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MÜNCHEN/Prinzregententheater: CATHARINA CORNARO von Franz Lachner – konzertant

15.10.2012 | KRITIKEN, Oper

Opernrarität in München: „Catharina Cornaro“ von Franz Lachner (konzertante Aufführung: 14. 10. 2012)


Franz Lachner  (1803-1890)

 Schon seit Jahren bringt der Bayerische Rundfunk im Rahmen seines Zyklus Sonntagskonzerte Opern- und Operettenraritäten zur Aufführung, die vom Münchner Rundfunkorchester im Prinzregententheater gespielt werden. Am 14. Oktober 2012 fiel die Wahl auf die in Vergessenheit geratene Oper „Catharina Cornaro, Königin von Zypern“ des deutschen Komponisten Franz Lachner (1803 – 1890), die ihre Uraufführung 1841 in München hatte. Auf BR-KLASSIK wurde die Aufführung, die in deutscher Sprache gesungen wurde, direkt übertragen.

 Franz Lachner, der von seinem Vater unterrichtet wurde, besuchte das Gymnasium in Neuburg an der Donau und war zuerst Organist in München. 1823 kam er nach Wien, wo er ab 1826 Kapellmeister am Kärntnertortheater war und Aufnahme im Künstlerkreis um Franz Schubert fand, dessen enger Freund er wurde. Von 1834 bis 1836 wurde er Hofkapellmeister in Mannheim, ab 1836 in München Kapellmeister der Hofoper, später Generalmusikdirektor sowie Leiter von Musikfestspielen. Lachner galt als einer der herausragenden Persönlichkeiten des Münchner Musiklebens, wurde Ehrenbürger der Stadt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Als König Ludwig II. Richard Wagner nach München rief, zog sich Lachner 1865 in den Ruhestand zurück. Nach seinem Tod geriet er als Gegner Wagners rasch in Vergessenheit. Neben Catharina Cornaro komponierte er noch die Opern Die Bürgschaft (1828 nach Schiller), Alidia (1839) und Benvenuto Cellini (1849).

 Die historische Caterina Cornaro war die Tochter eines der reichsten Adeligen Venedigs, die 1472 von Jacques II., König von Zypern, geheiratet wurde, nachdem er bereits vier Jahr zuvor um die Hand der damals 15jährigen angehalten hatte. Als der König bereits ein Jahr darauf starb, erbte sie die Krone. Sie verteidigte ihre Regentschaft unter oft demütigenden Umständen mehr als 15 Jahre lang, wurde ihr doch durch Intrigen, Morde, Überfälle und durch die ständige Bedrohung durch die Türken, die Zypern ebenso erobern wollten wie Venedig, Genua und Neapel, das Leben schwergemacht. Erst 1489 dankte sie auf Druck Venedigs „freiwillig“ ab. Die Venezianer übernahmen die Herrschaft über die Insel, auf der sie zahlreiche Festungen als militärischen Stützpunkt für den Abwehrkampf gegen die Türken errichteten, den sie allerdings 1573 dennoch verloren. Caterina Cornaro lebte danach auf der Burg Asolo in Oberitalien, wo sie noch zwanzig Jahre als Mäzenin der Künste tätig war und sich mit Literaten und Gelehrten umgab.

 Fast zeitgleich mit Lachners Komposition wurde der Stoff noch von Halévy (1841), Donizetti (1844), Balfe (1844) und Pacini (1846) vertont. Berühmt ist auch das pompöse Ölgemälde Venedig huldigt Caterina Cornaro von Hans Makart. Tizian, Veronese und Bellini schufen Porträts der schönen Venezianerin.

