Maria Publig
WALDVIERTELRACHE
316 Seiten, Gmeiner Verlag, 2022
Nachdem Autorin Maria Publig schon viermal im Waldviertel unterwegs war, (es gab rund um ihre Heldin, die dorthin „ausgewanderte“ Wiener PR-Lady Walli Winzer, schon Morde, Fluch und Blut und außerdem Killerkarpfen noch dazu), ist nun Band 5 da, und die „Waldviertelrache“ spielt wieder in dem fiktiven Ort Großlichten mit einem „Personal“, das man teilweise aus den anderen Büchern kennt.
Wie immer ist Maria Publig so sozialkritisch unterwegs, dass man meinen könnte, ihre Alltagsschilderungen seien ihr wichtiger als der Kriminalfall. Tatsächlich geht es darum, dass natürlich total skrupellose Baulöwen die herrliche Natur zubetonieren wollen und die zu errichtenden Wohnungen für Stadtmüde noch als Großleistung hinstellen. Man kann mit dem Waldviertel schließlich (selbst, wenn man den Wald eliminiert) als „Kanada Österreichs“ werben… und das eine knappe Autostunde von Wien. Die Öko-Aktivisten sind dagegen natürlich aktiv, und so ist die Stimmung von Anfang an kämpferisch.
Ein einheimischer Baumeister, ein weltberühmter Architekt, der für das Projekt herangezogen wurde, ein emsiger Bürgermeister (der „Peppi“, wie ihn alle nennen) – man sollte nicht glauben, dass im „kleinen“ dörflichen Rahmen weniger politisch intrigiert wird als anderswo. Und wenn es mit dem Bau plötzlich nicht weiter geht, weil mehr Baumaterial gestohlen wird, als allgemein üblich und akzeptiert – na, so erzählt uns zumindest Maria Publig, verdienen da nicht auch die Baumeister daran, wenn ihre Leute das Zeug beiseite schaffen und damit anderswo pfuschen? Und das Geld, das dabei fließt: Wie ist das mit den Cayman-Inseln?
Breiten Raum nimmt der Alltag der „braven“ Leute ein, die überforderten Frauen, auf denen neben der Familie noch ein Teil der Erwerbsarbeit liegt, der Abscheu vor einer überkapitalistischen Wegwerfgesellschaft (in Großlichten kauft man noch nebenan beim Bauern und nicht im ekligen Supermarkt, wo man nicht weiß, was man nehmen soll), die seltsame Tatsache, dass in Österreich immer mehr Waffen zugelassen werden. Walli Winzer – in diesem Sinn engagierte Zeitgenossin – empört da so manches an unserer Welt: „Dass man dann den Biogasen von Rindern die Klimakatastrophe zuschieben wollte“, findet sie, sei schon ein starkes Stück. „PR von Konzernen mittels Dirty-Campaigning gegen Tiere! Einfach schäbig.“
Eine Leiche gibt es schließlich auch, der berühmte Baumeister liegt erschlagen im leeren Swimmingpool, der Dorfpolizist ermittelt, und wie üblich schaltet sich Walli Winzer ein, obwohl sie in diesem Roman eigentlich keine zentrale Rolle spielt. Der Krimi selbst kommt nicht richtig flott von der Stelle, auch wenn es noch ein paar zusätzliche Handlungselemente gibt – das Skelett eines eingemauerten Babys im Schloß oder ein Lesbenpaar, das sich in Holland per Befruchtung ihr eigenes Kind holen will…
Zwischendurch gibt es zumindest einen amüsant-satirisch geschilderten Ausflug Wallis zu den Salzburger Festspielen mit einem neuen Liebhaber, auf den auch andere gucken (Stutenbissigkeit angesagt), und als verlässlichster Lebenspartner erweist sich wieder Kater Filou. Ja, und der Mord? Nicht gänzlich überraschend, wer da wen erschlagen hat…
Renate Wagner