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MANNHEIM/ Nationaltheater: DON GIOVANNI. Gala der Neuinszenierung mit Volle und Schrott

21.10.2018 | Allgemein, Oper


 v.l. Iris-Marie Sojer, Ludovica Bello, Estelle Kruger, (c) Hans Jörg Michel

Mannheim:  Don Giovanni. Gala der Neuinszenierung  20.10.2018

Diese Inszenierung vom 14.7. stammt von Ekaterina Vasileva (Regie) und Sonya Kobozeva (Ausstattung), zwei jungen Russinnen, die unter ca.400 BewerberInnen in einem Wettbewerb des Nationaltheaters ausgewählt wurden. In der Tat entwickeln sie eine neue stupende Herangehensweise an die vielgespielte ‚Oper aller Opern‘. Sie nehmen das „giocoso“ im Drama ernst und stellen im Verlauf wahrlich eine slapstick-Komödie auf die Bühne. In der Sphäre Giovannis befindet sich permanent eine Truppe von dicken, meist nackten ‚rosigen‘ Frauen, die einen Pool bevölkern, mit schwarzen Schirmen über die Bühne stolzieren und sich auch an Männer wie Leporello oder Masetto heranmachen. Mit ihnen hat Don Giovanni eigentlich nichts zu schaffen, sie schmiegen sich ihm aber an und könnten seine ‚Verflossenen‘  sein.Wenn Giovanni Zerlina in seine Privatgemach führen will, läßt er sie auf einem großen roten Schwein, einer Muttersau, reiten, was Zerlina höllischen Spaß bereitet. Auch andere Details in der Aufmachung und in den Kostümen lassen auf eine groteske Slapstickkomödie schließen, in der sich aber eigentlich das Tragische der Giovanni-Figur und seiner Antagonistinnen ausdrückt.

Da so die Bühne stark ins Zentrum gerät, hat man manchmal den Eindruck, daß die Musik nur so mitläuft. In der Tat kann sich Dirigent Alexander Soddy mit seinen raschen Tempi-Vorgaben nicht immer durchsetzen, wenn z.B. der sonst gute Chor oder auch der Gast Erwin Schrott, der mit seinem starken dabei voluminösem Schwarzbaß den Leporello voll auskostet, hinterher hinkt. So herrscht auch bei dem Ensemble-Gesang im 1.Akt eine gewisse Dickflüssigkeit vor. Erst im 2.Akt gelingt es Soddy, den musikalischen Fluß besser auszutarieren, wozu auch das Orchester mit ansprechenden Spiel beiträgt.

Auf der Bühne wird darauf mit geballter Personenregie reflektiert. Dafür gibt es auch interessante Bauten,  die immer voll einbezogen werden. Es handelt sich um einen schwarz gekachelten Pool mit hohen Seitenwänden, dahinter ein mit Goldlametta verhängter, verdeckter Auftrittsraum, auf dessen Dach ein metalleingezäunter Garten mit surrealen Palmen steht. Beim 2.Komturauftritt fahren geräuschvoll die Liegestühle wie Paddelboote in den Pool herein und bleiben in permanenter Bewegung. Auf einem Boot befindet sich ein gelber Kranz, der an den Komptur (Sung Ha aus dem Off sehr präsent) erinnert. Dann erscheinen  seine überdimensionalen Füßen zum Nachtmahl, dessen einer Giovanni final in den Boden tritt.

Don Giovanni ist Michael Volle als zweiter Galagast, der zur Verkleidung Leporello seine schwarze Adelskutte überläßt und am Ende nur noch im schwarzen T-shirt erscheint, was seinem psychischen Ego besten Ausdruck verleiht. Mit seinem klangreichen flexiblen Bariton begleitet er sein rastloses nicht mehr von Erfolgen gekröntes Handeln. Erwin Schrott steckt einem grünen Blaumann mit Wollmütze, macht sehr komische Figur  bei seiner Einlassung mit der Schwerenöterin Elvira, die in Gestalt von Ludovica Bello in einem schwarzen Kleid mit tief gewagten Rückenausschnitt einer Violone und in den Hüften verbreitert erscheint. Ihren (Mezzo)sopran läßt sie dazu schön aufblühen. Donna Anna  ist in eine weiße Büste mit Strapsen, weiße Strümpfe, darüber ein durchsichtiges Zellophankleid, Sonnenbrille, gehüllt. Estelle Kruger macht darin gute Figur, und beherrscht Donn’Anna 

auch gesanglich mit spritzigen quirligen Läufen und butterweichem Timbre. Die Zerlina der Iris-Marie Sojer verblaßt gesanglich dagegen etwas, kann ihren Gefühlen aber mit feinem Sopran Ausdruck verleihen. Die Männer können da nicht ganz so mithalten. Juraj Hally ist ein dezenter tenoraler Don Ottavio mit seinen langen weißen Schals, die er in den Pool schmeißt, als ihm Donna Anna eine finale Abfuhr erteilt. Ilya Lapich spielt mit nacktem Sixpackbauch und geriert sich Zerlina gegenüber chauvihaft, wenn Don Giovanni nicht zugegen ist. Er singt dazu einen smarten dezenten Baß mit starkem Stimmschluß.                                               

Friedeon Rosén

 

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