(Hg.), Nina Noeske, Matthias Tischer
MUSIK UND LIEBE
In der Reihe: Klang Zeiten – Band 20
132 Seiten, Verlag Böhlau, 2022
Gibt es eine Kunstform, die „Liebe“ überzeugender darstellen und verkörpern kann als die Musik? („If music be the food of love, play on“, heißt es so unwiderstehlich bei Shakespeare). Die Hochschule für Musik und Theater Hamburg hat sich „Musik und Liebe“ als Thema eines Symposions gestellt, dessen Ergebnisse nun von zwei Professoren des Hauses, Nina Noeske und Matthias Tischer, herausgegeben wurden. Es ist ein musikwissenschaftliches Sachbuch, mit vielen Notenbeispielen, das auch durch die absolut spezifischen Thematiken, die da gewählt wurden, vermutlich nur für ein Fachpublikum interessant ist.
Zu Liebe und Musik kann man natürlich grenzenlos Fragen stellen, auch solche, auf die man als Normalbürger nie käme. Wie viel Liebe steckt in den Offiziumsgesängen des Mittelalters, fragt Roman Hankeln, und er findet überraschend viel sogar Ekstatisches – allerdings richtet sich diese Liebe allein an Gott, nicht an die Menschen.
Das Thema Film und Liebes-Musik kommt zur Sprache. Da wird Schumanns Widmung an Clara, „Du meine Seele, Du mein Herz“, bis in den historischen Spielfilm „Song of Love“ verfolgt, worin Katherine Hepburn die Clara spielte und sich das Lied instrumental als stimmungsträchtiges „Leitmotiv“ bewährt hat (Autorin: Beatrix Borchard). An anderer Stelle untersucht Matthias Tischer unter dem Titel „Von der Musik das Fühlen lernen“ die Gefühls-Funktion von Filmmusik.
Interessant, wie Christoph Flamm „Die Erotik der Töne im Fin de siècle“ aufgreift, am Beispiel von drei Komponisten, die dabei völlig verschiedene Wege gingen, Skrjabin mit hypertropher Exzentrik, Dohnanyi mit empfindsamem Überschwang und Debussy mit poetischer Verfeinerung.
Für Opernfreunde mag der Beitrag über Monteverdis „Krönung der Poppea“ (Autorin: Sabine Meine) am interessantesten sein. Immer schon ist aufgefallen, wie „unmoralisch“ des Happyend zwischen Nero und Poppea ist, das allerdings in mitreißenden Liebesklängen endet. Allerdings, so meint die Autorin, sei Monteverdis Werk durchaus kritisch-politisch gemeint gewesen, sollte zeigen, dass Liebe auch von Pflicht und Moral wegführen kann.
Auch unter den weiteren Beiträgen werden Musikwissenschaftler Anregungen beziehen können. Aber, wie gesagt, es sind Vorträge bzw. Artikel, die sich an ein Fachpublikum wenden und glücklicherweise im Böhlau Verlag ein Forum gefunden haben, wo Spezialuntersuchungen dieser Art ihren Platz finden.
Renate Wagner