 In der vieraktigen Oper Catharina Cornaro, Königin von Zypern von Franz Lachner, deren Libretto Alois Joseph Büssel nach einem Text von Jules Henri Vernoy Marquis de Saint-Georges verfasste, bestimmen politische Intrigen und große Gefühle das Geschehen. Ihre Handlung: Im Festsaal des Palastes von Andrea Cornaro wird die Hochzeit Catharinas mit dem Edelmann Marco Venero vorbereitet, der in der Nacht nur knapp einem Mordanschlag entging. Doch ihr Onkel Andrea löst auf Anordnung des venezianischen Senators Onofrio im Namen der Republik Venedig die Verlobung und weist Marco aus dem Haus. Catharina soll stattdessen Jakob von Lusignan, den König von Zypern, ehelichen. – Als Marco mit Catharina fliehen will, enthüllt Andrea seiner Nichte, dass Marco getötet werde, falls sie nicht dem Staatsbefehl gehorche. – Um ihren Geliebten zu schützen, willigt sie in die Heirat mit Jakob ein. Inzwischen plant Marco, Jakob umzubringen und sich anschließend von zwei Banditen töten zu lassen. Als Marco seinen Plan vor der Kirche ausführen will, erkennt er in Jakob den Fremden, der ihm das Leben rettete. Er lässt den Dolch fallen und verschwindet in der Menge. – Als Jakob nach der Hochzeit erfährt, dass Catharina zur Ehe mit ihm gezwungen wurde, bittet er sie angesichts seines nahenden Todes um Verzeihung. Im Königspalast von Nikosia wird die Ankunft eines Ritters aus Rhodos gemeldet. Es ist Marco, der Catharina warnt, dass Jakobs Leben bedroht ist. Onofrio tritt hinzu und enthüllt Catharina, dass man ihren Mann vergiftet habe, damit Venedig die Macht über Zypern übernehmen könne. Da Jakob das Gespräch unbemerkt angehört hat, schwört er Rache und zieht zusammen mit Marco in den Kampf gegen Venedig, Onofrio wird abgeführt. Als die Zyprioten ihren Sieg über Venedig feiern, präsentiert der tödlich geschwächte König dem Volk Catharina als seine Nachfolgerin.

 Unbegreiflich, dass dieses musikalisch reizvolle Werk, das schon mit der stimmungsvollen Ouvertüre das Publikum im Prinzregententheater in seinen Bann zog, in Vergessenheit geraten ist. Im Jahr 1903 gab es zum hundertsten Geburtstag des Komponisten die letzte Münchner Inszenierung!

 Für die hohe musikalische Qualität der Aufführung sorgte neben dem guten Sängerensemble vor allem das Münchner Rundfunkorchester unter der einfühlsamen Leitung von Ralf Weikert, der kurzfristig für den erkrankten Dirigenten Ulf Schirmer einsprang und es blendend verstand, alle Feinheiten der Partitur herauszuarbeiten, die des Öfteren an Schubert und Weber erinnerte. Wunderbar der Streicherklang in den romantischen Sequenzen, beeindruckend die Bläser bei den dramatischen Teilen der heroischen Oper.


Kristiane Kaiser

 In der Titelrolle lotete die Wiener Sopranistin Kristiane Kaiser (auch sie sprang kurzfristig für die erkrankte Michaela Kaune ein) alle Gefühle von Catharina Cornaro – von Liebe über Wut und Enttäuschung bis hin zur Trauer – mit ihrer Stimme prächtig aus. Ebenso eindrucksvoll der junge Kölner Daniel Kirch, der mit seinem lyrischen Tenor die Rolle des Marco exzellent sang und auch alle Höhen der schwierigen Partie meisterte. Simon Pauly lieh seinen kräftigen Bariton Catharinas Onkel Andrea, während der Schweizer Tenor Mauro Peter die eher kleine Rolle des Königs von Zypern gab. Mit seiner imposanten Bühnenerscheinung wäre er in einer szenischen Aufführung wohl eine Idealbesetzung als Jakob II. von Lusignan gewesen.

 Stimmlich ausdrucksstark sang der Stuttgarter Bassbariton Christian Tschelebiew den venezianischen Senator Onofrio, die beiden Banditen Spiridio und Angelo waren die Basssänger Gerald Häußler und Michael Mantaj. Eine bedeutende Rolle hatte der Chor des Bayerischen Rundfunks inne, der von Jörn Hinnerk Andresen einstudiert wurde. In starker Besetzung füllte er die verschiedenen Rollen – die Frauen als Hofdamen, die Männer als Gondolieri und gemeinsam als Volk von Zypern – stimmgewaltig aus.

 Das begeisterte Publikum dankte allen Mitwirkenden mit lang anhaltendem Applaus. Blumensträuße gab es für das Sängerensemble, dessen Wortdeutlichkeit beeindruckte, und für den österreichischen Dirigenten, der seine Blumen als Kavalier an die Harfenistin weiterreichte.

 Udo Pacolt, Wien – München

 PS: Ein besonderer Dank gebührt der Intendanz des Bayerischen Rundfunks, dieses Werk der Vergessenheit entrissen zu haben. Man darf gespannt sein, ob es in naher Zukunft doch auch zu einer szenischen Aufführung dieser romantisch-heroischen Oper kommen wird!

 

 

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