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MANNHEIM / Rosengarten: „CECILIA BARTOLI“ Recital St. Petersburg

Mannheim: „CECILIA BARTOLI“  Recital St. Petersburg 10.11.2014

 Liebesgrüße aus St. Petersburg heißt der neue Slogan der italienischen Diva Cecilia Bartoli. Seit über zwei Jahrzehnten behauptet sich die achtfache Echo-Preisträgerin im harten Classic-Business und erfindet sich immer wieder neu! Zu Beginn ihrer internationalen Gesangs-Karriere widmete sich die junge Bartoli dem Ziergesang Rossinis, später fügte sie den Belcanto des Spätbarocks hinzu um sodann auf den Spuren der Malibran, der Kastraten zu wandeln. Zudem erschloss sich die unermüdliche und vielseitige Künstlerin Musikwelten von klerakalischem wie profanem Charakter, stöberte unbeirrt mit Nachdruck in musikwissenschaftlichen Archiven und wurde in stets neuem Tatendrang fündig. Nun durchforschte sie mit großem persönlichem Erfolg die Bibliotheken der russischen Metropole St. Petersburg.

 Bereits im 18. Jahrhundert versammelten die Zarinnen Anna, Elisabeth und Katharina als Mäzenatinnen eine Reihe europäischer Komponisten am königlichen Hofe, welche mit einer Vielzahl von neuen Werken die russische Musikgeschichte dieser Zeit gehörig prägten.

Jenen Tonsetzern dieser Epoche widmete nun Cecilia Bartoli ihr neues Album „St. Petersburg“, thematisierte mit dem selben Slogan ihre Europa-Tournee 2014 und gewährte zugleich im Mannheimer Rosengarten eine kulinarische Kostprobe.

 Zur einleitenden Fanfare der Oper „Altsesta“ (Hermann Raupach) schwungvoll mit Verve vom begleitenden Orchester I Barocchisti unter der kundigen Leitung des Spezialisten für Alte Musik Diego Fasolis musiziert, eröffnete La Bartoli in weißer Robe mit Meterware im Schlepptau hoheitsvoll schreitend mit Vado a morir  (Francesco Domenico Araia). Zart fast gehaucht nur von Violinen, Erzlaute und Flöte begleitet folgte bezaubernd schön intoniert De´ miei figli aus „La clemenza di Tito“ des Komponisten-Duos Dall´Oglio/Madonis jedoch von Johann Adolf Hasse neu instrumentiert. Aus dieser Oper folgten noch zwei herrliche Arien des „Sesto“ Se mai senti spirarti mit traumhaft schönen Momenten voller Zärtlichkeit sowie Vo disperato a morte in konträr dramatischen Aplomb und atemberaubender Vokalakrobatik.

 Nach der konzertanten Sonnambula verordnete ich mir eine Pause von Signora Bartoli und erlebte nun zur Wiederbegegnung eine völlig neue Interpretin ohne die früheren Meriten. Die Stimme der Sängerin erschien mir wie verwandelt, ihr Timbre wurde weicher, das Organ strömt in dunklem vollen Ton, meistert problemlos Oktavsprünge gekrönt von wohlklingenden Höhenaufschwüngen, die Koloraturen perlen ohne Ende – kam aus dem Staunen nicht heraus!

 Improvisierte Windgeräusche, Vogelgezwitscher und Eulenrufe begleiteten Demetrios Pastor che a notte ombrosa aus Araias „Seleuco“ von Cecilia Bartoli so hinreißend filigran in berührender Anmut vorgetragen. Im Wechselbad der Gefühle erklangen Raupachs „Altesta“ in filigran schillernder Ornamentik oder aus „Siroe, Re di Persia“  das unnachahmlich interpretierte O placido il mare  voller Intervallsprüngen, gehauchten Pianissimo. Bewundernswert in  betörender Linienführung des vokalen Instruments vernahm man aus „Carlo Magno“ die Arie Non turbar que´vaghi rai (Vincenzo Manfredi) sowie der finalen Krönung Nobil onda  aus „Adelaide“(Nicola Antonio Porpora) in welcher La Bartoli nochmals die Spannweite ihres immensen Könnens offenbarte und verständlicherweise  eine Salve der Begeisterung erntete.

 Effektvoll, rasant, voller Kontraste ob im Dialog mit der Sängerin oder solistisch instrumental überzeugten I Barocchisti unter Diego Fasolis mit Ouvertüren und Mini-Sinfonien der bereits gehörten Komponisten als Auflockerung der Gesangsnummern.

 Sichtlich  gerührt von der Huldigung der Fans bedankte sich die Gefeierte mit A facile Vittoria (Agostino Steffani) im Duell mit den Kadenzvorgaben der Trompete sowie einer traumhaft gefühlvollen Arie (Antonio Vivaldi). Kostümiert in schneeweißer Pelzrobe bereit zur Peterburger Schlittenfahrt verabschiedete sich ihre Majestät Zarin Cecilia mit dem Schalk im Nacken und einem Vokal-Feuerwerk ohnegleichen zur russisch gesungenen Arie der  „Alceste“ (Raupach).

Was dürfen wir noch von dieser rastlos-unaufhörlich suchenden Künstlerin noch erwarten?

 Gerhard Hoffmann

 

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