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KLAGENFURT : Giacomo Puccini „TOSCA“

04.05.2012 | KRITIKEN, Oper

Stadttheater  Klagenfurt

“TOSCA”

3.Mai 2012 Premiere 

 

Die „Schlußapotheose“ mit Viktoria Chenska  (Foto: Stadttheater Klagenfurt)

Die riesige weiße Wand wurde der Vorgängerin zum Verhängnis.

 

Freispruch für Tosca

oder

Apotheose im Theaternebel

Die eigentliche Sensation mit dem Auftreten des italienischen Ausstattungszauberers Stefano Poda hatte zwar die Grazer Oper den Klagenfurtern mit einer gelungenen “Maria Stuarda” schon vorweggenommen, aber abstürzende Kulissenteile, das Einspringen einer noch unbekannten Sängerin als Ersatz für die verletzte Tosca und Kreislaufprobleme Scarpias bei der Generalprobe waren zusätzlich vorauseilende Begleitnachrichten zu der gestrigen Premiere, welche das Interesse anheizten.

Nun, Stefano Poda ist nicht nur Regisseur sondern auch sein eigener Bühnenausstatter, Kostümgestalter und Lichttechniker, seine phantasievollen Visualisierungen, gepaart mit einer Unmenge von Benebelung, Beleuchtungseffekten und ständigem Lichtwechsel ergaben beeindruckende, bei jenen des 2. Aktes sogar beängstigende Grundstimmungen. So nah konnte man noch selten die kranke, gewalttätige Welt Scarpias, seine krankhafte Gier nach Gewalt und Fleisch spüren und empfinden. Hier war das Bühnenbild, einem Bunker gleich, der Puccinischen Dramatik am nächsten, während die beiden Randakte eher durch methaphorische Elemente gekennzeichnet waren: Ein gestürztes Kreuz für die Kirchenszene, ein riesiger Engelsflügel über dem Castell Sant´Angelo. Und obwohl die Häscher auf Tosca schießen, darf sie nicht sterben, sondern kommt aus der riesigen, weißen Wand – einer Apotheose gleich – geschritten, unversehrt, sozusagen mit der Absolution versehen.(Gerade diese Wand war es, die bei einer Probe der vorgesehenen Darstellerin zum Verhängnis wurde). Dass man die Kapelle der Attavanti nur über einen Bodendeckel erreichen konnte, dass sich das Personal der Folterung im Mittelakt lediglich über Bühnenaufzüge bewegte, dass die Erschießung Cavaradossis ebenfalls unter der Bühne stattfand, das waren nicht zu übersehende Schönheitsfehler.

Dominierende Erscheinung auf der Bühne war ohne Zweifel Francesco Landolfi als zwielichtiger, wie von krankhaftem Wahn getriebener Chef der Polizeitruppe, sein kerniger Charakterbariton passte bestens zu seinem rastlosem Auftreten im düsteren Hauptquartier, das so gar nichts mit dem gemütlichen Palazzo Farnese zu tun hatte, sondern eher Endzeitstimmung auszustrahlen vermochte. Sein politischer Gegenspieler hat da keine Chance auf zimperliche Behandlung, Gaston Rivero als Cavaradossi wird sogar gefesselt auf die Engelsburg geschleppt und wird dort noch seines Ringes beraubt, das dafür verlangte Schreibpapier wird im höhnisch verweigert. Stimmlich zeigt der Argentinier einen etwas harten, in den Höhen allerdings metallisch klingenden, wirkungsvollen Tenor, die Neigung, in der Mittellage zu tremolieren war an diesem Abend nicht zu überhören, ebenso allerdings auch gute Diktion und Phrasierung, über die der Sänger zweifellos verfügt. Viktoria Chenska war die Retterin der Premiere, die junge Sängerin aus der Ukraine nützte ihre Chance und war als Liebhaberin des Malers mit schönen, lyrischen Tönen in ihrem Element, den dramatischen Anforderungen an diese Partie wurde sie weniger gerecht, zu stark war die Anspannung im erheblichen Tremolo zu hören. In der Darstellung durfte sie ihre Zuneigung zu ihrem Liebhaber schon in der Kirche handgreiflich ausleben, sehenswert, als sie, auf dem Boden kriechend Scarpia beim Sterben zusieht, dass sie der Zusage Scarpias nicht glaubt, das war in der Szene vor der Erschießung zu erspüren. Insgesamt eine gewinnende Bühnenpräsenz. Man kann den beiden Sängern natürlich zugestehen, dass sie ihre großen Arien auf dem Bauch oder gefesselt auf dem Rücken liegend zu singen hatten, gewiß keine ideale Singposition!

Zoltán Nagy war ein stimmstarker Angelotti, der von Stefan Cerny markant gesungene Mesner machte kein Hehl aus der totalen Verachtung für den republikanisch gesinnten Maler durch entsprechend präpotentes Auftreten. Andreas Früh und Krassimir Tassev boten ansprechende Leistungen als Spoletta und Sciarrone, wobei letzterer durch den Ringraub am gefesselten Cavaradossi auffiel. Larissa Gabshiy ist im Vorspiel zum 3. Akt als Hirte zu hören, stellte aber so etwas wie einen Todesengel dar.

Etwas gemächlich wirkte das Dirigat von Peter Marschik, das Kärntner Sinfonieorchester klang zeitweilig spröd und glanzlos, wenig Unterstützung also für die optische Umsetzung, die noch eher vom Chor kam.

In den nicht gerade langen aber durchaus herzlichen Schlußapplaus mischten sich Buhs beim Erscheinen des Regisseurs.

Peter Skorepa

 

 

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