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MÜNCHEN/ Opernfestspiele der Bayerischen Staatsoper: SIMON BOCCANEGRA

14.07.2013 | KRITIKEN, Oper

Bayerische Staatsoper   „Simon Boccanegra“ am 12.7.2013

Die Koproduktion mit der English National Opera London, inszeniert von Dmitri Tcherniakov bot dem Wiener Besucher einen starken Kontrast zur bekannten Produktion der Wiener Staatsoper. Einige Jahrhunderte sind vergangen, seit Patrizier und Plebejer mit dem Dogen ihre Streitigkeiten ausgetragen hatten. Das moderne Genua, vertreten durch ein Auto der Fünfzigerjahre und ein Ratssaal, der in jeder Stadt gegenwärtig zu finden sein könnte, boten der Background für das Drama. Optisch aufgehellt durchgeschickte Projektionen wurde aus der Düsternis des Mittelalters eine trübe Szenerie der Gegenwart. Es störte den Handlungsablauf nicht sehr, den Text sollte man aber nicht allzu genau verfolgen, denn wie so oft war auch hier die Handlung durch Zeitverschiebung wenig glaubwürdig.

Sensationell – und das ist immer das Wichtigste – war die musikalische Darbietung des Verdi’schen Meisterwerkes. Begonnen vom Dirigat des erprobten Bertrand de Billy, der das phänomenal aufspielende Orchester aufmerksam zu Bestleistungen führte, über einen sehr konzentriert und exakt singenden Chor (Leitung Sören Eckhoff) bis zu einer optimalen Besetzung klappte alles wie am
Schnürchen.

In der Titelrolle sang Zeljko Lucic einen hervorragenden Boccanegra, seine Stimme erfüllte alle – sehr hohen – Ansprüche dieser Rolle. Wenn er noch etwas mehr Ausdruck in die Stimme legen könnte, wäre die Wirkung noch größer. Umwerfend wie immer Krassimira Stoyanova als Amelia. Ihre himmlische Stimme klang in allen Lagen traumhaft sicher und schön, einfach ein Genuss, ihr zuzuhören. Ramon Vargas sang den Adorno mit berückendem Schmelz, hier hat allerdings die Kostümbildnerin Elena Zaytseva ein Foul an ihm begangen, indem sie ihn in eine Motorradkluft steckte, die optisch nicht vorteilhaft wirkte, und
den Sänger einiges an stimmlicher Wirkung kostete. Eine Sensation war Vitalij Kowaljow als Fiesco. Seine mächtige und wohlklingende Stimme, die auch die nötige Tiefe besitzt, war ein Höhepunkt des Abends. So eindrucksvoll wird diese Rolle nur von ganz wenigen ganz Großen der Bühne gesungen. Auch Levente Molnár bot als Paolo eine hervorragende Leistung, sein kerniger Bariton war ja auch schon in anderen Partien positiv aufgefallen. Die rote Karte des Abends muss dem lahmen Publikum gezeigt werden, so wenig Applaus bei einer dermaßen hochklassigen Aufführung ist ein Armutszeugnis für kunstverständige Zuhörer.  

 Johannes Marksteiner

 

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