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Michael Schottenberg: UNTERWEGS IN INDIEN

28.07.2020 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

Michael Schottenberg
VON MENSCHEN, MÄRCHEN & MOGULEN
UNTERWEGS IN INDIEN
240 Seiten, Amalthea Verlag, 2020

 

 

 

Michael Schottenberg hat nach dem Ende seiner Zeit als Direktor des Volkstheaters in Wien seine Theaterkarriere (zusätzlich war er auch Regisseur und Schauspieler) endgültig hinter sich gelassen, wie er sagt. Mittlerweile ist er passionierter Reisender geworden, ein neues Leben nach 45 Jahren, die er ausschließlich dem Theater (im weitesten Sinn) gewidmet hat. Und nun gibt es schon das vierte Buch, in dem er sein Publikum daran teilnehmen lässt, was er so gesehen und erlebt hat. Er war in Vietnam, in Burma und ist auf dem Frachter Karina durch die Nord- und Ostsee geschippert.

Und 2018 ist er nach Indien aufgebrochen – von Amsterdam nach Mumbai (das man früher Bombay nannte), dann nördlich nach Rajasthan, weiter nach Osten und schließlich zurück. Schottenberg führte über einen Monat lang Tagebuch, und nun ist das, was er „unterwegs in Indien“ erlebte, unter dem Titel „Von Menschen, Märchen & Moguln“ nachzulesen. Mittlerweile kennt man ihn auch als Reiseschriftsteller – einer, der allein unterwegs ist, sich Zeit nimmt zu schauen und Menschen zu begegnen, der das, was er erlebt, mit historischem Wissen verknüpft. Er ist ein wacher Wanderer durch (für ihn) neue Welten. „Schotti, Vienna“ stellt er sich vor, wenn er wieder mit einem Einheimischen in Kontakt tritt. Nötiger Zusatz: „Austria, no kangaroos“.

Natürlich besucht er die kulturellen Höhepunkte des Landes wie jeder andere Tourist auch, er reflektiert durchaus kritisch über die Geschichte (etwa über die ambivalente Persönlichkeit von Mutter Teresa), und er lässt den Leser auch Schockhaftes miterleben – einen Durga-Tempel, der von Ratten bewohnt wird und dessen Schmutz und Geruch schier unerträglich ist, oder auch die Schaurigkeit der Massenverbrennungen in Varanasi. Im übrigen lernt er auf die harte Tour, wie man sich als „armer“ Tourist mit dem Rucksack, unter Verzicht auf jeglichen Luxus, durchschlägt: Wenn die überall korrupten Beamten etwa vorgeben, keine Bahnkarte für ihn zu haben, dann hilft das kleine Wörtchen „Hundred?! Hoffentlich kann man auch immer genug Bares aus den Bankomaten ziehen…

Das Buch enthält aber nicht nur Reisebeschreibungen, es ist auch sehr persönlich sehr eng an Schottenberg dran. Wenn er von zuhause die traurige Mitteilung erhält, Heinz Petters sei gestorben, widmet er dem einstigen Schauspieler-Gefährten ergreifende Worte. Er berichtet uns von seiner „Verfallenheit“ an indisches Essen („göttliches Tandoori-Hendl!“), bucht zwischendurch auf der Reise einen Kochkurs und gibt dem Leser am Ende auch ein paar Rezepte mit. Und schließlich lässt er uns an seiner Erfahrung teilnehmen, was Glück sei: Das unmittelbare Erleben des Augenblicks… Das hat Indien so an sich: Es überwältigt nicht nur durch seine Extreme, es macht philosophisch.

Renate Wagner

 

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