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MANNHEIM: COMPANY / Musical von Stephen Sondheim

13.11.2013 | KRITIKEN, Oper

Musical in Mannheim: „Company“ von Stephen Sondheim (Vorstellung: 12. 11. 2013)

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Szenenbild aus dem Musical „Company“ von Sondheim mit Alexander Franzen im Vordergrund (Foto: Hans Jörg Michel)

 Am Nationaltheater Mannheim steht – in Kooperation mit dem Theater Bielefeld – das Musical „Company“ von Stephen Sondheim auf dem Spielplan, dessen Musical „Sweeney Todd“ zurzeit an der Wiener Volksoper für Furore sorgt. Bei „Company“, dessen Libretto George Furth verfasste und dessen Uraufführung im Jahr 1970 in New York stattfand, handelt es sich um eine typisch amerikanische Großstadtkomödie.

 Der Inhalt des Musicals in Kurzfassung: Im Alter von 35 sollte man eine eigene Wohnung besitzen, den dafür notwendigen Job übersprungen haben und verheiratet sein. Bis auf Letzteres kein Problem für Robert. Marta, Katy und April sind seine aktuellen Freundinnen – und er lässt nichts anbrennen.  Dass seine Freunde ihn mit ihrem Eheglück zur Nachahmung nötigen wollen, nervt ihn. Denn er merkt bald, dass hinter ihren Beziehungen Frustration und Lebenslügen schlummern. Als sein Stern bei den Frauen zu sinken beginnt, kommt Robert ins Nachdenken, ob ihm nicht doch etwas im Leben fehlt.

 Das Musical beginnt mit einer Überraschungsparty, die Roberts Freunde – fünf Ehepaare und seine drei Liebschaften – für ihn veranstalten, und endet mit einer Geburtstagsparty für Robert. Während er sich zu Beginn beim Kerzenauspusten zum Bedauern aller nichts wünscht, bläst er am Schluss, von den anderen unbemerkt, alle Kerzen aus und wünscht sich endlich etwas. Dazwischen trifft er sich einmal mit diesem, einmal mit jenem Ehepaar, schläft abwechselnd mit seinen Freundinnen und erlebt dabei diverse Aggressionsausbrüche und Streitigkeiten zwischen den Eheleuten und wird mit Jugenderinnerungen der anderen konfrontiert.

 Dazu ein Zitat von Stephen Sondheim aus einem Artikel des Komponisten über sein Werk, der im illustrativen Programmheft abgedruckt ist: „‚Company‘ ist eine Show, mit der ich sehr glücklich bin. Sie beeinflusste noch Jahre später andere Musicals, zum Guten wie zum Schlechten, und tut es noch heute. ‚Company‘ hat viele Erwachsene, die Musicals gering schätzen, dazu bewegt, sie ernst zu nehmen, und es verhalf mir nicht zufällig zur ersten positiven Beachtung.“

 Roland Hüve gelang eine flotte, kurzweilige Inszenierung, wobei er das Amerikanische in der Lebensphilosophie, das auch in den humorvollen Dialogen zutage tritt, geschickt herausarbeitete. Einziges Requisit auf der Bühne war ein riesiges Rhönrad mit quadratischem Innenraum als Spielfläche, das des Öfteren gedreht und auf dem fleißig auf und ab geklettert wird. Die Darsteller, die auch tänzerisch ihre Rollen exzellent beherrschten, waren also doppelt gefordert. Für die Choreografie der kreativ gestalteten Tanz- und Showszenen zeichnete Katharina Wiedenhofer verantwortlich. Die in die heutige Zeit passenden Kostüme waren teils sportlich, teils sehr elegant gehalten (Bühnenbild und Kostüme: Okarina Peter, Timo Dentler).

 Aus dem durchwegs erfahrenen Musical-Ensemble ragten einige Darstellerinnen und Darsteller besonders heraus. Robert, die Hauptrolle, war mit dem Bariton Alexander Franzen exzellent besetzt. Durch seine starke Bühnenpräsenz und sympathische Ausstrahlung nahm man ihm ab, auch die Herzen der Ehefrauen seiner Freunde gewinnen zu können. Da alle Darsteller – wie bei Musicals üblich – mit Wangenmikrophonen ausgestattet waren, erübrigt es sich, auf die Gesangsqualitäten einzugehen. Das Phänomen, dass bei den Dialogen fast immer geschrien wird, scheint unlösbar.

 Als komödiantisch äußerst begabt erwies sich Stefanie Köhm in der Rolle der Sarah, die ihre Kampfsportfähigkeiten ihrem Mann Harry, gespielt von Thomas Winter, und Robert unter Beweis zu stellen hatte. Das Publikum lachte sich krumm. Mit Elegance und großem  Selbstbewusstsein gab Kerstin Marie Mökelburg die Rolle der Joanne, der Ehefrau von Larry (gespielt von Nico Gaik), deren Probleme nach zu hohem Alkoholkonsum in einem Nachtklub aus ihr herausbrechen. Mit köstlicher Komik wartete Carolin Soyka in der Rolle der Amy auf, die am Hochzeitstag nicht mehr weiß, ob sie die Ehe mit Paul (gespielt von Thomas Klotz) wirklich will und von Panik befallen wird.

 Die Wienerin Karin Seyfried, sie studierte an der Wiener Staatsoper Ballett, gab die attraktive Stewardess April, eine der drei Geliebten von Robert. Sie spielte ihre Rolle mit Pfiff und Erotik, wofür sie vom Publikum zu Recht Szenenapplaus bekam. Etwas blass blieben Roberts andere Freundinnen Marta und Kathy, die von Filipina Henoch und Julia Lißel dargestellt wurden. Die zwei weiteren Ehepaare Susan und Peter sowie Jenny und David wurden von Jessica Krüger und Peter Kubik sowie von Michaela Duhme und Tilmann von Blomberg gespielt.

 Die flotte Musik, die bei den Tanzszenen schmissige Rhythmen aufwies, aber keinen Ohrwurm, wurde von der neunköpfigen Company-Band unter der Leitung von Christiaan Crans wirkungsvoll dargebracht. Das Publikum im bei weitem nicht ausverkauften Haus spendete am Schluss allen Mitwirkenden lang anhaltenden Beifall, für den Hauptdarsteller und die Band gab es das übliche Gekreische der jugendlichen Besucher.  

 Udo Pacolt

 

 

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