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NÜRNBERG/ Staatstheater: NORMA mit „Meistersingerin“

18.03.2019 | Allgemein, Oper

Staatstheater Nürnberg: „NORMA“ am 17.3.2019

Szenenbild aus "Norma"
Foto: Staatstheater Nürnberg/ Jutta Missbach

Dieses herrliche gallisch-römische Epos mit der süchtig machenden Musik des Sizilianers Vincenzo Bellini – dem „Novalis“ unter den Komponisten – steht ja leider viel zu selten auf den Spielplänen, überhaupt nördlich der Alpen. Und der Ausflug nach Franken, in die „Meistersinger  Stadt“ lohnte sich absolut.

   Eine wirkliche „Meistersingerin“ war für die Titelpartie aufgeboten: Ytian Luan aus China, die im letzten Jahr bereits als „Lucrezia Borgia“ und „Anna Bolena“ am Landestheater Niederbayern überzeugte, sich auch nicht zu schade ist, zuletzt im Müpa in Budapest di Mi im „Land des Lächelns“ zu übernehmen, und der man nach dieser Leistung jetzt getrost eine steile Karriere voraus sagen kann!  Es war erst ihre dritte „Norma“ – Vorstellung an diesem Abend – und die war so sicher, so überzeugend interpretiert wie wenn sie schon etliche Produktionen bestritten hätte! Das bezog sich nicht nur auf Ihre Bühnenpräsenz – sobald sie auftritt ist sie „da“, zieht in ihren Bann, erzeugt Spannung – sondern auch auf ihre raffinierte musikalische Gestaltung. Schon das große erste Recitativo wird gestaltet, modelliert, zeugt von Verständnis und Rollenidentifikation. Die „Casta  diva“ erklingt behutsam im piano, mit gut geführtem langem Atem und vielen Schattierungen, während sie bei der Cabaletta so richtig auftrumpft, und das „C“ bombensicher im Haus steht. Ja und so geht’s weiter, über die berührende Szene mit den „figli“, mit den großen Duetten, dem Furor, wenn sie den treuelosen Pollione „entdeckt“, und ihre Hingabe im Finale, wo einem schon die Tränen aufsteigen. Ihr Sopran verfügt über die Leuchtkraft, Flexibilität und viele Schattierungen, weiters hat sie „Italianitá“ und große Musikalität auf ihrer Habenseite – in keiner Sekunde denkt man daran, daß sie ja – ursprünglich – aus einem ganz anderen Kulturkreis kommt. Eine exzellente, stark bejubelte Leistung!

     Und mit Freude kann ich auch von der Adalgisa berichten: Almerija Delic bringt die positive sympathische Ausstrahlung für die Adalgisa mit und überrascht mit einem voluminösen Mezzo – Gott sei Dank wurde hier nicht der aktuellen Mode gefrönt und diese Partie mit einem leichten Sopran besetzt! Passend zu ihrer Stimme spielt sie die verführte Priesterin nicht als „Hascherl“, sondern als attraktive junge Frau, die getäuscht wurde. Voll strömt ihr Mezzo, den sie auch wunderbar zurücknehmen kann und singt schöne Kantilenen. Ohne zu „drücken“ oder abdunkeln zu müssen steuert sie klangschöne tiefe Passagen bei. Und nach oben sind im  forte, das fast hochdramatisch klingt, ebenfalls keine Grenzen zu orten. Da bietet sich ein breites Betätigungsfeld für die aus Bosnien gebürtige und in Essen – und kurzzeitig auch in Graz – studiert habende Mezzosopranistin an, die nach Dortmund nun hier in Nürnberg im Ensemble ist und in der neuen „Butterfly“ die Suzuki sein wird. Aber in der Ferne läßt da schon Amneris und ähnliches grüßen…Glücklich ein Haus mit solch einer „vocone“ im Ensemble!

     Schon der Beginn war erfreulich, als Orovesos Eingangsszene mit dem Chor durch die voll strömende Stimme des Litauers Tadas Girininkas das ihr zustehende Gewicht bekam. Mit markantem „basso profondo“ und einer imposanten Bühnenerscheinung verlieh er dieser Vaterrolle Würde und Präsenz, was nicht jedem Oroveso so selbstverständlich gelingt.

     Für den vorgesehenen, aber kurzfristig erkrankten Pollione wurde in letzter Minute aus dem Ulmer Ensemble Joska Lehtinen geholt, der sich gut aus der Affäre zog, wenngleich sein eher heller, manchmal ein wenig greller, zwar durchschlagskräftiger Tenor nicht unbedingt in dieser Partie am Besten aufgehoben scheint. Er meisterte diese sicher nicht einfache Aufgabe aber trotzdem sehr anständig und lieferte alle geschriebenen Noten ab, inclusive dem – notierten , aber auch von berühmteren Kollegen ausgelassenen – „C“ mitten in der Arie.

    Es komplettierten Nayun Lea Kim als Clotilde und Chang Liu als Flavio: beide mit angenehmen Stimmen, gut einstudiert und beide im Opernstudio, wo sie von niemand Geringerem als Siegfried Jerusalem betreut werden.

    Ausgezeichnet der Chor ( Tarmo Vaask)und auch die Staatsphilharmonie Nürnberg, die echte Italianitá hören ließ und offenkundig mit großer Freude musizierte. Ein weiterer Pluspunkt des Abends war Björn Huestege am Pult: von der ersten Attacke an konnte er einen Bogen spannen, ließ die Bellinische Partitur mit Brio funkeln und leuchten und war ein auf alle Eventualitäten immer rasch reagierender Koordinator und „Mitatmer“ mit den Solisten!

    Ach ja, es gab auch eine Inszenierung… Die Produktion hatte in Nürnberg im Mai 2017 Premiere und ist eine Co-Produktion mit St. Etienne und dem „Theatre des Champs-Elysees“ . Das quasi Einheitsbühnenbild war immerhin akustikfreundlich, ein grauer Steinrahmen  war prägend, in der Mitte eine grosse drehbare Wand – für Auftritte nutzbar, ein Bäumchen, das auf den Souffleurkasten gestellt wurde; nur im Schlußbild dann ein großer, ausladender Baum bot eine optisch ansprechende Szene dann. Pollione im Anzug kommt zum Duett mit Adalgisa als „Rosenkavalier“ mit einem Strauss roter Rosen, die er dann mal zornig auf den Boden wirft, Flavio fuchtelt während seiner Szene mit einem Revolver herum, die Damen alle in blauen Kleidern ( Choristinnen und Norma und Adalgisa, nur Clotilde im „kleinen Schwarzen ), ein lächerliches Hüftschwingen der Chor -Damen zweimal – das wär nicht mal bei einer Fasnachtsitzung gut angekommen – ja, ansonsten wenigstens nichts, was besonders gestört hätte. Stephane Braunschweig führte Regie und zeichnete fürs Bühnenbild verantwortlich, Thibault Vancraenenbroeck für die Kostüme, und Johanne Saunier für die sogenannte „Choreographie“.

    Großer Jubel des Publikums – erfreulich viele jüngere Personen inclusive – für die Protagonisten und den Maestro. Eindeutig hieß es :  prima la musica –dopo gli attori – dopo la scena!

 Michael Tanzler

 

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