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MAINZ: TRISTAN UND ISOLDE

21.04.2013 | KRITIKEN, Oper

Mainz: Tristan und Isolde, 20.4.2013

 Im Wagner-Jahr wird in Mainz ‚Tristan & Isolde‘ in der Inszenierung von Tilman Knabe, Dirigat GMD Hermann Bäumer, wieder augenommen. Diese Regie ist 1 1/2 Jahre alt, und mit ihr wurde die Wagner-‚Handlung‘ als Vorlage für eine Darstellung des Ghadaffi-Regimes in Lybien in seinen letzten Zügen benutzt. Damit ist sie heute wieder eher völlig unaktuell, denn das durch seine Brutalität herausragende Regime wurde eliminiert. Das wirft wiederum einen Blick auf die oft sehr kurze Halbwertszeit von Opern-‚Aktualisierungen‘; wenn sie dann wie hier anläßlich des Wagnerjahrs hervorgeholt werden, wirken sie in dieser Überspitzung wie aus der Zeit gefallen.

 Dagegen war die musikal.Einstudierung durchweg lobenswert. Eine ganz langsam genommenes Vorspiel, das aber dennoch nicht in Episoden zerfiel, gelang Bäumer und den Mainzer Philharmonikern. Dabei kommen die verschiedenen Instrumentengruppen immer plastisch zur Geltung. Der 1.Akt wird 2 mal durch Bühnen-Handyklingeln gestört. Klar können Tristan und Kurwenal sich nur über Handy verständigen und absprechen gegen die geballte Frauenpower von Isolde und Brangäne. Sie wirken wie islamistische Terroristinnen in der Isolierzelle.

Der junge Seemann Alexander Kröner hat unter dem Gelächter seiner Kollegen in Kampfanzügen im Monitor-Raum das Lied an die irische Maid sehr schön gesungen. Kurwenal Heikki Kilpeläinen lässt seinen derben, dabei wohlklingenden Bariton erschallen. Die Isolde der Ruth Staffa zeichnet sich ind dieser Szene durch Bomben-Höhen, die auch schön mit der angenehmen Mittellage verbunden werden, aus. Nur manchmal ist ein leichtes Flackern zu vernehmen. Staffa scheint eine Hochdramatische zu werden, der auch Partien wie Brünnhilde gut anstehen (werden), da das Timbre auch immer glockig und leuchtend erscheint.

 Ihr weiblicher ‚Gegenpart‘ Brangäne hat in Patricia Roach eine hervorragende Vertreterin gefunden, die satte Tonhöhen zieht und sich voll ins Geschehen wirft. Richtig gut kommt sie aber mit dem brillant strahlenden Timbre nur in diesem Akt zur Geltung, die späteren ‚Wachgesänge‘ sind ja eher kurze Einwürfe. Im 2. Akt ist die Personenregie für die beiden Protagonisten immerhin bemerkenswert durchdacht, nie Rampensingen. Dabei lassen sie sich auch nicht von den verhuschten Kopieraktionen der verschleierten Terroristinnen? aus dem Konzept bringen, sondern besingen eindrucksvoll konzentriert die ‚Nacht der Liebe‘, wobei auch Alexander Spemann zu großer Tenorform aufläuft. Der Monolog von Hans-Otto Weiß als Marke kann da nicht so mithalten. Ihm geht etwas die Innenspannung ab, obwohl Weiß eigentlich schönstimmig massiert als hoher Baß auftrumpft. Selten hat man aber einen so brutalen Marke gesehen. Mit etwas flacher Stimme singt Jürgen Rust den Melot,  aber der fast unwirklichen Situation angepaßt.

 Natürlich ist das Ende spektakulär, wenn Tristans Rückzugkeller mit Bomben und Granaten angegriffen wird. Weitere Grausamkeiten schockieren. Alexander Spemann singt hier mit sagenhafter Dosierung.

Er kann bei den Wahnsinnsstellen immer noch aufdrehen, singt sich quasi in einen Rausch, wenn er sich von den medizinischen Geräten und dem Bauchverband befreit.

 Ruth Staffa gelingt ein ausgezeichneter Liebestod. Wundersam getragen vom Orchester und sekundiert von 2 schönen Frauen mit MG singt sie diese narkotisierende Melodien inbrünstig mit fast instrumentalen Farben und geht dann seitlich durch den Zuschauerraum ab.

Friedeon Rosén

 

 

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