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MARTINA FRANCA: ZAIRA von Vincenzo Bellini

30.07.2012 | KRITIKEN, Oper

MARTINA FRANCA (Festival/Palazzo Ducale): ZAIRA von Vincenzo Bellini am 29.7.2012


Foto: Festival Martina Franca

Nach den enttäuschenden ersten zwei Premieren des Festivals della Valle d’Itria (Artaserse und Nur,siehe 27.und 28.7) war man geneigt,grosse Hoffnungen in die dritte zu setzen: ZAIRA von Vincenzo Bellini bekommt man ja schliesslich nicht alle Tage zu Gehör.

Bei der Uraufführung in Parma war die Oper kein rauschender Erfolg, und somit hat sie der Komponist danach ausführlich selbst geplündert und recyclet.Das Werk selbst verschwand zwar von den Spielplänen (letzte Aufführung in Catania 1990 mit Katia Ricciarelli), große Teile davon leben allerdings als „Organspenden“ in „I Capuleti e i Montecchi“, aber auch in „Norma“ und „Beatrice di Tenda“ fort.

Insofern blickte man dieser Begegnung mit Neugier und Interesse entgegen. Nun ist „Zaira“ zwar kein wirklich grosser Wurf, aber sie ist eben von Bellini – und so ist man immer wieder von den überirdisch leicht klingenden Melodienbögen des Meisters hingerissen.

Giacomo Sagripanti setzte diese sehr schwierige Partitur mit großem Einsatz um, und auch das Sängerensemble( Saioa Hernadez als Zaira, Simone Alberghini als Orosmane, Enea Scala als Corasmino aber vor allem auch Anna Malavasi in der Hosenrolle des Nerestano) hätte an und für sich ungetrübtes Belcanto-Glück verbreiten können…Wenn….ja wenn man nur vor lauter Ärger über das Zu -Sehende zum Zuhören gekommen wäre. So aber überlagerte die hochgekommene Galle alle ausgeschütten Endorphine.

Eine jüngere italienische Regisseuse, deren Namen hier bewusst dem Vergessen anheimgegeben werden soll, hatte sich eingebildet, die „eigentliche „Handlung (Eine Christin gelangt in den Harem des Sultans von Jerusalem. Dieser verliebt sich in sie. Sie will ihrem Glauben treu bleiben. Es gibt naturgemäß Intrigen des Hofstaats. Der Sultan tötet daraufhin eigenhändig die geliebte Zaira und – als die Intrigen aufgedeckt werden –  auch sich selbst) mit einer „gegenwärtigen“ Paralellhandlung zu „ergänzen“. Und so sieht man „zu ebener Erd'“, wie eine junge Fotoreporterin von nahöstlichen Terroristen als Geisel genommen und – wie viele in Käfigen gehaltenen ihresgleichen – gequält, gefoltert und sexuell missbraucht wird (dies alles von Komparsen dargestellt)…während „im ersten Stock“ (auf einer unfassbar schäbigen Sperrholzplattenplattform) die Damen und Herren Sänger in Tausendundeinernachtgewandung auf allerherkömmlichste Weise ihrem Beruf nachgehen.


Foto: Festival Martina Franca

Es würde zu weit führen, überhaupt anfangen zu wollen zu erkären,wie falsch und dumm dieses „Regiekonzept“ ist.Terroristen sind keine Sultane, Fotoreporter sind keine Kreuzfahrer und – Naher Osten hin oder her: Bellini hat eine tragische Liebesgeschichte vertont und nicht den Soundtrack für eine Kriegsberichterstattungsdoku gechrieben etc.etc..- aber wenn man schon so einen spekulativen Unsinn verwirklichen will, dann möge man gefälligst den Mumm haben, die Sänger/innen selbst dazu zu bringen, in diesem Kontext zu agieren, anstatt arme Komparsen zu zwingen, sich einen unbeschreiblichen Stumme-Jule-Wolf von der Seele zu spielen und lächerlichsten Sadomasochismus nach Hausfrauenart zum Besten zu geben.

Insofern sei nur festgehalten, dass es sich dabei wahrscheinlich um das hässlichste und unmusikalischste bzw. anti-musikalischste Opernspektakel handelte, die je jenseits der Alpen und des Apennins zu sehen war.

Ein für Martina Franca-Verhältnisse völlig ungewohnter Buh-Orkan war die berechtigte Folge.

Armer Schwan von Catania! Ein Desaster.

Robert Quitta, Martina Franca

 

 

 

 

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