Milano/Teatro alla Scala: DIE WALKÜRE am 25.6. 2013
Feuerzauber. Foto: Teatro alla Scala
Der Vorhang öffnet sich nach dem kurzen Vorspiel und wir sehen Hundings Heim mit der Weltesche. Die hintere Begrenzung ist durchscheinend, sodass sich Hundings Auftritt bereits als Schattenriss abzeichnet. Als Siegmund hatte der US-Amerikaner Simon O’Neill mit Textschwierigkeiten über weite Strecken zu kämpfen und auch sollte er auch für die Zukunft mit einem Sprachcoach an seiner Aussprache feilen. Beachtlich waren seine beiden lange gehaltenen Wälserufe. Und das war eigentlich auch das Einzige, womit er einigermaßen punkten konnte.
Waltraud Meier hat sich mit der Sieglinde eine Partie zugelegt, die sie mit ihrer ganzen Persönlichkeit durchdringt und den Wandel von der unterdrückten zur liebenden Frau berührend gestaltet. Dafür erhielt sie auch den stärksten Beifall am Ende des Abends.
Ein weiterer stimmlicher Glanzpunkt war der Hunding des russischen Basses Mikhail Petrenko, der später auch ein stimmgewaltiger Hagen sein sollte.
René Pape verausgabte sich als Wotan im zweiten Akt dermaßen, dass er zu Beginn des dritten Aktes als indisponiert entschuldigt wurde und seine Partie, nun mit stärkerer stimmlicher Zurückhaltung, doch noch bis zum Ende des Feuerzaubers einigermaßen akzeptabel singen konnte.
Während seiner Auseinandersetzung mit Fricka dreht sich eine Kugel, die aus grünen Streifen besteht und grüne nach oben gerichtete Speerspitzen werden schließlich zu einer Waldlandschaft für das Duell zwischen Hunding und Siegmund.
Iréne Theorin sang alle drei Brünnhilden. Manchmal ist sie in der Höhe etwas unkontrolliert scharf, dafür hat sie eine so mächtige Röhre, die entfernt an Gabriele Schnaut erinnert. Weshalb sie eine platinblonde Frisur und eine derart starke Schminke tragen muss, die ihr Gesicht fast zur Grimasse verzerrt, ist nicht nachvollziehbar. Im Finale von der Götter- in die Menschenwelt verstoßen, wird die Schleife am Rücken ihres Gewandes zu einer Schleppt, in die sie für ihren mindestens 17-jährigen Dornröschenschlaf von Wotan eingehüllt wird. Dann erfolgt eine Apotheose, Brünnhilde steigt samt Feld nach oben und wird von einer Gloriole aus Infrarotlampen in ihr Koma samt Feuerzauber eingedöst.
Die acht Walküren müssen über Felsblöcke, die würfelförmig versetzt zu einer kleinen Anhöhe aufgehäuft wurden, kletternd im Lederoutfit auftreten. Die Peinlichkeit ihres Auftritts nötigte so manchem Zuschauer ein herzhaftes Auflachen ab. Die Kraxelei dieser Maiden mochte mit ein Grund dafür gewesen sein, dass sie in Artikulation und Phrasierung doch einige Wünsche offen hielten: Sonja Mühleck / Gerhilde, Carola Höhn / Ortlinde, Ivonne Fuchs / Waltraute, Anaik Morel / Schwertleite, Susan Foster / Helmwige, Leann Sandel-Pantaleo / Siegrune, Nicole Piccolomini / Grimgerde und Simone Schröder / Rossweiße.
Maestro Daniel Barenboim bot einen spannenden Wagner, auch wenn manche Tempi vielleicht zu gedehnt wirkten. Dabei nahm er auch Rücksicht auf die Sänger und ließ ihnen im Rahmen der Partitur auch gewisse Gestaltungsspielräume und zeigte auch mit dem Orchester der Mailänder Scala eine im Großen und Ganzen zufriedenstellende Leistung.
Leider fehlt dieser Inszenierung von Guy Cassiers eine stringente Personenführung, und die Sänger verharren oft in sinnlosem Rampenstehen. Videoeinspielungen flimmern ohne Unterlass und zeigen Naturstimmungen, einen Wolf, wenn es um Wotan geht, und ein Gewimmel von sich verschlingenden Körpern.
Der Vorhand schließt sich und für Barenboim gibt es sogleich zahlreiche Bravorufe. Von den Sängern erhalten Hunding, Sieglinde und Brünnhilde den stärksten, die übrigen Sänger eher zurückaltenden Applaus.
Harald Lacina