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MÖDLING / Stadttheater: SCHÖNBERG-SERENADE

Vom Ursprung von Arnold Schönbergs Musik zu einer dodekaphonischen Uraufführung

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Daniel Auner und das Symphonische Orchester Mödling. Foto: unser bezirk.at

MÖDLING / Stadttheater:  MUSIK AM URSPRUNG – Schönberg-Serenade

25. Oktober 2024

Von Manfred A. Schmid

Im heute als Museum zugänglichen Schönberg-Haus in Mödling, wo der Komponist von 1918-1925 lebte, entwickelte Arnold Schönberg seine revolutionäre Zwölftontechnik. Im Schönberg-Serenadenkonzert 2024 im Stadttheater Mödling kommt allerdings keines seiner dodekaphonischen Werke zur Aufführung. Der Grundgedanke der niederösterreichischen Serenadenkonzerte – „Musik am Ursprung“ – wird vielmehr weiter verschärft, geht noch einen Schritt zurück und startet mit einer Komposition aus der Frühzeit des Komponisten, die noch ganz unter dem Eindruck seiner intensiven Auseinandersetzung mit Partituren der großen Meister wie Bach, Mozart und Beethoven steht. Der innovative Schönberg, musikalisch ein Autodidakt, ist tief in der Tradition verwurzelt, weshalb das íhm gewidmete Konzert auch mit Beethovens Ouvertüre zum Ballett Die Geschöpfe des Prometheus eröffnet wird. Anders als in den übrigen, über ganz Niederösterreich verstreuten Serenadenkonzerten, die vornehmlich Kammermusik und Lieder auf dem Programm haben, genießt Mödling den Vorzug, ein eigens Orchester zu besitzen. Das Symphonische Orchester Mödling unter der Leitung von Daniel Auner bringt den festlichen, noblen Charakter von Beethovens Ouvertüre beseelt zum Ausdruck. Das darauffolgende Werk, Schönbergs Notturno für Solovioline, Harfe und Streicher aus dem Jahr 1898, gibt dem jungen Geiger Julian Walder und der Harfenistin Angela Rief Gelegenheit, die klassischen und romantischen Einflüsse in diesem Frühwerk herauszuarbeiten, während die anschließend dargebotenen Sechs Orchesterlieder op. 8 von Schönberg bereits ganz von der schwelgerischen, die Chromatik voll auslotenden Ausdrucksweise der Musik des fin de siècle geprägt sind. Die Interpretation der von Natur, Sehnsucht, Liebe und Treue schwärmenden Lieder durch die Sopranistin Rebecca Nelsen verweist auf die Affinität zur melancholischen Klangwelt Gustav Mahlers, lässt aber auch erahnen, dass die geballte Fülle dieser Tonsprache hier schon an die Grenzen der tonalen Ausdrucksmöglichkeiten gelangt ist, so dass eine radikale Abkehr von dieser vertrauten Klangwelt schon in Reichweite zu stehen scheint.

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Rainer Bischof (Kmponist). Foto: Musikverlag Doblinger

Nach der Pause steht mit der Uraufführung von Rainer Bischofs Adagio Dodekaphonico schließlich doch auch eine Zwölfton-Komposition für großes Orchester auf dem Programm. In Zeiten der Postmoderne und des Anything goes fast schon eine Seltenheit. Der anwesende Komponist, ein kompostorischer Enkel Schönbergs, wie er selbst meint, und seit Jahrzehnten der vermutlich letzte ganz der Zwölftonmusik à la Schönberg verpflichtete Musikschaffende, will dem Publikum in einer kurzen Rede die Angst vor dieser oft verrufenen und vorverurteilten Musik nehmen und lädt es dazu ein, Herz und Seele zu öffnen und unvoreingenommen zu lauschen. Der Eindruck des eigens für diesen Anlasss enstandenen Auftragswerks ist auch tatsächlich keineswegs verstörend, sondern von einer elegischen, nicht allzu zu anstrengend empfundener Eigenart. Der Beifall ist durchaus freundlich und wohlwollend.

Weiter geht es mit Sechs Lieder nach Gedichten von Maurice Maeterlinck op. 13 von Alexander Zemlinsky, der eine Zeitlang Schönbergs Lehrer war und später auch dessen Schwager werden sollte. Zemlinsky, der der Zwölftonmusik mit Respekt gegenüberstand, sie aber nicht übernahm, vertonte die symbolistischen Texte des belgischen Nobelpreisträgers Maeterlinck mit üppiger Klangpracht, die aber auch Platz für Sensibilität und Schlichtheit lässt und damit ganz der Manier von Gustav Mahler verpflichtet ist. Der Bariton Christian Immler versetzt sich einfühlsam in die Lage der drei Schwestern mit den güldnen Kronen, die den Tod herbeisehnen, in die Mädchen mit den verbundenen Augen, die ihr Schicksal herausfinden wollen, wie auch in die übrigen weiblichen Figuren, die ohne weiteres den goldumsponnenen Bildern Gustav Klimts entsprungen sein könnten.

Von Schönberg gibt es noch eine Instrumentalisierung des Choralvorspiels BWV 654, in dem er den Versuch unternimmt, die polyphon geführten Orgelstimmen transparent zu machen, bevor der Abend mit Erich Wolfgang Korngolds fanfarenartiger Ouvertüre zum Film Kings Row, vom Symphonischen Orchester Mödling mit hollywoodesker Breitbandqualität umgesetzt, triumphal und begeistert beklatscht zu Ende geht.

 

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