Ludwigshafen/Rhein: GÖTTERDÄMMERUNG 30.11.2012
Mit der Götterdämmerung beendeten nun Karl-Heinz Steffens (Dirigat) und Hansgünther Heyme (Regie und Ausstattung) Wagners ‚Ring‘ in Ludwigshafen. In der Partnerstadt Halle wird sie im nächsten Frühjahr ebenfalls gespielt, und dann im Wagner-Jahr jeweils der Zyklus in beiden Städten. Das in Ludwigshafen spielende Orchester der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz bewegte sich natürlich auf relativ ungewohntem Terrain und machte seine Sache aber gut.
Eine ganz verhalten mystische Nornenszene leitete den Götteruntergang nicht gerade spektakulär ein, wie Steffens auch im weiteren Verlauf eher auf diskrete
Begleitung setzt, eigentlich nie ins Opulente abzugleitet, ohne aber auf Dramatik und Expressivität zu verzichten. Sehr angenehm und durchhörbar auch die Dialogszene auf den Brünnhildenfelsen, danach eine schimmernd zupackende, abwechslungsreiche Rheinfahrt. Schon ganz ins Düstere abgleitend die Gibichungenmusik, wo erstmals ’schräg‘ geschichtete Harmonien auftauchen. Auch in der plastisch aufgebauten, gut strukturierten Waltraute-Erzählung kann
Steffens Akzente setzen, und danach schrille und berstende Klänge bei der Betrugsszene aufblitzen lassen. Die sich anschließenden Speereide Siegfrieds
und Brünnhildes werden wieder ganz überschäumend druckvoll herausgespielt und mit einer schicksalsdunkel prangende Dreier-Verschwörung abgeschlossen. Der
weitere musikalische Verlauf kann dieses Level aber nicht mehr übertreffen, anscheinend fehlt im Orchester dann auch etwas die Kraft, aber es wird bis zum
Ende gut durchmusiziert.
Die Nornen muten bei Heyme wie ältere Waldkräuterweiber an, wobei eine mit einem roten Turban hervorsticht. Ein Statistenpärchen mit Rock und rutschenden Strümpfen reicht ihnen die aufgerollten Seile zu. So artig und liebevoll auf ihrer Bettstatt haben Brünnhilde und Siegfried sich selten verabschiedet, Pferd Grane, für Heyme diesmal eine Wotans-Inkarnation mit Flügeln, dräut scharrend zum Aufbruch. Die Gibichungenhalle besteht hier aus einer Sitztribüne für den Chor, und links stehen hintereinander Fahnen mit aufgedruckten schwarz-weiß Fotos der germanischen Hauptgötter. Gunther und Siegfried ritzen sich mit bloßen Fingernägeln die Haut zur Blutsbrüderschaft.
Gutrune tritt in gotischer rosa Schleierrobe auf. In der Brünnhilden-Raubszene läßt sich Brünnhilde den Ring kampflos von Siegfried (in Gunthers rotem Mantel und mit goldenem Tarnhelm) abziehen.Der Wache haltende Hagen mit großem aufgestellten Mantelkragen und gelben Hemd und Schlips wie später die Chordamen, wird von einem kleinen Alberich belauert. Der Chor verkörpert eine faschistoide Macht-Masse: Die Männer im Mao-Look mit blauen, grünen und rosa Anzügen und Käppis, die Damen mit blonden Wellenperücken, in Uniformen und Röcken wie KZ-Aufseherinnen respektive BDM-Mädel.
Im letzten Akt nach Siegfrieds Tod defilieren und marschieren sie immer wieder um die Leiche, die durch Handaufheben (original) Hagen die Ringabnahme verweigert.
Die Rheintöchterszene davor ist ein Dejavu der Nornenszene, hier aber mit weißen/brauen Perücken und und weißen Masken. bei Brünnhildes Schlußgesang ist natürlich auch Grane (Reinhard Lehmann) wieder präsent, und Brünnhilde hat zwei Vögel (Raben?) in den Händen, die sie zwei wieder weißen Frauen, die von Schnürboden herunter gelassen werden, übergibt. Ich möchte nicht behaupten, daß Heyme mit diesen „Effekten“ unbedingt provozieren möchte, aber eine gewisse Kryptik in manchen Szenen ist sicher vorhanden. Die szenische Schlußwirkung hält sich, mit dem immer wieder angezündeten Feuer, in Grenzen.
Ein gesanglich angenehmes Rheintöchterterzett geben Ines Lex, Melanie Hirsch und Sandra Maxheimer. Bei den Nornen sticht Gundula Hintz, die später auch eine tolle Waltraute singt. hervor. Ceri Williams gestaltet die erste, Romelia Lichtenstein die 3.Norn. Gutrune singt Anke Berndt mit aufbltzendem Sopran fast jugendlich dramatisch. Alberich Gerd Vogel mahnt mit schwer dunkelfahlen Tönen seinen Erben Hagen Christoph Stegemann mit eher diskretem, aber gut artikuliertem Baß. Als Gunther entfaltet derselbe Gerd Vogel teilweise stimmliche Glut. Die Brünnhilde der Lisa Livingstone wurde angesagt, da sie gerade eine Grippe überstanden hatte. Dafür machte sie aber mit ihrem flaumig schön timbrierten Sopran alles gut bis auf den Schlussgesang, in dem sie dann doch überfordert schien. Ein etwas hörbarer Registerbruch zwischen Brust- und Kopfstimme sollte sich auch noch beheben lassen.
Ihr Siegfried Andreas Schager konnte mit seinem matallisch markanten Tenor heute eindeutig punkten. Im Gegensatz zu ‚Siegfried‘ differenzierte er seine Stimme auch in der Lautstärke. Bis zu seinem bitteren Ende war er immer die jubelnde Erscheinung.
Friedeon Rosén