Michaela Lindinger
HEDY LAMARR
FILMGÖTTIN – ANTIFASCHISTIN – ERFINDERIN
256 Seiten, Molden Verlag, 2019
Zu ihren Lebzeiten kannte man Hedy Lamarr (1914-2000) als außergewöhnlich schöne Frau auf der Leinwand, deren darstellerisches Talent allerdings nicht mit ihrem Aussehen Schritt hielt. Wäre sie nur eine Schauspielerin in Hollywoods B-Movies gewesen, die Nachwelt würde sich kaum an die gebürtige Wienerin erinnern.
Dass sie eine technische Begabung hatte, die mit ihrer Erfindung zur Funkübertragung beitrug – dafür preist man Hedy Lamarr heute, als wäre sie eine große Wissenschaftlerin gewesen. Zudem gilt sie als antifaschistisches Aushängeschild und Skandal-Ikone des frühen österreichischen Films, die vor allem in Danielle Spera eine große posthume Förderin gefunden hat, die ihr im Jüdischen Museum eine große Ausstellung ausrichtete (wo sie noch als „Lady Bluetooth“, die große Erfinderin, gefeiert wurde). Auch wurde die Literatur über sie immer zahlreicher. Peter Turrini schrieb ein Theaterstück über sie, das sie als Wrack zeigte und in der Josefstadt mit Sandra Cervik nicht unbedingt der große Erfolg war.
Die Biographie von Michaela Lindinger passt im Molden Verlag eine Biographien-Reihe spektakulärer österreichischer Frauen – nicht die Braven wie Maria Theresia oder Bertha von Suttner, sondern die Funkelnden wie Hedy Lamarr, der schon in gleicher Ausstattung ein Buch über die exzentrische Tochter von Kronprinz Rudolf gefolgt isst. Spektakulär aufgemacht, mit zahlreichen und meist ganzseitigen Bildern (auch die splitternackte Hedwig Kiesler in dem Film „Ekstase“ – wo sie ja, wenn man den Film ansieht, so beiläufig nackt dahinhuscht, dass man Mühe hat, es wahrzunehmen), dazu die Schicksale breit aufgestellt, ausführlich erzählt. Und mit möglichst neuen Aspekten – etwa dass es mit der „Erfinderin“ Hedy Lamarr nicht so weit her war, das hat man ohnedies immer vermutet.
Dass hier ein wahrhaft „farbiges“ Schicksal zu erzählen ist, zeigt schon der Vorspann, der alle Namen dieser geborenen Hedwig Kiesler aufzeichnet – sie hieß, nach ihren Ehemännern, Mandl, Markey, Loder, Stauffer, Lee und Bones, aber darunter war sie von dem Augenblick an, als sie Hollywood ankam, „Hedy Lamarr“. Gut 30 Filme in Europa und den USA, von 1930 bis Ende der fünfziger Jahre. Viel geschehen in diesem Leben, aber so wirklich glücklich war sie wohl selten – schließlich gab sie auf die Fragebogen-Frage, wann sie in ihrem Leben am glücklichsten gewesen sei, die Antwort: „Zwischen den Ehen.“
Man braucht bei Hedwig Kiesler die Exzentrik nicht auszusparen, schließlich hasste das jüdische Mädel aus Döbling schon früh Konventionen (sonst wäre sie wohl kaum zum Film gegangen), auf ihre persönlichen sadomasochistischen Gelüste weist auch ein Foto mit Peitsche hin, dass sie und ihr jüdischer Gatte Fritz Mandl sich in Faschistenkreisen bewegten, zählt zu den wahren Kuriositäten nicht nur dieses Lebens, sondern dieser Zeit. Als Schauspielerin musste sie immer nur ihr Aussehen ausstellen, das weiß jeder, der ihre alten Filme ansieht – große Augen, Schmollmund, Hüftwackeln brachte sie von Wien nach Hollywood mit, es reichte.
Dass Hedy Lamarr sich selbst als Figur stilisierte, ist klar – nicht zuletzt als männermordende Sexbombe. Es ist immer wieder festgestellt worden, dass sich dieses Leben wie ein Drehbuch liest, an dem sie zweifellos mitgeschrieben hat. Auch die Heimkehr in ein Ehrengrab im Wiener Zentralfriedhof gehört dazu, schlägt den richtigen Rahmen um die wilde Geschichte.
Renate Wagner