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M & K Vocelka: DER BEZOAR

Im Bann der Magie

07.03.2024 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Michaela Vocelka und Karl Vocelka:  
DER BEZOAR
Ein Kriminalfall am Hof Rudolfs II.
380 Seiten,  broschiert, Verlag Carl Ueberreuter. 2024

 

 

 

 

 

 

 


Im Bann der Magie

Es beginnt mit einem Mord in Konstantinopel, im September 1580, aber was der Täter bei dem Opfer sucht, das findet er nicht… Und dann begibt sich die Handlung in das Prag von 1594, wo der Habsburger Kaiser Rudolf II. herrscht, und man begegnet den Helden der Geschichte: Der Adelige Christoph Praunfalk und sein aus einfachen Verhältnissen stammender, der besonders intelligenter Begleiter Matthias Gaiswinkler haben sich aus dem Salinenort Aussee aufgemacht, um viel Bürokratisches am Kaiserhof erledigen zu lassen. Tatsächlich aber stolpern sie gleich über einen Mord…

In diesem historischen Roman gibt es die historischen Figuren wie Kaiser Rudolf II. selbst, den mächtigen Obersthofmeister Wolf Siegmund Rumpf (den man übrigens auch aus Grillparzers „Bruderzwist“ kennt) oder Hofmaler Bartholomäus Spranger. Die von den Autoren erfundenen Figuren bewegen sich souverän unter ihnen und fügen sich in das Zeitbild des späten 16. Jahrhunderts,

Immerhin ist der Autor, Karl Vocelka, ein renommierter Historiker mit dem Schwerpunkt Habsburg, man kann also der korrekten Recherche sicher sein. Er hat den gut lesbaren, spannenden Roman zusammen mit Michaela Vocelka geschrieben (ob Gattin, ob Verwandte, geht nirgends hervor), auch sie Historikerin mit zahlreichen Publikationen. Ein Duo, von dem man vielleicht noch einiges mit historischem Hintergrund erwarten kann.

Von Rumpf beauftragt, den Mord an dem Unbekannten zu lösen, kommt Matthias Gaiswinkler auf die Genieidee, den Toten von Spranger konterfeien zu lassen, das Bild in der Burg auszustellen und zu beobachten, wer darauf reagiert. Tatsächlich finden sich einige Herrschaften, die den Fremden offenbar gekannt haben, wenn sie  dies auch beharrlich leugnen.

Die Spur führt, Cherchez la femme, zu einer schönen Frau, die einst als Christin geraubt und in Konstantinopel verkauft wurde. Nach Prag geflohen, hat sie einer Menge Leute den Kopf verdreht und ist schließlich Ursache des Verbrechens – als dessen Täter sich jemand herausstellt, der für Christoph Praunfalk gar nicht angenehm ist… Im bunten Repertoire von Figuren finden sich etwa ein intriganter Hofzwerg, der sein Vermögen mit Erpressungen verdient (was ihm nicht gut bekommt) oder auch ein verdächtiger spanischer Jesuit. Es ist immer unterhaltend, sich mit dem sympathischen Helden in Prag umzutun, zumal dieser auch zweimal von dem hier durchaus positiv gezeigten Kaiser in einer Audienz empfangen wird.

Man weiß, dass das Prag Rudolfs II. eine Hexenküche der Alchemie war, man wollte Gold machen, den Stein der Weisen finden, das Okkulte herrschte überall, und die Autoren lassen sich gelegentlich so sehr darauf ein, dass fast ein Sachbuch daraus wird. Aber dann ergreift wieder der Krimi die Zügel.

Ach ja, und was ist nun der „Bezoar“? Ein von seiner Herkunft her nicht ganz appetitliches Heil- und Zaubermittel, manchmal als Stein in Kunstkammern gelandet, dem mancher Leser vielleicht auch schon bei „Harry Potter“ begegnet ist – und hier Symbol für eine Welt, die mit ihren Problemen in die Magie floh…

Renate Wagner

 

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