Oper Lübeck: Zum Spielzeitende zwei Premieren: DER LIEBESTRANK und DER OPERNDIREKTOR
Von Horst Schinzel
Copyright: Oliver Fantitsch
Aus dem umfangreichen Werk, das der italienische Komponist Gaetano Donizetti (1797 – 1848) hinterlassen hat, hat sich vor allem seine komische Oper „L’Elisir d’amore – Der Liebestrank“ auf den Spielplänen deutschsprachiger Musiktheater erhalten. Nachdem das Werk vor einigen Jahren bei den Eutiner Festspielen auf Deutsch erklungen ist – mit mäßigem Publikumserfolg -, ist es jetzt von der Lübecker Oper aufgegriffen worden. Hier wird auf Italienisch gesungen – musikalisch ein großartiger Abend. Was die szenische Umsetzung angeht, hinterlässt diese Produktion viele Fragezeichen.
Die Regisseurin Cordula Däuper hat sich in Lübeck mit einer gefeierten Inszenierung der Oper „La Cenentarola“ vorgestellt. An diesen Erfolg kann sie leider nicht anknüpfen. Sie verlegt die Handlung aus einem baskischen Dorf in ein Internat im Jahre 1914. Im Programmheft wird dies ausführlich begründet. Im Wesentlichen damit, dass Donizettis Musik keinerlei französische oder spanische Züge habe. Sieht man einmal davon ab, dass die Texte sich mit dem neuen Handlungsort durchaus nicht zusammenreimen – wenn etwa die Mittaghitze beklagt wird -, so begibt sich die Regisseurin der Möglichkeit, die Bühne außer mit herrlicher Musik – leider über weite Strecken sehr statuarisch, wenn nicht gar an der Rampe gesungen – und viel Gefühlen auch mit Handlung zu füllen. Es sei denn, wenn sieht es als witziges Bühnengeschehen, wenn in weite Leinennachthemden gekleidete bezopfte Internatsschülerinnen in ihre Etagenbetten steigen, sich zudecken und dann wieder hinabklettern. Dem Premierenpublikum hat es durchaus gefallen und auch die Regieleistung wird mehr als nur freundlichem Beifall gefeiert. Einige zaghafte Buhrufe gehen da schnell unter.
Musikalisch ist der Abend der großartig singenden Evmorfia Metaxaki als Adina. Die Griechin bewältigt die Koloraturen, die ihr der Komponist in die Kehle geschrieben hat, mühelos. Auch in den Höhen gibt es keine Schärfen. Neben ihr hat es Daniel Jenz als tumber Nemorino schwer. Er kommt nur langsam in Fahrt. Schön seine Interpretation der mit viel Schmelz vorgetragene Bravourarie „Una furtiva lagrima“. Eine Glanzleistung bietet Taras Konshchenko als Doktor Dulcamara. Gerard Quinn ist ein aufgeblasener Sergeant Belcoro in einer russischen Fantasieuniform. In dieser Aufführung werden die Dialoge als Secco-Rezitative gesungen
Für die Bühnengestaltung mit vielen dreistöckigen Betten zeichnet Ralph Zeger, für die komisch sein sollenden Kostüme ist Sophie du Virage verantwortlich. Joseph Feigl hat den stark geforderten Chor einstudiert. Generalmusikdirektor Ryusuke Numajiri leidet das über weite Strecken viel zu laut aufspielende Philharmonische Orchester.
Weitere Aufführungen: 30. Mai, 19.30 Uhr, 4. Juni, 18 Uhr
Spielwitz und herrliche Stimmen: Der Operndirektor
Copyright: Olaf Malzahn
Zum zweiten Mal trägt die Lübecker Musikhochschule mit einer eigenen Produktion zum Theater-Spielplan bei. Die erfahrene Dirigentin Romely Pfund und der Regisseur Gregor Horres haben sich dafür die Oper „Der Operndirektor“ des italienischen Barock-Komponisten Domenico Cismarosa (1749 – 1801) ausgesucht. Von dem umfangreichen Werk, das Cimarosa in seinem bewegten Leben – das ihn bis nach St. Petersburg geführt hat – geschaffen hat, hat sich auf den deutschen Bühnen gerade einmal „Die heimliche Ehe“ und eben diese musikalische Komödie erhalten. Letztere, weil Goethe sie in Rom gesehen hat, wo sie ihm so gefallen hat, dass er nach einer Rückkehr nach Weimar das Werk für sein Theater in Lauchstädt bearbeitet hat. Von dort hat das Stück seinen Weg in den ganzen deutschsprachigen Raum gefunden.
Walter Zimmer und Hermann Börner haben diese Satire auf den Theaterbetrieb bearbeitet, und Gregor Horres hat die deutsche Fassung der Dialoge bearbeitet. Die Geschichte von dem sowohl finanziell wie in seinen künstlerischen Ansprüchen gescheiterten Impressario wird in den Kammerspielen im Bühnenbild von Elisabeth Pedross und den Kostümen von Yvonne Förster mit viel Spielwitz auf die Bühne gebracht. Seokhoon Moon ist ein herrlich schräger Operndirektor, in dessen Hause es drunter und drüber geht. Dafür sorgen in verschiedenen Rollen Anna Petrowa, Caroline Nkwe (hochschwanger!) und Fiorella Hincapié. Aber auch seine männlichen Mitarbeiter Hyunseok Lee, Yannik Debus, Juan Sebastián Hurtado-Ramirez und Karsten Gebbert können den Untergang des Theaters nicht verhindern. Und vereinigen sich zum Schluss zu einer „Kulturrevolution“. Romely Pfund leitet das klangschön aufspielende Projektorchester.
Die Premierenbesucher sind hingerissen und danken mit stürmischem Beifall.
Weitere Aufführungen: 10.,16. un 29. Juni, 20 Uhr.