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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: Die verkaufte Braut am 29.12.2018

30.12.2018 | Allgemein, Oper


Selene Zannett1, Pavol Breslik. Foto Wilfried Hösl

München/ Bayerische Staatsoper:  Bayerische Staatsoper: „DIE VERKAUFTE BRAUT“, 29.12.18

Im Vorfeld der Premiere von „Die verkaufte Braut“ von Bedřich Smetana am 22.12. hatte man viel Interessantes über die Produktion gehört. Regisseur David Bösch sprach davon, wie sehr ihn die große Bandbreite des Stückes fasziniere. Es biete alles, von filigraner und derber Komik, bis zu Melancholie, Süße und tiefen Gefühlen. Außerdem interessiere ihn das Dorf als Spiegelbild einer menschlichen Gemeinschaft mit all ihren Stärken, Schwächen und Interessen. Man konnte sich also auf einen einerseits amüsanten, andererseits tiefsinnigen, hintergründigen Abend freuen.

Weit gefehlt! Was man tatsächlich sah, war lediglich ein überdimensionaler Misthaufen vor dunklem Hintergrund, auf dem den Abend lang munter herumgekraxelt wurde (Bühnenbild von Patrick Bannwald, Kostüme von Falko Herold). Die Dorfgemeinschaft war eine ziemlich einheitliche Masse, deren Lieblingsbeschäftigungen anscheinend Saufen, Schmusen und Pinkeln sind. Romantische Einsprengsel wie Herzchen-Luftballons, Herzchen-Nummernschild des Traktors, bunte Lichterkette und Glitzerflitter sind dem Münchner Publikum aus den früheren Inszenierungen von David Bösch wie „L’elisir d’amore“ und „Die Meistersinger von Nürnberg“ bereits so bekannt, dass sie eher langweilen als erfreuen. Auch die Charakterzeichnung der handelnden Personen war eher eindimensional und plump als vielschichtig, geistreich und witzig. Dabei wurde extra auf Deutsch und nicht in der tschechischen Originalsprache gesungen, damit man Sprachwitz und Situationskomik direkt erfassen könne. Von dem einen wie dem anderen war jedoch sehr wenig zu sehen und zu hören, zum Teil auch, weil die meisten Sänger es mit der Wortdeutlichkeit nicht allzu genau nahmen.

Die Inszenierung war also eine ziemliche Enttäuschung. Zum Glück gab es einige musikalische Höhepunkte: Die junge Sopranistin Selene Zanetti sang die Marie mit wunderschöner, in der Mittellage voluminöser und in der Höhe aufblühender, warmer Stimme. Ihre Arie im dritten Akt berührte das Publikum tief. So konnte sie musikalisch voll überzeugen. Ihre Bühnenfigur war leider auch etwas eindimensional als robuster, meist beleidigter Teenager gezeichnet, so dass ihr Charme und ihre sympathische Ausstrahlung nur selten zu Geltung kamen. Pavol Bresliks Hans war ein netter, etwas naiver, auch hauptsächlich am Schmusen interessierter junger Bursche. Stimmlich klang er in den ersten beiden Akten manchmal etwas angespannt. Erst nach der Pause wirkte er befreit und konnte die Schönheit seines klangvollen, weichen und hellen Tenors voll zur Geltung bringen.

Günther Groissböck gab als Kezal einen herrlichen provinziellen Gernegroß, einen „Versicherungs- und Brautverkäufer“, der sich selbst für unwiderstehlich und allen anderen überlegen hält, aber so leicht auf den Trick von Hans hereinfällt. Am Ende ist er der Gelackmeierte, der von den Dorfbewohnern in den Misthaufen getaucht wird. Zwar erschöpfte sich die Komik dieser Figur auch schon vor Ende der Vorstellung. Dennoch hat es Spaß gemacht, ihm zuzusehen. Günther Groissböck überzeugte nicht nur schauspielerisch, sondern wie immer auch musikalisch mit seiner raumgreifenden, sonoren Bassstimme und seiner hochsouveränen musikalischen Gestaltung. Das überzeugendste Rollenportrait des Abends brachte Wolfgang AblingerSperrhacke als verklemmter, stotternder, schüchterner Wenzel, der aber nach dem Ausbruch aus der engen Dorfwelt in die weite, freie Zirkuswelt zu seinem Selbstwertgefühl findet. Seine Stimme war fast zu schön und klar für diesen von Minderwertigkeitskomplexen beherrschten Charakter. Die kleineren Solopartien waren musikalisch alle auf sehr hohem Niveau besetzt wie zum Beispiel mit Helena Zubanovich als Kathinka Kruschina, Oliver Zwarg als Kruschina, Kristof Klorek als Micha, Irmgard Vilsmaier als seine Frau Agnes und Ulrich Reß als Zirkusdirektor. Tamáš Hanus dirigierte Smetanas vielschichtige Musik zum Teil in sehr raschem Tempo, wodurch so manche musikalische Nuance verloren ging. Andererseits verfiel er dadurch aber nicht der Versuchung, ins Süßliche, operettenhafte abzugleiten. Vielmehr spielte das Bayerische Staatsorchester unter seiner Leitung mit straffem, klarem, manchmal sogar etwas sprödem Klang.

Das Publikum spendete freundlichen, aber nicht begeisterten Applaus.

Gisela Schmöger

 

 

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