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DORTMUND/ Konzerthaus: OPERNGALA AM NEUJAHRSTAG 2015. Französisch – sentimental mit „le Cercle de l`Harmonie“

Konzerthaus Dortmund  Operngala am Neujahrstage 2015 . Französisch –  sentimental mit „le Cercle de l`Harmonie“


Jeremy Rhorer, Lenneke Ruiten, Leonardo Capalbo. Foto: Petra Coddington

 Im Gegensatz etwa zu „Operetten“ verstand man im musikalischen Frankreich des 19. Jahrhunderts unter „opéra comique“ nicht etwa eine Oper mit viel Komik und einem „happy end“, sondern  im Gegensatz zur „Grande opéra“  ein musikalisches Bühnenwerk mit gesprochenen Dialogen  zwischen den Musiknummern und inhaltlich eher in der Gegenwart als in mythischer Vergangenheit spielend – deshalb bezeichnete etwa Bizet „Carmen“ als opéra comique“. Später verwischten sich die Unterschiede fast ganz. Dies zeigte auch das Programm des „Festlichen Konzerts“ am Neujahrstage im Konzerthaus Dortmund mit dem französischen Orchester Le Cercle de l`Harmonie“ – benannt nach einem gleichnamigen Orchester im Paris des 18. Jahrhunderts – unter der Leitung seines jungen Mitbegründers Jérémie Rhorer.  Es erklangen Arien, Duette und Musiknummern aus französischen Opern des 19. Jahrhunderts.  „Béatrice et Bénédict“ von Berlioz ist sicher eine komische Oper. „Les Pêcheurs de perles“ von Bizet bedient ebenso wie „Lakmé“ von Delibes den Hang des 19. Jahrhunderts zum exotischen Schauplatz, wobei letztere immerhin im Opernhaus „opéra comique“ in Paris uraufgeführt wurde, ebenso wie „Zampa ou la Fiancée de Marbre“ von Ferdinand Hérold – der Pirat Zampa wird von der Statue seiner verlassenen Geliebten an einer  Hochzeit gehindert.  Sogar „Hamlet“ von Ambroise Thomas passt soeben noch in diesen Rahmen, zum Entsetzen der Shakespeare-Verehrer endet die Oper glücklich – Hamlet wird vom jubelnden Volk zum neuen König ausgerufen.

 Star des Abends war die Sopranistin Lenneke Ruiten, erst kürzlich erfolgreich im Theater an der Wien  als Glucks Iphigenie (in Aulis) , dem Fernsehpublikum bekannt als Donna Anna im Salzburger „Don Giovanni“ dieses Jahres. Das Programm gab ihr  Möglichkeiten, verschiedene Facetten ihrer Gesangskunst zu zeigen: Lyrische Legato-bögen auch im p und tiefer Lage gelangen im „Le spectre de la rose“ aus den „Sommernächten“ von Berlioz – die Rose freut sich, für die schöne Dame sterben zu dürfen, die sie während eines Balls am Busen trug. Grosse Dramatik zeigte sie stimmlich  in einer Arie der „Ophélie“ aus Thomas´ „Hamlet“, in der sie Hamlets schwindende Liebe zur ihr beklagt. Ihr p war Mitleid erregend, Koloraturen fügten sich  passend in die Klagen ein, ihre Spitzentöne setzen sich ohne Schärfe gegen das grosse Orchester durch. Ausserdem war ihre französische Aussprache zu bewundern. Halsbrecherische Koloraturen und noch höheren Spitzenton meisterte sie dann auch in der „Glöckchen-Arie“ aus „Lakmé“, die  das Publikum neben langem Applaus auch mit Bravos belohnte.

Die Tenor – Teile des Programms sang Leonardo Capalbo, zuletzt bekannt als „Candide“ in Berlin. Er begann beweglich, rasch und  schwungvoll in einer Arie des Bénédict aus „Béatrice et Bénédict“ von Berlioz, in der er seine aufflammende Liebe zu Béatrice preist.  Mit strahlenden Spitzentönen schloß er feurig eine Arie des Gérard, auch aus „Lakmé“, als dieser  seiner Liebe zu Lakmé gedenkt. Sein Französisch war allerdings kaum zu verstehen, seine Stimme paßt auch besser ins italienische Opernfach. Im Duett von Leila und Nadir aus Bizets „Perlenfischern“ gelang Capalbo leuchtendes Legato und beide schlossen mit strahlendem Spitzenton auf „Ô doux moment“ – o süsser Augenblick. Trauriger schloß das zweite Duett, wieder aus „Lakmé, in der die Unmöglichkeit der Liebe zwischen beiden deutlich wird – Lenneke Ruiten mit wunderbarem p „Je ne veux pas que tu meures“ (Du sollst nicht sterben)

Die zwischen den Gesangsnummern gespielten reinen Orchesterstücke passten  noch besser zur festlichen Stimmung des Neujahrstages. In der Ouvertüre zu „Zampa“ , im „Rákóczi-Marsch“ aus Berlioz`“Fausts Verdammung“, besonders auch dank der Hörner in der „Fête Polonaise“ aus Emmanuel Chabriers „König wider Willen“ konnte es richtig schön aber rhythmisch präzise krachen. Zarte, raffinierte Orchesterfarben erfreuten im „Ballet des Sylphes“, wiederum aus Berlioz „Fausts Verdammung“ Bewundernswert gelangen auch die  vielen Soli einzelner Instrumente – als Beispiele seien  die Holzbläser genannt, das Flötensolo in der Ouverüre zu „Zampa“, die beiden Harfen in der Ballszene aus Berlioz „Symphonie fantastique“ oder die Begleitung der „Glockenarie“ ,

Schwungvoll beschlossen Jérémie  Rhorer und sein Orchester mit der „Farandole“  aus Bizets Arlésienne-Suite den Abend  Diese Mischung aus sentimentalem Operngesang und beschwingtem Orchesterstücken bildete für den Neujahrstag eine willkommene Abwechslung zu den üblichen Strauss-Klängen, der „Neunten“ oder auch dem „Nußknacker“. Dieser Meinung war wohl auch das begeisterte Publikum, das sich als Zugaben Wiederholungen des Duetts Leila-Nadir und der Farandole erklatschte.

 Sigi Brockmann 2. Januar 2015

 

 

 

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