Michaela Baumgartner:
DEBÜTANTENBALL
Historischer Roman aus dem alten Wien
344 Seiten, Gmeiner-Verlag; 2021
Michaela Baumgartner:
SEIDENWALZER
Historischer Roman aus dem alten Wien
316 Seiten, Gmeiner-Verlag; 2022
Die englischen „Regency Romane“ (eine der Hauptvertreterinnen: Georgette Heyer) werden in ihrer Heimat viel, bei uns weniger gelesen. Sie genießen allerdings keinen schlechten Ruf, denn im allgemeinen verbinden die Autorinnen und Autoren ihre turbulenten Liebesgeschichten jedenfalls mit historischer Treue und solidem Schreibhandwerk. In England umfasst die so genannte „Regency“-Epoche die Zeit von etwa 1810 bis 1820, damals, als der Prince of Wales, der spätere George IV., für seinen bekannt verrückten Vater George III. regierte.
Wenn sich die österreichische Autorin Michaela Baumgartner nun vorgenommen hat, dieses Genre für Österreich umzusetzen, hat sie jedenfalls die richtige Zeit gewählt – 1814, 1815, rund um den Wiener Kongress, der ja (durch Napoleons „Hundert Tage“) nicht nur von Bällen, sondern auch von erneutem Krieg gekennzeichnet war. Aber es ist jedenfalls eine Geschichte, die nun schon zwei Romane lang in der adeligen High Society von Wien spielt und die genügend farbige Persönlichkeiten und genügend Verwirrungen und Intrigen beschwört, um Leserinnen dieses Genres zu befriedigen. Zumal die Bücher wirklich sehr gut geschrieben sind, was man nicht jedem Werk nachsagen kann.
Da lernt man in dem ersten Band „Debütantenball“ also die (fiktive) Familie des Grafen Friedrich von Wohlleben kennen, wobei der Papa mit Politik beschäftigt ist und Mutter Mathilde jeden Grund hat, sich um die Töchter zu sorgen. Dass Sohn Georg das übliche Junggesellenleben führt und in die Bredouille geraten muss, versteht sich…
Also, da ist Sophie, die vernünftige Tochter, ihr Verlobter ist bei der Völkerschlacht von Leipzig vermisst (darf man es verraten: Er taucht wieder auf), aber glücklicherweise verliebt sie sich in einen Engländer und bekommt ihn auch. Die weniger vernünftige Fanny, die sich benimmt, wie ungezogene Jugendliche es eben tun, kommt auch unter die Haube, nicht zuletzt, weil die Entjungferung zur Schwangerschaft führte.
Damit ist der erste Roman voll beschäftigt, und weil in Büchern dieser Art auch historische Persönlichkeiten mitspielen dürfen, wird im ersten Band die Fürstin Bagration als Intrigantin eingeführt (jene Dame, die man als eine der vielen Geliebten Metternichs und als Heldin des bemerkenswerten Romans „Der nackte Engel“ von Stella Hershan kennt).
Die Autorin hat ihr Epos mindestens auf eine Trilogie angelegt, der zweite Roman, der „Seidenwalzer“, erschien pünktlich ein Jahr nach dem ersten, bringt die wirklich komplizierte Ehe von Sophie mit dem englischen Lord nach Komplikationen (böse Schwiegermutter u.a.) auf eine glückliche Schiene, während die verwitwete Fanny sich erfolgreich nach einem neuen Partner umschaut (was hier angelegt ist, wird wohl im dritten Roman ausführlich behandelt). Die Autorin hat hier eine Menge neuer Personen eingebracht, so dass ihr für weitere Bücher die Beziehungsgeschichten nicht ausgehen werden.
Und man wird vermutlich nach dem nächsten Band greifen, schon weil das Lesen selbst bei diesen Büchern ein so leichtes und angenehmes Vergnügen ist. Das sagt man übrigens auch den originalen „Regency“-Romanen nach…
Renate Wagner