
Marie-Theres Arnbom
DIE VILLEN VON DORNBACH
WENN HÄUSER GESCHICHTEN ERZÄHLEN
256 Seiten, Amalthea Verlag, 2025
Von Schicksal zu Schicksal
Es ist längst das Erfolgsrezept von Autorin Marie-Theres Arnbom, Häuser Geschichten erzählen zu lassen. Sie war dafür schon zahlreiche Male unterwegs: Im Wiener Cottage und in Pötzleinsdorf, im nahe gelegenen Baden oder in der luxuriösen Provinz mit Bad Ischl, dem Attersee, im Ausseerland oder am Traunsee. Ihr neuestes Buch nimmt Dornbach ins Visier – ein Begriff, der viel schöner klingt als Hernals. Denn diesem Bezirk wurde Dornbach, einst (wie Neuwaldegg daneben) 1892 eingemeindet, als man Wien auch auf die umliegenden Dörfer ausdehnte.
Hernals, so wenig wie Ottakring oder Simmering ein Nobelbezirk von Wien, hat mit Dornbach aber seine elegante Ecke mit Sommerfrischen-Charakter, in der es geradezu grandiose Villenbauten gab und teilweise noch gibt – und vor allem Menschen, von denen Marie-Theres Arnbom stets erzählt.
Einige sind bekannt (etwa der Name Meinl, den in Wien jeder kennt), von den meisten hört man hier zum ersten Mal. Wie immer hat die Autorin versucht, so viel Genaues wie möglich zu erfahren – besonders im Fall der “verschwundenen” jüdischen Mitbürger.
Das Buch ist in Spaziergänger-Routen aufgebaut, für jene unternehmungslustigen Leser, die sich gerne auf die Spuren der Geschichte begeben. Sie werden – von außen – ungemein pompöse, teils wirklich prunkvolle Häuser in großen Gärten finden. Wer “nur” liest, bekommt zumindest in Form von Schwarzweißbildern einen Eindruck dessen, was war und teilweise noch ist. Bilder von einstigen Innenräumen reflektieren Reichtum.
In überaus gründlicher Recherche entwirft die Autorin ausführlich die Schicksale weit verzweigter Familien. Manche Protagonisten spielten eine Rolle in der Wiener Lokalgeschichte, als Industrielle, Unternehmer, Bankiers, Künstler. Gustav Winternitz war Mitbegründer der 1900 ins Leben gerufenen Kronen Zeitung, seine Nachkommen hatten künstlerische Ambitionen Der Lebensmittel-Familie Terramare, verdankte Inzersdorf seinen wirtschaftlichen Aufschwung. Und gar die Familie Meinl, deren Name heute noch “aktiv” ist. Und die Kuffner, die nicht nur die Ottakringer Brauerei begründeten, sondern auch die nach ihnen benannte Sternwarte. Hier spielt auch der einst so berühmte Schauspieler Alexander Moissi mit, von der Autorin als “Popstar seiner Zeit” bezeichnet, (seine Villa wurde von den Zeitschriften in großen Home Stories gezeigt). Die Demel – das sind jene vom Demel am Kohlmarkt. Christoph Drecoll galt als “Modekönig” von Wien.
Zu den vertriebenen Juden zählen die Winternitz, die Hirsch, die Popper-Artberg, die Stern-Kriser, die Pollak-Parnau, die Rapoport von Porada, die Laurie, die Bunzl.
Wobei einige von ihnen sich in der Emigration ein erfolgreiches Leben aufbauen konnten – und die Nachkommen haben Marie-Theres Arnbom viel erzählt…
Renate Wagner

