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NEW YORK/ Die Met in Kino/ Cineplexx Wien-Mitte: DON GIOVANNI

23.10.2016 | Allgemein, Oper

22.10.2016   MET/Kino   „Don Giovanni“

Diese Oper steht seit einiger Zeit weltweit im Mittelpunkt von Experimenten, deren Ziel es wohl ist, die Oper aus alten Konventionen zu befreien, sie „anders“ als gewohnt, zu präsentieren. Der konservative Besucher steht diesen Bemühungen etwas kritisch gegenüber, auf Liebgewordenes, Traditionelles verzichtet man nicht gerne, wenn auch immer wieder Neugierde geweckt wird, was man denn anders/besser machen könnte.


Hibla Gerzmava, Paul Appleby. Foto: Metopera

Hier bietet sich den Vergleich MET / Volksoper an. Hat man bei Achim Freyers Inszenierung des Vorjahres ein sehr buntes Treiben auf der Bühne erleben dürfen, Protagonisten, die aus ihren Rollenklischees geholt wurden – zentrale Idee war, von der einseitigen Betrachtungsweise „böser Giovanni gegen das gute Bürgertum“ abzuweichen und alle Charaktere mit deutlichen Schwächen zu zeigen, so beschränkt sich Regisseur Michael Grandage an der MET darauf, die Handlung in einem besonders abscheulichen Umfeld (Bühnenbild und Kostüme stammen von Christopher Oram) ablaufen zu lassen. Die Hausfassade mit Balkonen – keine ganz neue Idee – wurde nur selten von den handelnden Personen genützt, davor gab es dann aus Platzgründen unübliches Gedränge, sobald sich die Wand öffnete, bot der Anblick (Bauernhochzeit, Fest bei Don Giovanni und Tafel im Schlussbild) wenig Erfreuliches, so stellt man sich den Rahmen einer klassischen Oper nicht vor. Die Rollenbilder wurden großteils wieder ins alte Licht gerückt, einzig der Titelheld bot eine etwas ungewöhnliche, aber sehr interessante Facette seiner Person.

Simon Keenlyside, nach langer Zeit wieder genesen, feierte ein gelungenes Comeback, stellte den Frauenhelden mit viel Selbstironie dar, man konnte meinen, er persifliere die Rolle – eine sehr gelungene Sichtweise. Sein Bariton war an Kraft den Kollegen etwas unterlegen, aber durch den geschickten Einsatz seiner technisch ausgezeichneten Stimme war er der Mittelpunkt des Geschehens, wie man es nicht immer erleben kann. Adam Plachetka sang den Leporello mit Bravour, manches Mal sogar etwas zu dominierend. Sein komisches Talent kam bestens zur Geltung. Neu in dieser Rolle war Paul Appleby als Don Ottavio. Im Spiel sehr zurückhaltend, konnte er aber im Lauf des Abends immer besser seinen gesunden, lyrischen Tenor präsentieren. Freilich gelang ihm die große Arie „Il mio tesoro“ nicht ganz, da fehlte es wohl noch etwas an Routine. Matthew Rose war ein mächtiger, stimmgewaltiger Masetto, in der Statur und Mimik etwas an Bud Spencer erinnernd. Mit Kwangchul Youn hatte man einen Komtur mit erschreckender Stimme aufgeboten. Zusammen mit der unheimlichen Gewandung bot er tatsächlich reichlich Grund zum Fürchten.

Die Damenriege war mit unterschiedlichen Erfolg am Werk. Hibla Gerzmava sang die Donna Anna vor allem in den höheren Regionen mit einiger Anstrengung, auch schmälerte das deutlich hörbare Vibrato ihre Leistung. Malin Byström war eine resolute Elvira, ihr Schwanken zwischen Liebe und Abneigung spielte sie hervorragend, auch stimmlich war sie eine der besten Protagonisten. Die Zerline der Serena Malfi bewegte sich in alten Rollenbahnen, das fast unschuldige Bauernmädchen konnte sie sehr glaubhaft darstellen, auch stimmlich war sie mit ihrem kräftigen Sopran sehr präsent.

Am Pult des ausgezeichnet disponierten MET-Orchesters stand Fabio Luisi. Es war eine Freude mitzuerleben, wie perfekt er Mozart zelebrierte, wie exakt er das Orchester leitete und wie gut er das Ensemble auf der Bühnen begleitete. Ein Abend, der viel Freude machte, nicht perfekt, aber doch sehr ordentlich in der Ausführung.            

Johannes Marksteiner

 

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