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MÜNCHEN/ Philharmonie: I DUE FOSCARI – konzertant

04.02.2013 | KRITIKEN, Oper

München: „I DUE FOSCARI“ 03.02.2013

Der Münchener Konzertagentur Vita e Voce sei Dank selten gespielte Werke der Opernliteratur in konzertanter Fassung im Gasteig zu präsentieren  und verhalf somit Giuseppe Verdis Frühwerk zur Münchener Erstaufführung. Die sechste Oper des italienischen Meisters ließ bereits die Folgevertonungen I Masnadieri und Luisa Miller in ihrer strukturellen Tonprägnanz erahnen, so ganz besonders die Instrumentierung des wundervollen Celli-Violin-Soli  der Kerkerszene oder der herrlichen Chorpassagen. Bedingt durch die glanzvolle Besetzung der drei Hauptpartien erlebte man eine vom Publikum frenetisch gefeierte, vortreffliche Wiedergabe dieser Rarität.

Allen voran prägte die als Barockspezialistin bekannte Sopranistin Simone Kermes (Lucrezia  Contarini) die Aufführung zu ausgewöhnlicher Formation, mir schien die Dame inspirierte ihre Partner  zu verhaltener  Belcantointerpretation. In allen meinen bisher gehörten CD-Einspielungen, mangelte es dem Sopranpart an konsequenter Linienführung, schlichtweg Schöngesang, Respekt vor der Partitur, sowie den vom Komponisten gesetzten Vorgaben. All diese Tugenden kommen jedoch bei Frau Kermes exemplarisch vereint zum Tragen: eine bombensichere Gesangstechnik, Schönklang der Stimme in allen Lagen, gekrönt von exzellenten Höhenflügen gelang ihr dank der grandiosen Virtuosität eine intensive, nuancierte Rollenidentifikation. Die Sängerin führt hier keine experimentelle Stimmakrobatik vor, sondern unterordnet ihr Können völlig in den Dienst der goldenen Aera des Belcanto. Hatten sich die ursprünglich gesetzten  Kriterien der Komponisten Verdi, Bellini, Donizetti etc. im Laufe der folgenden Jahrzehnte stark verändert, neigte man zu Interpretationspraktiken der mehr technisierten, lauten Versionen. Zur einstigen, vokalen Optimierung kämpft nun Simone Kermes vehement für die absolute Kunstfertigkeit der Werktreue. Ja und das Ergebnis konnte sich hören lassen – für wahr!
Sagt man Paolo Gavanelli oft mächtigen, vokalen Autismus nach, weit gefehlt der italienische Bariton demonstrierte eindrucksvolle Sangeskunst, schenkte der unglücklichen Vaterfigur des Dogen Foscari weichströmende, ausdruckstarke Züge. Mir schien die Partie war ihm auf den Leib geschrieben, besonders eindringlich und innig gestaltete der Sänger das Duett mit der Schwiegertochter Lucrezia sowie die finale Sterbeszene, erzielte mit seinem klangvollen Material sehr großen Eindruck und einen umjubelten persönlichen Erfolg.

Mit flexibel geführtem Tenor ging Arture Chacón Cruz als verleumdeter Dogensohn Jacopo ins Rennen, der junge Mexicaner scheute keine effektvolle Attacke der imposanten Höhen, beeindruckte mit gesangstechnischen Strukturen und nicht zuletzt im frei ausschwingenden Legato der Partie. Sehr schön erklang der Sopran von Ethel Merhaut als Vertaute Pisana, währenddessen die Sänger der restlichen Rollen Jacopo Loredano (Daniel Kotlinski), Barbarigo (Alessandro Luciano), Fante (Dean Power), Diener des Dogen (Michael Mantaj) unspektakulär ihre Aufgaben erfüllten. Klanglich opulente Akzente setzte dagegen der prächtig agierende Münchener Opernchor (Andreas Herrmann).

Vital, energisch, transparent, farbig in atemberaubenden Tempi, mit Brio und exzellenter Klangkultur lässt Massimiliano Murrali das Münchener Opernorchester musizieren und zog den Hörer in seinen Bann. Neigte Maestro zuweilen zu blechlastigen Fortissimi, überwog doch die brillant sublime, orchestrale Differenzierung  sowie die dynamische Solistenbegleitung.  Die Aufführung wurde aufgezeichnet und es wäre eine Unterlassungssünde, diese vortreffliche Wiedergabe nicht auf CD zu verewigen. Zehn Minuten Ovationen für alle Beteiligten –  nicht anwesende Musikfreunde bestraft das Leben.

Gerhard Hoffmann

 

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