Michael Horowitz
KUNST AUS ÖSTERREICH
50 Menschen, die das 20. Jahrhundert prägten
224 Seiten, Verlag Molden bei Styria, 2021
Ein Buch wie dieses hat gefehlt, denn dass es die „Moderne Kunst“, dass es Künstler der Gegenwart im Bewusstsein der Menschen nicht leicht haben, ist bekannt – so sehr sich Museumsdirektoren auch bemühen, das zu ändern (etwa Klaus Albrecht Schröder mit seiner „Albertina Modern“).
Wenn es nun um in diesem Zusammenhang um 50 Menschen geht, die das 20. Jahrhundert prägten, ist es auch gut, einen Autor wie Michael Horowitz zu haben, der Biographien nicht knochentrocken, sondern lebendig und leserfreundlich, sprich: journalistisch aufarbeitet.
Das Vorwort zitiert so viele Definitionen von Kunst, dass man weiß: Es gibt keine, zumindest keine, die für alle gültig wäre. Dieses aleatorische Element ist wichtig für den eigenen Zugang, der Offenheit benötigt. Der persönliche Einstieg von Horowitz in die Welt der Kunst begann früh, als Kiki Kogelnik ihn nach New York holte, sie brauchte Fotos ihrer Werke. Und als Fotograf war Michael Horowitz immer wieder mit allen Formen der Kunst konfrontiert.
Bücher wie diese, die 50 Porträts nach dem Alphabet auflisten (eine unwiderlegbare Reihung, denn sie wertet nicht, gliedert nicht, läuft einfach nach dem Zufallsprinzip der Buchstaben), werden wohl wenige Leser gewissenhaft von A bis Z durcharbeiten. Vielmehr schafft man sich Gruppen. Wenn der Autor vom 20. Jahrhundert spricht, sind ja auch noch jene dabei, die es knapp in dieses geschafft haben, Klimt und Schiele, Otto Wagner und Kolo Moser etwa, die alle im fatalen Jahr 1918 starben, und Richard Gerstl, der noch früher (1908) aus der Welt ging – man hätte sie auch nach Geburts- oder Todesdaten ordnen können (wobei ja doch noch einige von den porträtierten Künstlern leben).
Jeder bekommt eine Titelseite mit herausfordernder Überschrift (BLUT & SPIELE / EKEL & EKSTASE / RITUALE & TABUS für Hermann Nitsch), eine Einleitung, die neugierig macht („Der Mensch ist wie ein Gulasch, meint Maria Lassnig“), eine ganze Seite für ein zentrales Werk und die Eckdaten des Lebens, und dann zwei Seiten Text. Da stehen die flott erzählten Geschichten. Und es sind Schicksale und Zugänge zur „Kunst“, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.
Man ordnet sich also das Gebotene. Da sind die Klassiker, die österreichische Kunst weltweit berühmt gemacht haben – Klimt, Schiele, Kokoschka, dazu Gerstl, Wagner, Moser, Loos, Hoffmann, Moll… die Pracht der vorigen Jahrhundertwende und darüber hinaus.
Da sind die „Klassiker“ der darauf folgenden Moderne Boeckl, Brauer, Flora, Frohner, Fuchs, Gironcoli, Hrdlicka, Hundertwasser, Kubin, Walde, Weiler, West, Wotruba… und jene, die auch in höherem Alter noch immer arbeiten wie Attersee, Helnwein, Nitsch. Wurm oder Rainer und immer noch für Provokation sorgen können.
Da sind die Architekten, von Holzmeister über Hollein und Holzbauer und Peichl zu Haus-Rucker-Co, die es nicht mehr gibt, und Coop Himmelb(l)au, die international immer noch mitmischen.
Und dann muss man – ohne für das Gebotene undankbar zu sein – doch noch erwähnen, dass immer wieder Namen fehlen. Bei den Damen sind Wieselthier und Kogelnik dabei, Export, Jungwirth und Lassnig, aber es fehlen ja doch Koller-Pinell, Motesiczky oder Pakosta. Bei den Fotografen gibt es nur Lessing, aber Haas und Hubmann hätten ähnlichen Stellenwert. Von den Aktionisten findet man Weibl und Brus, nicht aber Muehl oder Schwarzkogler. Bei den Phanastischen Realisten sind Hausner und Hutter und Lehmden nicht dabei, bei den früheren Namen würde man Hanak, Güterslooh oder Faistauer nennen. Und wahrscheinlich würde einem nach und nach noch einige einfallen, die hier dazu passten.
Aber das beweist ja nur, dass es mit 50 Namen nicht getan ist. Vielleicht findet sich Material für einen weiteren Band. Diesen kann man sich gleicherweise zum Lesen und zum Nachschlagen ins Regal stellen.
Renate Wagner