nimmt sich ja ein Standup von Mario Barth wie eine Philosophie-Vorlesung aus. Schauerlich !


Gabor Bretz. Foto: Teatro Massimo Palermo

Zum Regieführen im eigentlichen Sinne sind ricci/forte vor lauter Effekthascherei („Die zersägte Jungfrau“‚!) und Statistendressur gar nicht erst gekommen. So singen zwar Atala Schöck (Judit) und Gabor Bretz (Blaubart) makellos, aber halt an der Rampe, frontal zum Publikum und in permanenten Augenkontakt zum Dirigenten (Gregory Vajda), wie in jeder anderen Inszenierung in jedem anderen Opernhaus auch.

Schade eigentlich, aber auch selber schuld. Tja, manchmal ist es besser, ein wenig feiger zu sein…

 Robert Quitta, Palermo

 

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