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MANNHEIM: STIFFELIO

10.04.2014 | KRITIKEN, Oper

Mannheim: Stiffelio  9.4.2014

 Im Mannheimer Nationaltheater kam jetzt eine selten gespielte Verdi-Oper zur Aufführung, die schon zu seiner mittleren Phase zu zählen ist und direkt vor der berühmten mittleren „Trilogie“ entstanden ist. ‚Stiffelio‘  ist aber von Stoffbehandlung und Tonfall her ganz anders, und scheint insofern fast ein Ausnahmewerk. Das im damals noch zu Österreich gehörende Triest uraufgeführte Stück berichtet von einem großes Aufsehen erregendem bizarren Geschehen in einer protestantischen Sekte in Österreich. Es handelt sich dabei um einen Ehebruch, den Lina während der Abwesenheit ihres Mannes, des Predigers Stiffelio, in seiner Abwesenheit mit einem auch zu der Gemeinde gehörenden Mann begangen haben soll. Stiffelio hegt erst unbestimmten Verdacht aufgrund von Äußerlichkeiten, ein herausfallender Brief aus einem Klopstock-Band belastet Lina aber weiter. Stanker, der Vater Linas, verbrennt den Brief Raffaeles und fordert diesen zum Duell auf, um den auf sein Haus gefallenen Ehrverlust zu kompensieren. Nun will sich auch Stiffelio an dem „Ehebrecher“ rächen, wird aber von Jorge, seiner Oberen Autorität, zurückgehalten. Stanker tötet Raffaele wegen seines Ehrverlustes. Darauf unterschreibt Lina eine ihr von Stiffelio vorgelegte Scheidungsurkunde, die rechtmäßig ist, da sie ihn unter anderem Namen geheiratet hatte.  Lina bittet ihn, ihr nicht mehr als Ehemann, sondern als als Prediger Gehör zu schenken, was er insofern tut, als er in einer Predigt vor der versammelten Gemeinde  die Geschichte von Jesus und  der Ehebrecherin vorliest.

 Verdi gelingt dazu eine großteils harmonisch herbe Musik in der streng anmutenden Nummernfolge. Sie wird vom Nationaltheater-Orchester unter dem kundigen Dirigenten Alois Sedlmeier adäquat und sehr ausdrucksvoll wiedergegeben. Regula Gerber hat dazu eine fast karg anmutende Inszenierung geschaffen, in der die Dunkelfarben dominieren, während das Spiel der Protagonisten, auch vor geschlossenem Vorhang, lebhaft hervorgehoben wird. Die Gemeindeglieder tragen als gestaltlose Masse  Masken; sie werden meist im Hintergrund variabel gestellt. Das Bb. von Roland Äschlimann zeigt vorne rechts eine schlanke schmucklose Holzkanzel und eine sich zur Schräge mutierende Bühnenfläche mit einem großen Neonkreuz darauf. Beim ‚Friedhof‘ sind auch ‚ewige‘ Neonkerzen darauf projiziert. Die z.T.pompösen Prediger-Talare  im grau-blau-Look stammen von Andrea Schmitt-Futterer.

 In kleinen Nebenrollen komplettieren Benedikt Nawrath und Ludovica Bello das Ensemble. Jorg ist Sung Ha mit markantem autoritativ schwarzem Baß  Der Raffaele des Davis Lee kommt mit weichem hohem Stimmmaterial und als romantischer Klopstock-Anhänger eher kurz ins Spiel. Den Stanker gibt Thomas Berau mit großem voluminösem Bariton und Hang zur Ekstatik. Die spielerisch wie eine blasse Biedremeier-Figur wirkende Lina wird von Galina Shesterneva gesanglich mit eigener Farbe und Timbre gegeben, das aber im oberen Dezibelbereich deutlich schöner zur Geltung kommt, während Piano-Phrasen eher subotimal gelingen. Dem Stiffelio Micheal Wade Lee macht eine Erkältung etwas zu schaffen. Dadurch wirkt sein Tenor eher ‚trocken‘, den er aber trotzdem kräftig  in einer wirklich dramatischen Rolle auszugestalten weiß.                                                                      

Friedeon Rosén

 

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