Mannheim: DIE FLEDERMAUS am 31.12.2012
Es handelt sich um die nun schon klassisch zu bezeichnende Inszenierung von Friedrich Meyer-Oertel aus dem Jahr 1978. Die Bühne von Wolf Wanninger ist ganz auf enorme Portalbreite des Nationaltheaters ausgerichtet und zeigt die Interieurs imperialer Fin-de- siecle Gemächer. Das Gefängnis erinnert dann auch an die ‚originale‘ Einrichtung, wie sie auch in der Wiener Staatsoper zu sehen war (ist). Dabei bemerkenswert die in die dicken Wände einglassenen Schränke, wovon einer als Eingang fungiert, der andere aber hinten zugemauert ist!
Dirigent Alois Seidlmeier läßt die hohen Streicher im Vorspiel durchgehend sehr weich und mit hörbaren Lagenwechseln, also nie zackig, aufspielen, was von Anfang an ein eher verträumtes Ambiente kreiert. Alle Genres (nicht nur im Vorspiel) werden ausgekostet. Mit feinen Übergängen werden die musikalischen Gestalten in der Entwicklung der Operette durchgeführt, was immer wieder Dejavú- Erlebnisse hervorruft. Die Manie, im Radetzky-Marsch, aber auch in zarteren Walzern Schlagzeug, Pauken oder snare drums durch lautes Spiel in den Vordergrund zu pushen, wird hier von Seidlmeier mit Erfolg unterlaufen, ja es wird ihr erfolgreich entgegengearbeitet.
Reinhard Heinrich kreierte damals schon die Glamour- Roben für Rosalinde, Ida und Adele, die schicken Fräcke für die Herren, den goldschimmernden Schlafrock für Alfred und das phantastische Fledermauskostüm Dr. Falke.
Der Chor läuft im Ballakt beim träumerischen „Dui-du“ zu Höchstform auf. Köstlich die Iwane des Prinzen Orlofsky Giorgi Bekaia und Hyun-Seok Kim. Der Frosch des Uwe Schönbeck scheint ein Wiener Original zu sein, so wie er seinen trockenen Schmäh placiert. In den kleinen Rollen reussieren Elisabeth Bauer als kleine Ida und Benedikt Nawrath als stotternder D.Blind.
In dieser Silvester- Fledermaus, die wie gesagt die langsamen Tempi bevorzugt, soll, was die Sänger betrifft diesmal die Palme den Männern gereicht werden. Die Ladies sind außer E.Bauer die ihre wenigen Noten angenehm zwitschert, nur zu zweit. Die Adele der Antje Bitterlich kommt mit ihrer kleinen Stimme kaum über die Rampe und den Orchestergraben hinweg. Zuletzt schieben sich Orlofski und Falke den schwarzen Peter hin und her: Wer soll sie fördern und macht es überhaupt Sinn? Wenn man bedenkt, dass Adele hier vor 10 Jahren noch Diana Damrau gesungen hat… Die Rosalinde der Iris Kupke kann zwar einen ganz guten Czardas hinlegen, verbleibt aber aufs Ganze gesehen, eher blass und hat auch keine hervorragende Bühnenpräsenz, da sie sich in ihrer Ehe wohl schon zu gemütlich eingerichtet hatte.
Also schnell auf die Männerseite gewechselt. Thomas Jesatko gibt einen erfrischenden Frank mit zupackend deftigem Baßbariton. Thomas Berau singt mit einem nun abgedunkelt klingendem brokatenem Bariton den Dr.Falke und ist die vorantreibende‘ Seele‘ dieser opernhaften Operette. Einen rollendeckenden Tenor Alfred singt Juhan Tralla, allerdings ohne greifbares Timbre. Die köstlich wetterwändische Figur stellt der Eisenstein des Uwe Eikötter dar. Stimmlich hat er dagegen auch nicht soviel zu bieten, dafür ist er manchmal geradzu drollig in seiner Selbstüberschätzung. Stimmlich mit Abstand am besten Andrew Watts, ein toller Sopranist, als Orlofsky. Er läßt prickelnd klare ‚akute‘ Töne vernehmen, die bedauern lassen, daß er so wenig zu singen hat. Ein wirklich aufreizend maskuliner Sopran, der auch bestaussehende Figur macht.
Friedeon Rosén