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MANNHEIM/ Rosengarten: 6. AKADEMIEKONZERT unter Alexander Soddy mit Antje Weithaas (Bruckner, Berg)

Mannheim / Rosengarten: „6. AKADEMIE-KONZERT“ – 03.04.2017

Werke der Neo-Klassik und Spätromantik standen sich im Doppel-Konzertabend der Musikalischen Akademie des Nationaltheater Orchester Mannheim gegenüber und zwar zu Beginn das „Violinkonzert“ von Alban Berg. Es ist Dem Andenken eines Engels gewidmet, wurde 1935 uraufgeführt und unter dem Titel „Requiem für Manon“ bekannt. Gemeint ist Manon Gropius der Tochter Alma Mahler-Werfel aus der Ehe mit dem Architekten Walter Gropius. Die Leiden und das Sterben Manons welche mit 18 Jahren an Kinderlähmung verstarb, lösten das ergreifende musikalische Geschehen aus, in dem sich Programmatisches mit Absolutem bindet.

Das Konzert gliedert sich in vier Sätze, von denen je zwei pausenlos ineinander folgen. In analytischer Transparenz umriss die  Solistin  Antje Weithaas das einleitende Andante, dessen schlichte Kärtner Volksweise auf die Kindheit Manons, gleich einem musikalischen Portrait verweist. Im Allegretto portraitierte Weithaas die heiteren Wesenszüge des Mädchens mit leichten Wiener Walzeranklängen, wobei das Instrument in jedem Moment strukturiert und ungeheuer komplex im Tonsatz erklang.

Zur Musik des Leidens,  Sterbens und der finalen Verklärung des Allegro ma sempre – Adagio  zeichnete Antje Weithaas frei wie eine Kadenz sensibel wunderbar elegische Klangschattierungen in schlanker Tongebung und feinnerviger  Gestaltung.

Derart konstruktive Freisetzung von Zwölftonreihen im Mikrokosmos heftigster Energien fand auch im MAO-Orchester eindrucksvollen Widerhall von GMD Alexander Soddy sehr ansprechend begleitet. Die herzliche Zustimmung des Publikums wurde mit keiner Zugabe belohnt.

Bedingt diverser Terminüberschneidungen sah ich nun meiner ersten Konzertbegegnung mit dem neuen GMD und ganz besonders den positiven akustischen Gegebenheiten des Mozartsaals entgegen. Als persönliches Anliegen sieht es Alexander Soddy im Laufe der nächsten Konzertjahre den symphonischen Zyklus Anton Bruckners  zu komplettieren.

Quasi als Entree erklang nun des Meisters „Vierte Symphonie“ mit dem Untertitel „Die Romantische“. Straffe viermalige Hornsignale über den Streichern eröffneten die Morgenweckrufe des ersten Satzes, so schrieb Bruckner gar selbst in seiner Erläuterung, welche sich gleich einer Regieanleitung liest. Bewegt formierten sich die Holzbläser zum Choral der Themen, Stimmen eines Rufes aus dem Dunkel des Waldes gleich. Wir erfahren die Wiedergeburt thematischer Gedanken,  einem Windeshauch über den Streichern, von den Bläsern über das Blech morgenfrisch übernommen. Der Morgen schien erwacht in allen Stimmen ertönt die Natur und stimmt ihr Loblied zum Preise des Schöpfers an. In ruhiger Gelassenheit und gewaltigen Steigerungswellen formte Soddy mit dem prächtig aufspielenden Apparat die Orchesterfluten zu imponierender Geschlossenheit.

Gedämpft, rhythmisch gleich einem Trauermarsch „schreiten“ die Streicher in das Melodiengeflecht des Andante. Verheißungsvoll wie im Nachhall erklangen die Holzbläser über den klagenden Celli-Themen, eröffnen die instrumental geformten Schönheiten, die dynamischen Schwankungen dieses Satzes, die Wechselspiele vom Pianissimo ins Mezzoforte, wieder zurück in gemächliche Gefilde und wiederum das Aufbäumen in gewaltige Klangeruptionen. Dabei empfand ich (da ich`s bisher anderweitig feiner detailliert konstruktiver erlebte) zuweilen die orchestralen Zuspitzungen zu massig, endend in einer Art Klangbrei. Auch schien mir der Dirigent die Formationen die Relationen zueinander sehr zu analysieren, die Spannungsbögen zu distanzieren.

Im leisen Tremolo der Violinen und Celli eröffnet sich das Scherzo, die Hörner formierten sich zum Jagdmotiv, die Trompeten antworteten keck, lärmend hielt die Jagd Einzug in den lichten Wald, romantischer kann man die märchenhafte Stimmung wohl kaum interpretieren. Mit kräftigen orchestralen Pinselstrichen malte Alexander Soddy mit den bestens disponierten Musikern instrumentale Harmonik pur.

In gemächlichen Tempi leiteten die Streicher, die leisen Hörnerrufe das bewegte Finale ein. In Unruhe gesellten sich die exzellent aufspielenden Blechbläser mit den heftig ausgestoßenen Themen hinzu, gespenstige Jagdsignale erfassten in gewaltigen Aufbäumen alle Instrumente, das unverkennbare Hauptmotiv des ersten Satzes brauste wie ein Sturm dahin. Gezupfte Bässe, innige Violinen und Celli erstickten in den Holzbläser-Rufen, wechselten schroff zum wild brausenden Orkan. Ruhige Gedanken, Versuche harmonischen Einklangs vereinten sich im Streichertremolo, in Umkehrungen der Oboe und Klarinette weit ausschwingend zur Hornmelodie formierte Alexander Soddy das herrlich aufspielende Orchester im kurzen Anstieg zum strahlenden Es-Dur-Ausklang.

In Anbetracht der noch zögerlichen Annäherung, des Herantastens zwischen Dirigent und Orchester während der ersten gemeinsamen Konzert-Saison gelang eine bemerkenswerte Interpretation,  einer fruchtbaren zukunftsweisenden Beziehung dürfte demnach nichts im Wege stehen. Toi, toi, toi.

Mit Bravorufen und rauschendem Applaus feierte das Publikum Soddy und seine Musiker.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

 

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