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MIT RICHARD TAUBER AUF DER BÜHNE

Die Damen, die den Star flankierten

03.03.2025 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Gottfried Franz Kasparek (Hg.)
MIT RICHARD TAUBER AUF DER BÜHNE
Von Jarmila Novotná bis Elisabeth Schwarzkopf.
Ein Lesebuch
256 Seiten, Böhlau Verlag, 2024

Die Damen, die den Star flankierten

Richard Tauber (1891-1948), auch als „Jahrhundert-Tenor“ oder „König des Belcanto“ bezeichnet, war einer der vielseitigsten und berühmtesten Sänger seiner Zeit, ein Held der klassischen Oper, Aushängeschild des Genres Operette, in vielen Filmen vertreten. Als Jude zur Emigration gezwungen, konnte er das Dritte Reich in England überleben, wo er in relativ jungen Jahren an Lungenkrebs starb.

Niemand steht allein auf der Bühne oder vor der Kamera, und „Paarungen“ gehören zu den interessantesten Konstellationen in der Kunst. Das wird in diesem Band, herausgegeben von Gottfried Franz Kasparek, in vielen Einzelartikeln klar, die sich den jeweiligen Damen in ausführlichen biographischen Abhandlungen widmen.

Von seinen Bühnenpartnerinnen sagt Ildiko Raimondi in der Einleitung, „ihre Stimmen hatten die Farben des Regenbogens“. Und sie deckten Oper, Operette und Film ab, desgleichen die Orte des Zusammenwirkens, wobei Tauber allein in Wien an den meisten Musikhäusern zu Gast war, desgleichen in Deutschland, in London, in Konzertsälen und, wie gesagt, vor der Filmkamera.

Obwohl man ein Lesebuch und keine wissenschaftliche Arbeit vorlegen wollte, hat man namhafte Autoren herangezogen, die das Thema aufarbeiten. Allein im ersten Kapitel, seine Tätigkeit in der Wiener Staatsoper (wo er ab 1922 Ensemblemitglied war) und im Theater an der Wien, werden als Partnerinnen alle Damen aufgezählt, die damals Rang und Namen hatten. Wobei dankenswerterweise auch erwähnt wird, wie reich die Tenorszene neben ihm war – Slezak, Piccaver, Grosavescu, Schmedes, Kiepura… Dennoch ist anzunehmen, dass viele Namen nur noch den besonders interessierten Opernfreunden etwas zu sagen haben.

Später konzentrieren sich die Artikel teilweise auf berühmte Namen: Da geht es dann um die Tschechin Jarmila Novotna, die „Duse der Oper“, selbst, die ein Wiener Publikumsliebling und später ein Weltstar war, mit Tauber besonders durch die Uraufführung von Lehars einziger „Oper“, nämlich „Giuditta“, 1934 an der Wiener Staatsoper verbunden. Sie haben darüber hinaus nicht oft miteinander gesungen. Beide haben Österreich angesichts der Nationalsozialisten verlassen.

Fast kurios mutet der Ausflug zu Käthe Dorsch an, die ja nur als große Schauspielerin in Erinnerung ist. Bevor sie allerdings ein Star am Burgtheater wurde und die Musik hinter sich ließ, war sie eine genreübergreifende Künstlerin, die eine Operetten-Jugend hinter sich hatte. 1928 sang sie im Berliner Metropol-Theater bei der Uraufführung der Lehar-Operette „Friederike“ die Titelrolle neben Richard Tauber.  Zwar war das jugendliche Paar Goethe / Friederike in Gestalt der Hauptdarsteller damals schon in der zweiten Hälfte ihrer Dreißiger, aber das Publikum war begeistert – und die Dorsch fand nur die schönsten Worte über ihren Partner.

Weniger populär geblieben sind in der Nachwelt Rita Georg  und Gitta Alpar. Doch Rita Georg war eine Entdeckung Lehars und verkörperte im „Zarewitsch“ bei der Uraufführung 1927 die Sonja an der Seite von Richard Tauber, und die Ungarin Gitta Alpár, die als Koloratursopran auf Opernbühnen reüssierte, wandte sich in den dreißiger Jahren der Operette zu und sang mit Richard Tauber 1930 am Metropol-Theater in Berlin in der Premiere von Lehars „Schön ist die Welt“.

Fritzi Massary war ein Star vor allem der Berliner Revue-Welt und der Kalman-Operetten. In diesem Kapitel liest man lange über ihre erfolgreiche Karriere, die mit Richard Tauber nur peripher zusammen traf. 1923 spielten beide gemeinsam in der Uraufführung von „Die Perlen der Cleopatra“ von Oscar Straus, Ihre Wege haben sich danach nur noch einmal gekreuzt, als sie 1926 bei den Salzburger Festspielen gemeinsam in der „Fledermaus“ unter der Leitung von Bruno Walter auf der Bühne standen, die Massary als Adele, Tauber als  Eisenstein.

Erwähnt werden noch Filmstar Henny Porten, mit Tauber ehrlich befreundet, sowie seine Bühnenpartnerinnen in England und Amerika (da kennt man viele Namen nicht). Das gilt natürlich nicht für Maria Cebotari, Elisabeth Schwarzkopf und Hilde Güden, mit denen er in London in einem legendären „Don Giovanni“ auf der Bühne stand…  

In einem eigenen Kapitel heißt es: „Vier Künstlerinnen, darunter zwei Sängerinnen, waren nicht bloß auf der Bühne oder im Film Partnerinnen Richard Taubers, sondern auch zeitweilig Gefährtinnen seines Lebens.“ Dennoch gibt es keine private Home-Story zu dem Künstler, Die Sängerin Carlotta Vanconti, die trotz ihres italienischen Namens ein deutsches Arbeiterkind war, wurde seine erste Frau, dann lebte er mit Mary Losseff, auch sie Sängerin, zusammen. Seine zweite Ehefrau, die englische Schauspielerin Diana Napier, und seine letzte Geliebte Esther Moncrieff teilten sich den Platz an seinem Sterbelager. Karrierefördernd war die Beziehung zu Tauber für keine der Damen. Im übrigen aber nehmen die Sängerinnen an seiner Seite in diesem  Buch eindeutig mehr Raum ein als Tauber selbst.

Am Ende vermißt man allerdings ein Verzeichnis von Taubers Auftritten (Datum, Ort, Werk, Rolle, Regie, wichtigste Partner), was Musikfreunde mit tiefer reichendem Interesse ebenso sinnvoll gefunden hätten wie eine Zeittafel zu seinem Leben.

Renate Wagner

 

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