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Marie-Theres Arnbom: DIE VILLEN VON BAD ISCHL

04.06.2017 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

BuchCover_Ambom  Villen von Bad Ischl

Marie-Theres Arnbom:
DIE VILLEN VON BAD ISCHL
Wenn Häuser Geschichten erzählen
272 Seiten, 113 Abbildungen, Amalthea Verlag, 2017

Ein ungarischer Großgrundbesitzer mit exzentrischen Zügen und seine wohltätige Tochter, die den Herzog von San Marco heiratet…“ Kein Wunder, dass Operettenlibrettisten auch deshalb so gerne nach Bad Ischl kamen, folgert Autorin Marie-Theres Arnbom, weil hier die großartigen Plots und verrücktesten Geschichten auf der Straße lagen…

Und so widmet sie sich jenen Villen in Bad Ischl und ihren Besitzern, die ein unsagbares gesellschaftliches Biotop ergaben – natürlich, wie stets in Mitteleuropa, nur bis zur Zäsur 1938, als alles so brutal anders wurde. Bis dahin war Ischl, die Stadt, die die Kaiserfamilie regelmäßig besuchte, logischer Anziehungspunkt der Reichen und Schönen, die sich auch entsprechende Villen dort leisteten.

Wobei ein interessanter Gesichtspunkt des Buches von Marie-Theres Arnbom nicht zuletzt darin besteht, dass die zahlreichen Fotos, die sie auftrieb, auch die Bandbreite der Möglichkeiten aufzeigte – vom wahren Palast und kunstvoll gestalteten Historismus-Tempel bis zum schlichten, fast bäuerlichen Haus, das dann wohl auch seinen Komfort hatte…

Nach Ischl kamen die Künstler, selbst Johann Nestroy leistete sich dort eine Villa, allerdings zu spät in seinem Leben, um sie noch lange genießen zu können. Wie wichtig das Ischler Theater im Sommer war, wusste jeder, da wurde gespielt, was gut und teuer war, in oft tollen „Wiener“ Besetzungen. Klar, dass Josef Jarno und Gattin Hansi Niese, die oft hier auftraten, auch ein eigenes Domizil hatten, und selbstverständlich auch Alexander Girardi.

Nach Ischl kamen in hohem Maße die Operetten-Komponisten und –Librettisten, von Johann Strauß bis Lehar und Oscar Straus, von Alfred Grünwald bis Julius Brammer. Aber am interessantesten sind die Schicksale, die man nicht kennt. Wie ihr Gatte Georg Gaugusch, der unter dem Motto „Wer einmal war“ scheinbar nur jüdische Stammbäume und Familienzusammenhänge auflistet und damit eine Welt eröffnet, gelingt es Marie-Theres Arnbom, vor allem jüdische Leben von anno dazumal aus der Vergessenheit zu holen, teils ein Stück der glanzvollen Gesellschaft von einst, teils wirkliche menschliche Tragödien.

Darüber hinaus ist das Buch ein Stück Kulturgeschichte Österreichs vom Feinsten, das Lust macht, demnächst in Ischl auf den Spuren dieser Villen zu wandern. Damit es leicht geht, liefert das Buch dankenswerter Weise gleich eine Stadtkarte des Ortes mit, wo man auf Villen-Entdeckungstouren gehen kann.

Renate Wagner

 

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