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NEW YORK/ Metropolitan Opera: DER RING DES NIBELUNGEN (Kurzbericht)

11.05.2012 | KRITIKEN, Oper

Kurzbericht vom neuen „Ring des Nibelungen“ von Robert Lepage an der Met in New York, 5.-9.5.2012


Metropolitan Opera. Foto: Dr. Klaus Billand

 Normalerweise mache ich bei einer zyklischen „Ring“-Aufführung nach der „Walküre“ einen Zwischenbericht, um die Arbeit etwas zu strecken. Das war aber bei der 3. zyklischen Aufführung des neuen „Ring“ an der Met in diesem Frühjahr in der gewagten und durchaus interessanten, wenn auch nicht revolutionären Inszenierung von Robert Lepage nicht möglich. Ich konnte einfach nicht glauben, dass das, was da zu hören war, der Met letzter derzeitiger Schluss sein sollte. Fabio Luisi konnte mit seinem unbestimmten und unakzentuierten, ja zeitweise verwaschenen Dirigat zu keinem Moment an die großen „Ring“-Abende unter Jimmy Levine anschließen, die man an diesem ersten Haus gewohnt ist. Es war bisweilen kaum etwas zu hören, und das im mittleren Parkett! Offenbar schlug sich das auch auf einzelne Musiker nieder, denn es gab Schmisse im Blech, die man kaum an einem europäischen Provinztheater hören kann. Luisi kann offenbar nicht Wagner, oder zumindest nicht den „Ring“. Das änderte sich schlagartig mit dem „Siegfried“, den planmäßig Derrick Inouye dirigierte. Er holte endlich das Wagnersche Klangvolumen und musikalische Flair aus dem Metropolitan Opera Orchestra heraus, die ihm mit seiner langen Wagner-Erfahrung eigen sind. Es klang alles wie verwandelt, und Inouye bekam auch starken Auftrittsapplaus. Es wirkte wie eine Befreiung…


Eva Maria Westbroek (Sieglinde), Stuart Skelton (Siegmund). Foto: Ken Howard/ Metropolitan Opera

Sängerisch stand leider auch bei weitem nicht alles zum Besten. Natürlich war die große Frage, wie Bryn Terfel alle drei Wotane, und das gleich in drei Zyklen hintereinander vom 7. April bis zum 9. Mai, meistern würde. Er machte es gut, brachte mit seinem doch eher dem italienischen Fach verpflichteten Timbre schöne Piani und ein bemerkenswertes Legato in die Partien ein, was man so selten hört. Er hat natürlich auch die Höhen. Es fehlt der Stimme jedoch etwas an Tiefe, und in der „Walküre“ merkte man seiner Technik einen gewissen Kraftaufwand an, der vermuten schließen lässt, dass zumindest der „Walküren“-Wotan für Terfel weiterhin eine Grenzpartie ist. Bewundernswert seine erstklassige Diktion und das akzentfreie Deutsch.

Ein Problem hatte nun auch die Met mit ihren Brünnhilden. Groß wurde angekündigt, dass Deborah Voigt in diesem Zyklus zum ersten Mal alle drei Brünnhilden singen würde. Allein, ihre Leistung in der „Walküre“ ließ nicht allzu Gutes erwarten. Im Mezzovoce fast soubrettenhaft mit schlechtem Deutsch deklamierend, verfestigte sich die Stimme schnell in der Höhe und verlor an Flexibilität und Resonanz. Nicht ganz überraschend kam dann ihre Absage zum „Siegfried“ und Katharina Dalayman sprang ein. Einmal mehr war zu erleben, dass sie mit der Brünnhilde über ihre Verhältnisse singt – sie war mal eine gute Sieglinde im „Ring“ an Covent Graden. Es waren die üblichen Höhenprobleme zu hören, das hohe C am Schluss sang sie erst gar nicht. Einige kräftige Buhrufe beim stets sehr sängerfreundlichen Met-Publikum waren die Folge.

Stimmlich überzeugen konnte Stephanie Blythe als nachdrückliche, aber immer noch liebende Fricka, optisch und darstellerisch weniger. Stuart Skelton, der nach dem – für mich verständlicherweise – beim Publikum auf wenig Anklang gestoßenen Einspringer Frank van Aken nun für den erkrankten Jonas Kaufmann als Siegmund einsprang, „glänzte“ ebenso wie Klaus-Peter König als Hunding durch darstellerische Tatenlosigkeit und Charisma-Freiheit; beide zeigten aber stimmlich große Wirkung. Im Zeitalter der Sängerdarsteller scheint mir das zu wenig. Allein die gute Eva-Maria Westbroek brachte mit ihrer Sieglinde etwas Leben in den ansonsten relativ langweiligen ersten Aufzug der „Walküre“. Personenregie zählt nicht zu den Stärken von Lepage. Manchmal fragte man sich, ob der den „Ring“ wirklich gut genug kennt. Richard Paul Fink hat viel von seiner stimmlichen Alberich-Qualität eingebüsst. Eine positive Überraschung war hingegen der Loge von Adam Klein und der Mime von Robert Brubaker. Wirklich total versöhnen konnte einen wieder einmal Stephen Gould als „Siegfried“. Mit welcher stimmlichen und darstellerischen Intensität er diese größte Tenor-Partie im Wagner-Fach meistert, ist nahezu vorbildlich und derzeit einzigartig. Nicht einen Moment wird da ans Sparen gedacht, immer alles gegeben und das noch tenoral glänzend bei bestem Klangvolumen und totaler Wortdeutlichkeit. Ein Glücksfall! Man muss sich fragen, warum Gould nicht wieder den Siegfried in Bayreuth singt. In den 1960er Jahren sangen dort doch auch immer jahrelang die besten ihres Fachs…

Die mittlerweile schon berühmte „Maschine“ von Carl Fillion mit ihren etwa 20 großen Planken, die sich bisweilen wirkungsmächtig wenden und aufsplittern und dabei ebenso stimmungsvoll wie -gerecht von Pedro Pires per Video beleuchtet und charakterisiert werden, bildet den großen Rahmen für das Geschehen, lenkt aber oft stark von der Musik ab. Außerdem knackt es noch allzu oft im Gebälk. Die finale TÜV-Prüfung durch Loge („Kein Stein wankt im Gestemm“) steht wohl noch aus…

Heute Abend gab es als Interregnum zum „Ring“ „Die Sache Makropulos“ mit der in jeder Hinsicht blendenden Karita Mattila. Es war nicht nur eine Produktion von Elijah Moshinsky der Extraklasse, sondern stimmlich ein Fest. Fast alle Rollen waren erstklassig besetzt mit Richard Leech als Albert Gregor, Tom Fox als Dr. Kolenatý, Johan Reuter als Jaroslav Prus und Bernard Fitch als Graf Hauk-Sendorf. Musikalisch lotete Jiri Belohlávek alle Facetten der reichen Partitur Janáceks aus – ein großer Abend an der Met, und begeistert gefeiert.

Morgen kommt „Götterdämmerung“ als Matinee und am späten Abend noch „Billy Budd“  –  „weißt Du wie das wird…?“

 (Fotos in der Bildergalerie)

 

Klaus Billand

 

 

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