Svenja Trübenbach
MEETING MAXIMILIAN
Der Besuch des Habsburgerherrschers im Spiegel profaner Wandmalerei
Studien zu Macht und Herrschaft – Band 016
493 Seiten mit 200 Abbildungen,
V&R unipress, 2023
Maximilian I. (1459-1519)), die prägende Herrscherfigur an der Wende vom 15. und 16. Jahrhundert oder, wie die Geschichtsschreibung übereinkam, zwischen ausklingendem Mittelalter und Neuzeit, regierte nicht sesshaft von einer Residenz aus, er war ein „vazierender“ Kaiser, faktisch ständig unterwegs. „Seine eigentliche Residenz war der Sattel“, hieß es von ihm.
Das bedeutet, dass er immer irgendwo Quartier nehmen musste – und wenn er es auf Schlössern, bei bekannten Adelshäusern tat, war dieser Besuch eine hohe Ehre für die Besitzer. Das Bewusstsein, dergleichen festzuhalten, ist in allen Zeiten vorhanden. Heute ist der Prozeß der Publikmachung durch Fotos in den Medien einfach, aber auch damals hatte man die Möglichkeit, das Ereignis bildlich zu fixieren – durch Wandmalereien in und an den Orten, wo Maximilian, seit 1486 römisch-deutscher König. seit 1508 bis zu seinem Tod römisch-deutscher Kaiser, also die ranghöchste Persönlichkeit seiner Zeit, geweilt hatte. (Das erinnert an England, wo sich noch heute jedes Haus, in das die große Elizabeth I. je ihren Fuß hinein gesetzt hat, dieser Tatsache brüstet.)
Seine frühen Jahre hatte Maximilian als Gatte von Maria von Burgund (und an ihrer Seite zum Herzog ernannt) in Burgund verbracht, nach Marias Tod (1457) und der Königswürde begann sein unstetes Reiseleben. Natürlich für Kriege, die er ausfocht (da lebte er in einem mitgeführten Zelt), aber vor allem für die dynastischen Verpflichtungen, die ihn zu Hof- und Reichstagen führten. Im übrigen frönte er seiner bekannten Leidenschaft für die Jagd, die ihn oft nach Tirol zog. In Innsbruck hatte er, wie in Wien oder in Nürnberg, eine eigene Burg, sonst war er auf Gastfreundschaft angewiesen, wobei es das nächstliegende war, bei den jeweiligen Bischöfen vor Ort unterzukommen. Auch reiche Bürger fühlten sich durch den königlichen, später kaiserlichen Besuch geehrt. Aber besonders für Adelige war es für das eigene Prestige wichtig, Maximilian bei sich zu beherbergen – und dies durch danach in Auftrag gegebenen Bilderschmuck erst die Mitwelt, dann die Nachwelt wissen zu lassen.
Die Kunsthistorikerin Svenja Trübenbach, deren Spezialgebiet die Kunst des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, insbesondere der profanen Wandmalerei ist, hat diese umfangreiche Arbeit als Dissertation an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn vorgelegt. Angesichts des beeindruckenden Umfangs der nun vorliegenden Buchfassung könnte man erwarten, dass sie sämtliche Reisestationen des Kaisers berücksichtigt. Tatsächlich aber konzentriert sie sich in ihrer spartenübergreifenden Betrachtung – historisch, kunsthistorisch, soziologisch – auf Trient als dem südlichsten Punkt seines Einflussbereichs, auf Tirol, sein Lieblingsland unter den Habsburgischen Erblanden (hier geht es um die Schlösser Tratzberg und Prösels), und schließlich auf zwei Städte des Heiligen Römischen Reichs, Augsburg und Nürnberg.
Dabei heftet sie sich nicht ausschließlich an Maximilians Fersen, sondern nimmt auch die Gastgeber ins Visier – denn diese haben in dem Prestigekampf stets ihre eigene Rolle als von des Kaisers Besuch hoch geehrte Hausherren verteidigt. Besonders schön kann das am Beispiel von Giovanni Antonio Ponas gezeigt werden, reicher Hofpfalzgraf in Trient, Besitzer eines überaus prächtig ausgestatteten Palazzo, für den der kaiserliche Besuch eine Bestätigung seiner Hausehre war, was er entsprechend darstellen ließ.
Das Buch ist durchwegs schwarzweiß bebildert, zeigt Häuser, Räume, szenische Darstellungen (wo auch die Hausherren vorkommen), Details (auch Monogramme oder Symbole oder gemalte Inneneinrichtungen), hat aber vor allem einen umfangreichen farbigen Anhang, wo man sich die Ikonographien auch vorstellen kann – mancher Tirol-Reisende mag Maximilian schon im prachtvollen Habsburger-Saal in Schloß Tratzberg begegnet sein.
Renate Wagner