Nach der Pause erklangen zwei Preziosen von Alexander Skrjabin zunächst die „Sonate Nr. 2“ in nuanciertem Farbenspiel, Yuja Wang transponiert das Leichte dieser Miniatur in filigrane Transparenz. Prickelnd, pianistisch erstrangig folgte die „Sonate Nr. 6“, das Spiel der jungen Pianistin wirkte sehr differenziert, geprägt vom Mut zur Ekstase, in Anschlag, Tempo, Phrasierung lässt sich dieses expressive Werk wohl kaum schöner gestalten. Bemängeln Puristen bei dieser phantastischen Interpretin oftmals kühle, übermenschliche Techniken, fehlende Herzenswärme – weit gefehlt, bei aller Brillanz wirkt ihr Spiel stets geprägt von hoher Sensibilität und ungewöhnlicher Musikalität.
Maurice Ravels „La Valse“ bildet den krönenden Abschluss des vielseitigen Recitals, klingt zu Beginn in magisch-dunkler Dimension, langsam steigert Wang die Walzervariationen, in schierer Besessenheit entwickelt sie eine fast bedrohliche Fulminanz, setzt schon fast unverfroren perfekte Veränderungen, um schließlich dieses impressionistische Werk in unglaublicher Brillanz zu beschließen. Für die grenzenlose Begeisterung im Saal bedankte sich die anmutige, bescheidene Künstlerin großzügig mit zwei Trankriptionen von Bach und Tschaikowsky, dem atemberaubend vorgetragenen Chanson bohéme (Bizet) sowie der traumhaft, elegisch musizierten Etude Nr.3 (Chopin).
Gerhard Hoffmann