Wien Cineplex-Kino Landstraße WO OPIUM BLÜHT – BORODINS FÜRST IGOR AN DER MET (MET IM KINO 1.3.2014)
Es gibt Werke, die übers Wunschkonzert populär wurden. Fürst Igor von Alexander Borodin ist so ein Beispiel. Jeder kennt die Polowetzer Tänze und den vokalen „Hauptschlager“ des Stückes. Doch die in New Yorker gespielte viereinhalb Stunden-Version des Arztes und Nebenbei-Musikers Borodin wird selten zur Gänze aufgeführt, MET im KINO erweitert auch in dieser Hinsicht den Opern- Horizont.
Die Handlung der1890 in Petersburg uraufgeführten Oper spielt im tiefsten Mittelalter von Russland. Die heidnischen Polowetzer bedrohen die christlich-orthodoxen Russen, die von Fürst Igor befehligt werden. In Mitteleuropa herrscht zur gleichen Zeit Friedrich I „Barbarossa“ von Hohenstaufen. Krieg und Schändung, die Lust der Sieger und der „Kater“ der Befreier – das alles macht aus „Fürst Igor“ ein Sittenbild von lang vergessenen Zeiten, die erschreckend aktuell geblieben sind. Mitunter vermeint man die aktuellen Nachrichten von der Krim zu hören. Die Met-Inszenierung des 44jährigen Russen Dmitri Tcherniakov (von ihm auch Bühnenbild und Ausstattung) versteht sich jedenfalls als Zeitreise, die im Mittelalter beginnt und – etwa über die Kostüme (Elena Zaitseva)- in eine sehr nahe Gegenwart führt. Wobei ein riesiges Mohnfeld zu Beginn fast surreale Akzente setzt. Trotz imposanter Stimmen und einem kompetenten italienischen Dirigenten, Gianandrea Noseda – das Stück kommt nicht und nicht in Schwung. Die Charaktere sind zu simpel, die Guten zu gut und die Bösen zu böse. Nein auch die wichtigste Frauenfigur, die Schwester von Igor, Jaroslavna, klagt und jammert in einem fort. In der Rolle der Jaroslavna liefert übrigens Oksana Dyka ein rundum gelungenes MET-Debüt, ob sie in einer psychologischen anspruchsvollen Rolle gleichfalls bestehen könnte, wage ich nach diesem Abend nicht zu urteilen. Am besten die Männer, die aber mehr durch Abwesenheit als durch Präsenz auffallen: Ildar Abdrazakov, seit Jahren führender MET-Verdi-Bass, ist ein großartiger, melancholischer Fürst Igor. Mikhail Petrenko sein wollüstiger Gegenspieler Galitzki. Dazu kommt der slowakische Bass Stefan Kocan als brutaler Khan Kontschak und der russische Tenor Sergey Semishkur als Wladimir. Bleiben Anita Rachvelishvili als Tochter von Khan Kontschak zu erwähnen sowie Vladimir Ognovenko und Andrey Popov.
Chor und Ballett ( Choreographie Itzik Galili ) müssen ebenso gelobt werden. Ich fürchte, Fürst Igor wird jedoch weiter übers Wunschkonzert populär bleiben.
Peter Dusek