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Mario Pasquariello : Unser Maestro suggeritore

07.12.2013 | Dirigenten, INTERVIEWS

Mario Pasquariello : Unser Maestro suggeritore  
Ein Gespräch anläßlich des Artikels „50 Jahre Bohéme Skandal“, in dessen Mittelpunkt ein Maestro Suggeritore stand, auf den sich Karajan damals kaprizierte und der Gewerkschaft unterlag..      

Mario Pasquariello in seinem winzigen "Kasten"
Mario Pasquariello in seinem winzigen „Kasten“

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Obwohl der Arbeitsplatz der wohl kleinste im ganzen Haus ist – ich schätze die Grundfläche seines Bewegungsspielraums auf nicht einmal zwei Quadratmeter ein – geht von diesem Kammerl, hausintern ganz despektierlich “Kasten” genannt, eine der wichtigsten Tätigkeiten in einem Opernhaus aus, jene des Souffleurs, seit 1963 in unser aller Wissensstand als Maestro suggeritore bekannt geworden und seit Jahren schon mit der italienischen Berufsbezeichnung im Programm genannt und namentlich angeführt.  

In der Wiener Staatsoper arbeiten insgesamt vier solcher Souffleure, die ja seit jeher mehr sind als bloße “Einsager” für Textschwache. Sie sind ausgebildete Dirigenten mit abgeschlossenem Musikstudium und ausgebildet auf einem Instrument. Derzeit sind zwei Italiener, ein Österreicher und einer aus der Bundesrepublik an der Staatsoper beschäftigt, der Chef der Truppe ist Mario Pasquariello, 55, ein eher kleiner, schlanker Italiener, kein Nachteil bei den schmalen Verhältnissen unter der Bühne. Geboren in Livorno begann er sein Studium am Cello in Florenz, studierte auch privat Komposition ehe er dem vorauseilenden Ruf der Musikstadt an der Donau folgte und in Wien das Dirigieren studierte. Sein Lehrer war Karl Österreicher, ein Schüler und Assistent von Hans Swarowsky und damit mit der großen Tradition des Dirigierwesens dieses Lehrmeisters vieler Generationen vertraut.

Istvan Cserjan, der Chef der damaligen Souffleurgruppe wurde auf den frisch Ausgebildeten aufmerksam und lud ihn zu einem Hospitantenjahr ins Haus am Ring ein und hatte in ihm letztlich seinen Nachfolger gefunden.

Im Februar 1996 durfte Mario Pasquariello seine erste Vorstellung betreuen, natürlich unter den Augen seines Ausbildners, es war eine “Tosca”. Von den Sängern ist ihm nur einer in der Aufregung im Gedächtnis geblieben: “Alfred Sramek, der gleich in der ersten Pause von Cserjan gefragt wurde, ob der neue Suggeritore positiv zur Geltung gekommen wäre. Sramek bejahte und Pasquariello folgte Cserjan nach.”

Ein Maestro suggeritore ist bei allen Proben dabei und lernt so auch die Schwachstellen bei Sängern besser kennen, bekommt die Einsätze – wenn überhaupt – über einen Monitor (früher über einen Spiegel) von dem hinter ihm befindlichen Dirigenten. Damit erfolgt die Weitergabe der Einsätze an die Sängerinnen und Sänger oder den Chor, wobei in der Regel alle Einsätze gegeben werden, auch jene, die vom Maestro aus welchen Gründen immer, nicht gegeben wurden. Ein Klavierauszug dient als Unterstützung.

„Der menschliche Aspekt ist mir an diesem Beruf wichtig, die Suche und der Aufbau einer Beziehung, man muß die Künstler lieben können und eine entsprechende Chemie entstehen lassen.“

Dass das oft schwer ist, bewies eine Vorstellung der “Meistersinger” in Florenz mit einem (soweit darf man es verraten) wirklich ganz prominenten Dirigenten, der partout nicht wollte, dass der Suggeritore Einsätze gibt, er sollte nur den Text einsagen. Erst als ein Bassist seine Einwände vorbrachte und der Dirigent flehend darauf hinwies, den Einsatz gäbe doch er selbst, meinte der Sänger nur: “Ach so?”

Innerhalb der Gruppe gibt es keine sprachbezogene Einteilung zu den einzelnen Serien, jeder ist, mit wenigen Ausnahmen, in der Lage in allen vorkommenden Sprachen zu soufflieren.

 “Ich persönlich habe eigentlich keinen Lieblingskomponisten. Natürlich hat jeder Komponist seine Besonderheiten, und das macht die Sache noch spannender.
Es kommt manchmal vor dass die Regie für uns nachteilhafte Zustände vorsieht, also schlechte Plazierung für die Blickkontakte. Wir versuchen mit dem Regisseur solche Fälle abzusprechen und für alle Beteiligten akzeptable Kompromisse zu finden. Ohne direkte Sicht geht nichts!
Manchmal sieht das Bühnenbild vom Zuschauerraum so aus, als ob der “Kasten” nicht vorhanden wäre, weil er so gar nicht sichtbar ist, weil so zugebaut, aber er ist immer vorhanden.
Es gäbe tatsächlich die Möglichkeit per Funk und durch Ohrhörer zu soufflieren. Ich habe auch einen solchen Fall gehabt, bei der Première von Boris Godunov. Das funktioniert aber, logischerweise, nur dann, wenn einzelne SängerInnen betroffen sind. In Ensemble-Stücken würden alle den Text der Kollegen direkt ins Ohr bekommen und das würde  eine gewisse Verwirrung bereiten.  Es gibt sicher, zumindest theoretisch, die Möglichkeit die Verteilung der Einsätze zentral elektronisch  zu steuern, sodass jeder nur den eigenen Text bekommt, wir sind aber noch nicht soweit.”

 Auch das kommt vor, dass eine Sängerin oder ein Sänger ganz ohne Proben einspringen muss. “In diesem Fall verständigen  wir uns mit dem Betroffenen gleich vor Beginn der Vorstellung und besprechen gemeinsam die heiklen Stellen.”

Die Dirigenten lernt Mario Pasquariello alle gut aus seinem Kasten heraus kennen, Peter Schneider kommt sofort als Antwort, wenn man ihn nach einem ganz besonders effizienten Maestro fragt, dessen Dirigat voll Übersicht, Unaufgeregtheit und Sängerunterstützung ist. Er bewundert seinen Generalmusikdirektor Welser-Möst aber auch den so minimalistisch aber stilvoll dirigierenden Bruno Campanella.

Mario Pasquariello ist verheiratet mit Paola, einer Römerin, die er in Liberec bei Musikseminaren kennenlernte und hat zwei Kinder, den Audiotechnik studierenden Luca, 17, und Cecilia, 10, welche die Opernschule in Wien besucht.

Wir danken Herrn Pasquariello für das Gespräch und wünschen ihm und allen seinen “unsichtbaren” Kollegen weiter viel Freude bei ihrer Arbeit.

 

Peter Skorepa
MERKEROnline
Foto:Peter Skorepa

 

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