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MARTINA FRANCA/Apulien/Festival Valle d’Itria: GIOVANNA D’ARCO und SERATA WAGNER

29.07.2013 | KRITIKEN, Oper

Martina Franca/Apulien, Festival Valle d’Itria: Giovanna d’Arco/Verdi  28.7.2013

 Unter den diversen Opern, die dies Jahr beim Festival in Martina Franca gegeben wurden, ragt vielleicht Verdis ‚Giovanna‘ etwas hervor. Seine sublime Vertonung des Schiller-Drama in der Fassung von Temistocle Solera koennte man vielleicht als das Verdi’sche Gegenstueck zu Wagners Fliegendem Hollaender bezeichnen, wenn es auch laengst nicht so bekannt geworden ist, und eigentlich wie die meisten fruehen Verdi-Opern nach Nabucco in Vergessenheit geriet. Aehnlich sind die vielen kommentierenden Choere der franzoesischen Landbewohner und der englischen Soldaten, sowie der aetherische Schluss.

Verdi/Solera stuetzen sich nicht auf die historische Handlung, in der Johanna auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird, sondern entwickeln Schillers Idee des idealen Schlachtentods theatralisch weiter. Das Libretto bearbeitet zudem einen harten Vater-Tochter-Konflikt (einmal ‚andersherum‘ bei Verdi). Zentral erscheint ebenfalls die Projizierung des Konflikts in Johanna mittels guter und boeser Geister, wobei die guten fuer die Reinheit und sexuelle Unberuehrtheit, auch fuer den Kampf fuer Frankreich, stehen, die boesen fuer die Hingabe an Karl VII., den zukuenftigen Koenig von Frankreich. In der Musik kommt das durch einen erstaunlichen Kontrast dramatischer Passagen und aetherisch-fragiler Stellen, oft in laengeren Partien nur mit Holzblaesern, zum Ausdruck, alles sehr sauber und schwungvoll gespielt vom Orchestra Internazionale d’Italia, das in grosser Besetzung unter der kraftvollen Leitung
von Riccardo Frizza brilliert. Die Regie zeigt sich dagegen eher verhalten. Der Chor der Landleute ist mit weissen und blauen Uebertuniken drapiert und mit langen dreiendigen Schaeferstoecken bewehrt. Es ist diesmal der Chor des Teatro Petruzzelli di Bari, der unter Franco Sebastiani maechtige Klangwirkung aufbauen kann. Die steinerne Behausung Johannas, die spaeter kurzfristig zu ihrem Gefaengnis mutiert, indem ihr auch das sonst praesente Schwert abgenommen und ihr eine rote Binde um die Augen gelegt wird, ist einziges Buehnenelement (Regie und szenisches Projekt: Fabio Ceresa). Auf dem durch Stufen begehbaren Sockel steht auch meist ihr Vater als baritonaler Gegenspieler in Moenchskutte, der Johannas Verhalten vom Teufel beeinflusst sieht, und der sie deshalb an die Englaender ausliefern will. Hier naehert sich ihr auch Carlo VII., und es glingt ihm, ihre Liebe zu gewinnen. Nicht so wirkungsvoll erscheint das Auftreten von schwarzgekleideten Geistern, die Johanna umwirken, ihr das Schwert abnehmen und zu der Verurteilung durch den Moenchschor ihr Unwesen treiben. Spaeter bereut Vater Giacomo sein Verhalten und was er ihr angetan hat. Ohne weitere mystischen Verzueckungen verendet aber Johanna in den Armen de Koenigs, dem sie den Sieg versprochen hat. Die teils
praechtigen Kostueme stammen von Massimo Carlotto.- In den Nebenrollen treten der Tenor Roberto Cervellera als Delil und Emanuele Cordaro als Talbot auf. Den Giacomo gibt mit schoenem hochgestimmtem Bariton schlackenlos Julian Kim. Jean-Francois Borras ist mit sehr ansprechendem Tenortimbre Carlo VII. Die Titelfigur wrd von Jessica Pratt mit einem ganz schlanken anmutigen Soprano leggiero gesungen, der auch in den schoenen Gesngslinien und Fiorituren aufbluehen kann.

 Serata Wagner 27.7.2013

In einem Wagnerabend mit dem Orchestra internazionale d’Italia unter Fabio Luisi erklangen am 27.Juli im grossen Cortile des Palazzo Ducale die Ouvertueren zu Rienzi, Der Fliegenden Hollaender, Lohengrin und Die Meistersinger, sowie der 1.Akt Die Walkuere. Unter der Leitung ohne Show und Glamour durch Fabio Luisi erscheinen die Ouverturen spannend aufbereitet und finden beim italienischen Publikum grossen Anklang. Im Rienzi wie im Hollaender werden die widerstreitenden Themen wirkungsvoll placiert, der Lohengrin ist ein einziger hoher aetherischer Haltepunkt mit schlagkraeftiegem Becken am Hoehepunkt, und auch die Meistersinger werden in einem hinreissenden Duktus gespielt. Im 1.Akt Walkuere, gespielt vom aeussert aufmerksamen Orchester, das sich auch in den endlos lansamen, kammermusikalischen  Phrasen zu Beginn nicht auseinanderdriften laesst, kommt als Hunding Gianluca Buratto mit tollem Bass zum Einsatz. Ian Storey ist mit gut eingestelltem lyrisch samtenem Tenor und erstaunlichen Waelse-Rufen der Siegmund, und Ausryne Stundyte gibt die Sieglinde mit elegant gefuehrtem und hell timbrierten Sopran.

In einem weiteren Konzert zu Wagner 200 wurden am 27.7. drei Duette aus Das Liebesverbot mit Amy Corkery, Anta Jankovska, Soprani; Margherita Rotondi, Mezzosopran; Francesco Castoro,Tenor und Joonas Asikainen, Bariton; am Klavier begleitet von Ettore Papadia, sehr spirituos widergegeben.                                                                  

 Friedeon Rosèn

 

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