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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: IL TROVATORE

Repertoire mit Star

15.10.2018 | Allgemein, Oper

München: Bayerische Staatsoper: „Il Trovatore“, 14.10.2018 – Repertoire mit Star


Manrico (mit Diamant im Ohr) rettet seine Leonore vor dem Kloster: Russel Thomas (Manrico), Krassimira Stoyanova (Leonora)  © Wilfried Hösl

Am 17.3.2016 durfte ich schon einmal über eine Repertoirevorstellung von Il Trovatore berichten. Die Rezension damals schloss ich mit den Worten „Hoffentlich nächstes Mal wieder mit besserer Besetzung“. Nun, diese Hoffnung hat sich bei diesem so schwer zu besetzenden Werk wenigstens teilweise erfüllt. Mit Krassimira Stoyanova als Leonora wurde eine der Besten ihres Fachs gefunden, ein echter Star, und sie hat wieder einmal gezeigt, dass sie nicht umsonst als eine der besten Sopranstimmen der Welt bezeichnet wird. Verdi verlangt von der Troubadour-Leonore eigentlich unmögliches: dramatische Ausbrüche, lange Belcanto-Kantilenen, aber auch leicht und locker perlende Koloraturen. Das alles beherrscht Krassimira Stoyanova. Die langen Kantilenen, z. B. in „Tacea la notte“, baut sie auf einer sicheren, dunklen Mittellage auf, aus der sich die Stimme bis in die höchsten Register schwingen kann. Nie wird die Stimme schrill, sie setzt hohe Töne in feinstem Pianissimo an und lässt sie dann wunderbar aufblühen. Die Arie „D’amor sull’ali rosee“ war zum Niederknien. Und doch gab es nach der Cabaletta zu dieser Arie einen Buh-Rufer. Unverständlich.

Mit Russel Thomas als Manrico hat sie einen Partner an ihrer Seite, der seine metallischen die hohen Töne ebenfalls aus einer dunklen, kräftigen Mittellage aufbauen kann. Noch dazu gestaltet er ebenfalls mit viel Musikalität und Mut zum Piano, bei dem ihm die Stimme, manchmal etwas eng wird. Bei der berühmten Stretta setzt er alles auf eine Karte: der hohe Ton am Ende entgleitet ein wenig, was den besagten Buh-Schreier auf den Plan ruft, der allerdings vom Rest des Publikums zum Schweigen gebracht wird. Beim Solo-Vorhang am Ende nochmal ein Buh, Thomas reagiert sehr souverän indem er ihm Kusshändchen zuwirft. Am eindrucksvollsten war Thomas in den Ensembleszenen, die er mühelos überstrahlte.

Ebenfalls auf der Haben-Seite dieser Trovatore-Aufführung: Jamie Barton als Azucena. Die amerikanische Sängerin gibt, wie auch Russell Thomas, ihr Hausdebüt an der Bayerischen Staatsoper. Und sie darf gerne wiederkommen. Sie verfügt über eine sehr schöne, runde, warme Stimme, die sie vor allem in den langen Phrasen von „Ai nostri monti“ schön fließen lässt. In der Tiefe nie orgelnd, ohne Registerbruch, ein etwas schrill geratener hoher Ton sei ihr verziehen. Beeindruckend, wie sie ihn ganz schnell aus dem Forte ins Piano zurückholen kann.

Die Besetzung der vierten Hauptrolle gibt weniger Anlass zur Freude: Igor Golovatenko hatte die Rolle des Grafen Luna auch schon im März 2016 gesungen. Damals wie heute eine Ausstellung schierer Stimmkraft, ohne jede dynamische Gestaltung. Er hat ein sehr schönes Timbre, kommt mühelos in fast tenorale Höhen, aber die Enheitslautstärke führt zur Einheitsstimmfarbe und verhindert jegliche Gestaltung. Dabei hat Verdi ihm eine wunderschöne Arie geschrieben, “Il balen del suo sonriso“. Er besingt darin das strahlende Lächeln der geliebten Frau; hier hätte auch ein Herrenmensch, als der Graf Luna gezeichnet wird, Gefühl zeigen dürfen. Eine Chance, die Golovatenko leider nicht nutzt. Nichtsdestotrotz räumt er beim Applaus ziemlich ab: das Münchner Publikum ist offensichtlich an diesem Abend – es ist der Abend der Landtagswahl – besonders empfänglich für laute Auftritte.

Bleiben noch die kleineren Rollen: eine Luxusbesetzung ist Kwangchul Youn, der den Ferrando mit schwarzem Bass und makelloser Phrasierung aufwertet. Ein leichter Wobble – Tribut an die vielen Wagner-Rollen, die dieser Sänger gesungen hat? – stört nicht wirklich. Selene Zanetti, eine junge Ensemblesängerin, als Ines überzeugt in ihrer keinen Rolle mit warmem Sopran. Sie wird übrigens demnächst als Marie in der Neuinszenierung von „Die verkaufte Braut“ einspringen. Dean Power, ebenfalls aus dem Ensemble, lässt seinen schönen lyrischen Tenor hören, auch der Zigeuner Oleg Davydov und der Bote Caspar Singh singen ihre kleinen Partien auf gewohnt hohem Niveau.

Asher Fisch am Pult des Bayerischen Staatsorchesters dirigiert einen sehr sängerfreundlichen Verdi, deckt die Stimmen nie zu, was bei ihm in der Vergangenheit nicht selbstverständlich war. Etwas mehr rhythmische Prägnanz und mehr Transparenz in den Orchesterstimmen wären wünschenswert gewesen.

Insgesamt also eine mit den genannten kleinen Abstrichen, sehr gelungene Repertoire-Vorstellung.

Hier noch der Link zum Bericht vom März 2016:
https://onlinemerker.com/muenchen-bayerische-staatsoper-il-trovatore/

 

Susanne Kittel-May

 

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