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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: PARSIFAL

01.04.2013 | KRITIKEN, Oper

MÜNCHEN, Bayerische Staatsoper, Richard Wagner, „PARSIFAL“, 31.3.2013

Auch der Münchner Parsifal war von Krankheit betroffen: Wie die unheilvollen roten Zettel im Foyer verkündeten, gab es einen Einspringer als Gurnemanz. Ein Mitglied der Staatsoperndirektion verkündete vor dem Vorhang, dass Gurnemanz John Tomlinson sich am Vormittag krank gemeldet habe, er könne zwar spielen, aber nicht singen. Ersatz sei am Ostersonntag, an dem so viele Häuser „Parsifal“ spielen, nicht leicht zu finden gewesen. Nun, es gelang trotzdem. Attila Jun, Ensemblemitglied der Stuttgarter Oper, setzte sich mittags in den Zug und stand nun im schwarzen Anzug mit Notenpult an der Seite. Wegen der kurzen Zeit zwischen Eintreffen in München und nachmittäglichem Vorstellungsbeginn war eine Einweisung in die Konwitschny-Inszenierung nicht mehr möglich gewesen. Tomlinson spielte die Rolle mit stummen Mundbewegungen, Jun sang. Anfangs noch etwas verhalten und solide, doch im 3. Akt ließ er seine herrliche warme Bassstimme strömen, legte Emphase und genaueste Wortdeutung in sein Singen. Das Publikum dankte es dem glücklichen Einspringer mit lautem Jubel.

Weniger Anlass zum Jubeln gab Parsifal Michael Weinius. Zwar hat der Sänger kein Problem, lauter als das Orchester zu singen, aber eine Identifikation mit der Rolle findet bei ihm nicht statt. Die Entwicklung vom reinen Tor zum edlen Erlöser – Fehlanzeige. Selbst zum Zusammenspiel mit den Partnern war der Sänger unfähig, dabei wurde er z.B. gerade von Kundry Petra Lang ganz hinreißend angespielt. Und dann muss die Bedauernswerte diesen männlichen Klotz auch noch küssen….

Ganz anders dagegen Michael Volle als Amfortas, ein Leidender, ein Verzweifelnder. Volle ist mit jeder Phase seines Körpers und mit jedem Ton der geschlagene, sündige Gralskönig, der an sich und den Ansprüchen der Anderen Krankende. Und natürlich singt er mit absoluter Textverständlichkeit und bringt das Wort zum Klingen.

Petra Lang als Kundry ist ein weiterer Gücksfall, im 1. Akt noch eine verrückte Kindfrau, die sich mit geschlossenen Augen der gehabten Sinnenfreuden erinnert, dann das Erwachen, die Erkenntnis Opfer zu sein. Dank ihrer Mezzotiefe und warmen Mittellage klingt die Stimme nie scharf, auch nicht bei den höchsten Ausbrüchen. Endlich einmal wieder eine menschliche Kundry.

Von den übrigen Protagonisten sollen noch Goran Juric als ordentlicher Titurel, John Wegner als nicht sehr gebieterischer und etwas monochromer Klingsor und die beiden Gralsritter Kevin Conners und Tareq Nazmi erwähnt werden.

Im Graben waltete Kent Nagano. Mir scheint, dass der „Parsifal“ sein bester Wagner ist. Von Anfang bis Ende fließt eine unendliche Melodie, ohne Brüche und Ecken. Die Sängerstimmen ordnen sich wie von selbst ein. Keiner muss forcieren, sondern kann sich tragen lassen von der Hand des Dirigenten. Alles wirkt wie zusammengewachsen, man ist umgeben von geordneten Orchesterfluten und bis zum letzten Takt in Bann geschlagen. Pausenapplaus und großer Schlussjubel für Nagano und das Bayerische Staatsorchester.

Jakobine Kempkens

 

 

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