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APROPOS: Nichts ist so häßlich als die Rache

01.08.2018 | Apropos, Feuilleton

APROPOS:
Nichts ist so häßlich als die Rache

Wieder einmal ist es gelungen: Nun hat man auch Gustav Kuhn abgeschossen. Für Taten, die – wenn er sie begangen hat, der Zweifel bleibt natürlich lebenslang an ihm kleben – zwei Jahrzehnte zurück liegen. Das macht sie nicht weniger verwerflich, nur von unmittelbarer Gerechtigkeit kann ja wohl nicht mehr die Rede sein. „Nichts ist so häßlich als die Rache; Hingegen menschlich gütig sein, und ohne Eigenutz verzeihn, ist nur der großen Seele Sache“, heißt es in der „Entführung“. Aber große Seelen findet man im Zusammenhang mit diesen Geschichten nie.

Ob hinter all dem persönliche Rache oder höheres Rechtsempfinden steht (wie immer wird es beides geben und viele Variationen dazwischen), eines ist jedenfalls sicher: mit den moralischen verurteilten Männern werden auch ihre Leistungen weggeworfen, der berühmten „Damnatio memoriae“ ausgeliefert. James Levine, einst ein großer Dirigent. Kevin Spacey, einst ein grandioser Schauspieler. Dieter Wedel, einst ein brillanter Regisseur. Wird man auch vergessen, was Gustav Kuhn für Erl geleitet hat? Alle Leistungen weggewischt, als wären sie nie gewesen. Für die Mitwelt tot. Allerdings leben sie noch, wenn man auch nicht wissen will, wie.

Der schwedische Theaterdirektor Benny Fredriksson, Gatte der bekannten Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter, hat sich dagegen im März 58jährig das Leben genommen, wegen einer „Medien-Treibjagd“, die ihr Ziel erreicht hat: Vernichtung der angeblichen Täter von einst – in diesem Fall noch dazu, wo keinerlei „Schuld“ fest stand.

Ja, es hat wohl nur Peter Pilz „überlebt“. Die anderen Herren sollten ihn fragen, wie man es anstellt, der Auslöschung zu entgehen. Hilft es, wenn man Politiker ist…?

Nun soll klar gestellt werden, dass keinerlei Ausübung von Gewalt je leicht genommen werden soll. Aber es gab Zeiten vor „#metoo“, als der Verhaltenskodex ein total anderer war, wo „Grapschen“ (und das ist etwas ganz anderes als Vergewaltigen) als Kavaliersdelikt galt – und die meisten Frauen wussten, damit umzugehen. In die Vergangenheit zurück zu verurteilen, wo sich kein Mann, der es sich leisten konnte, etwas dabei dachte, eine Frau weiß Gott wo zu tätscheln, ist inadäquat und die Kriminalisierung von etwas, das „nur“ („nur“ nicht leicht genommen!) Fehlverhalten war.

Nun ist der Fall Kuhn ernster – „massive seelische Gewalt“, in Form von Mobbing, Demütigung und Schikane werden schon noch (zur Freude der hechelnden Medien) ausführlich besprochen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er aus diesem Prozeß zu seinem Erl-Amt zurückkehren wird. Der Mann ist meines Erachtens erledigt. Zumal ihm ein dummer Lapsus passiert ist, als er ausrichten ließ, „dass er – zumindest was die fünf in Rede stehenden Damen betrifft – jeden wie immer gearteten sexuellen oder erotischen Kontakt ausschließen kann“. Diese Damen also nicht. Aber andere?

Renate Wagner

 

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