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MAINZ: LADY IN THE DARK. Musical von Kurt Weill /Abschluss-Premiere der Intendanz Fontheim

19.05.2014 | KRITIKEN, Operette/Musical

Mainz: Lady in the dark/Musical von K.Weill 17.52014/  Abschluß-Premiere der Intendanz Fontheim

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Pascale Pfeuti, Gregor Trakis, Copyright:  Martina Pipprich

 Am Staatstheater Mainz kommt als letzte Saisonpremiere des Musiktheaters  das Musical „Lady in the dark“ von Kurt Weill, nach dem Buch von Moss Hart und auf die Gesangstexte von Ira Gershwin heraus.

Weill, der nach Erfolgen in Deutschland mit Mahagonny Songspiel, der Dreigroschenoper zusammen mit B.Brecht und zuletzt der Oper „Schatz im Silbersee“ vor den Nazis nach Amerika flüchtete, konnte sich dort mit Musicals quasi noch mal neu erfinden. Ähnlich der Bedeutung, die W.Korngold hier für die Filmmusik erlangte, wurde Weill zum epochalen Musical- Komponist der 30er und 40er Jahre und zwar für den Broadway, New Yorks berühmteste Musicalbühne. Neben den Werken ‚Johnny Johnson‘, ‚One touch of Venus‘, ‚Street Scene‘ und ‚Lost in the stars‘ ist ‚Lady in the dark‘ hierzulande nicht sein bekanntestes, erreichte aber seit seiner UA am Broadway 1941 die meisten Auffführungen und höchsten Verkaufszahlen. Der in Mainz gespielten deutschen Fassung von dem Roman Hinze liegt das Buch des psychisch selbst kranken Moss Hart zugrunde, der darin die aufkommende Psychoanalyse in Amerika verarbeitete.

Liza Elliott (Liza scheint ja ein häufig wiederkehrender Name von Musical-Heldinnen zu sein) ist die Herausgeberin der Modezeitschrift Allure, eine sehr erfolgreiche Frau, aber in ihrem Leben läuft etwas schief: dauerde Angstzustände wegen der verantwortungsvollen Position, die Beziehung zu ihrem Verleger, dessen Frau nicht in die Scheidung einstimmen will etc. Deshalb begibt sie sich in die Psychonanalyse bei Dr.Alexander Brooks. Das ist sozusagen die in erster Linie prosamäßig gestaltete Rahmenhandlung, während die ‚Sitzungen‘ auf der Couch in theatralische Traumsituationen übergehen, die immer ein großes Ensemble einbeziehen. Der 1.Traum ist der Glamourtraum, in der die sonst nüchtern in Hosenanzug  mit Brille auftretende Geschäftsfrau als eine Showgröße von aller Welt hofiert wird, und in einer hinreißenden Robe eine große Showtreppe heruntersteigt, sich die Chöre ihrer Verehrer im Smoking anhört, einen Morgengruß vom Präsidenten entgegennimmtund zuletzt vom Marinestabschef alias ihrem Verleger Charley gemalt wird. Das Porträt zeigt aber zu ihrem Entsetzen nicht die Glamourfrau sondern die gestrenge Geschäftsdame, so daß Liza flieht und die Szene sich auflöst. Ein weiterer ‚Hochzeitstraum“ steht im Zusammenghang damit, dass ihr jahrelanger Geliebter und Verleger jetzt in die Hochzeit einwilligt, ja sie gar massiv fordert.Liza fühlt sich aber jetzt zu dem Filmstar Randy Curtis hingezogen, der ihr bei der Hochzeitsvorbereitung, in die sie durch die ‚Umwelt‘ getrieben wird , als Juwelier statt eines Rings einen Dolch überreicht.Bei ihren Kindheitserinnerungen kommen ihr zuerst Bruchstücke eines Lieds über ein abreisendes Schiff in den Sinn, die sie summt und erst später ihrer Highschool-Liebe vorsingt, die sie aber wegen einer Anderen verläßt.

 Im ‚Zirkustraum‘  wird in einem Gericht über ihre mangelnde Entscheidungskraft verhandelt, da sie sich nicht zwischen 2 Optionen für die Titelseite von ‚Allure‘ entscheiden kann. Ankläger ist wieder ihr Verleger. Der Psychonalytiker resummiert, dass Liza, deren Kindheit auch von Demütigungen durchsetzt, war, nach der Niederlage  aufgehört hat, mit anderen Frauen erotisch zu konkurrieren und das in ihrem Beruf, Frauen selbst optimal einzukleiden, zu kompensieren. Nun will sie die Liebe ’nachholen‘, aber der Filmstar ‚entflieht‘ ihr wieder, indem er ihr Arbeiten seiner Produktionstfirma aufhalsen will. So scheint Liza sich endlich mit ihrem Werbechef Charley zu liieren, der schon immer auf ihren Job scharf war, und mit dem sie vorher eigentlich nur gekabbelt hatte.

 Dieses Musícal funktioniert mit seinen Massenszenen auch in der Redaktion und beim Psychiater wirklich fantastisch und ist intelligent ironisch und witzig durchdacht, gar nicht kopflastig. Weills Musik ist schmissig und konsistent, bringt Episoden wie die Einlage über russische Komponisten oder ‚Angstmusiken‘, die es in sich haben.  Im Orchester und Chor des Staatstheaters /Leitung Florian Csizmadia, stehen treffliche Ensembles zu Verfügung. Die Inszenierung von Matthias Fontheim verrät Können. Arztpraxis und Redaktionsraum sind dieselben, dahinter unsichtbare Türen in die Traumlandschaft, alles in Holz getäfelt (Stefan Heyne). Die markanten Kostüme sind von Valerie Hirschmann erdacht. Modefotograph R.Paxton wird köstlich von Jürgen Rust gegeben. Randy Curtis ist Stefan Walz und tritt wie ein Schlagersänger auf. Den kleinen smarten Werbeschef gibt Hendrik Richter, während der legere, aber tendenziell cholerische Verleger Nesbitt von Gregor Trakis gezeichnet wird. Den Psychiater gibt mit großer Nonchalance Marcus Mislin. Und die ‚Lady‘ , last not least, ist die charmant -phantastische Pascale Pfeuti, die in ihren verschiedenen Gestaltungen immer super-authentisch herüber kommt und dabei auch noch eine tolle Stimme hat.

   Friedeon Rosén

 

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