Gabriela Montero und das Orquestra de Cadaques im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Gabriela Montero. Foto: Colin Bell
Das 1988 gegründete Orquestra de Cadaques wird seit 2011 von Jaime Martin geleitet, der es wirklich ausgezeichnet im Griff hat. Davon konnte man sich in Ludwigsburg überzeugen, denn gleich zu Beginn heizte er mit Manuel de Fallas Ballett-Suite „Der Dreispitz“ („El sombrero de tres picos“) dem Publikum mächtig ein. 1919 schrieb er das Werk für das Russische Ballett – es wurde ein Welterfolg. Erzählt wird die Geschichte eines jungen Müllers, seiner schönen Frau und einem ältlichen Corregidor, dessen Amtskleidung aus einem Hut mit drei Ecken besteht. Er stellt der jungen Müllerin nach, die ihn aber betrügt und überall blamiert. Den lyrischen „Tanz des Müllers“ arbeitete das Orquestra de Cadaques unter Jaime Martins Leitung mit hervorragender Intensität heraus, die sich immer mehr steigerte. Das Feuer südländischen Temperaments wurde vor allem im Schlusstanz entfacht, wo aufpeitschende Rhythmen und zündende Melodien in ein schillernd-glitzerndes Orchestergewand eingekleidet waren. Das Pikant-Tänzerische der nationalen Melodie kam ebenso leuchtkräftig zum Vorschein wie der betörende impressionistische Farbenschmelz. Ein großer Genuss war dann Gabriela Monteros ausgezeichnete Wiedergabe von Maurice Ravels Konzert für Klavier und Orchester, wo ebenfalls impressionistische Glanzlichter hell aufleuchteten. Das Gesetz des Aussparens wurde hier nicht verleugnet. Das gläsern-klare, exotische Thema des „Allegramente“ besaß elektrisierendes Feuer. Und das zweite Thema überzeugte mit einer träumerischen, von Chopin inspirierten Melodie. Da war Gabriela Montero ganz in sich versunken. Jazz-Elemente und Gershwin-Reminiszenen kamen bei dieser exzellenten Interpretation ebenso zum Vorschein. Der Hang zur Sonatenform bewies die Nähe zu Couperin. Vor allem der zweite Satz gelang Gabriela Montero sehr gut. Die schlichte Melodie konnte sich in bewegend-ergreifender Weise entfalten, mattschimmernde Arabesken glitzerten durch das Orchestergewand bezaubernd hindurch. Wie viel Gefühl lag in dieser bewegenden Interpretation! Im Schluss-Satz explodierte das rondoartige Thema in unkomplizierter Weise. Ein pianistisches Feuerwerk riss die Zuhörer von den Sitzen. Dieses Feuerwerk steigerte sich noch bei einer Zugabe, die von einem Zuhörer im Publikum hinsichtlich einer gesungenen Melodie inspiriert wurde. Gabriela Montero gelang es, mit geradezu unglaublicher Inspirationskraft unzählige Themen und Töne hervorzuzaubern. Dafür ist sie als Meisterin zu Recht weltberühmt. Ein Ohrenschmaus war ferner Maurice Ravels „Le tombeau de Couperin“. Diese Suite entstand ebenfalls 1919 und gilt als Huldigung an Frankreichs großen Barockmusiker. Thematische Beziehungen zwischen den einzelnen Sätzen Prelude, Forlane, Menuet und Rigaudon waren hier deutlich zu erahnen. Äusserlichkeiten suchte man bei dieser dezenten Wiedergabe glücklicherweise vergebens. Das Prelude knisterte wie eine hurtige Toccata vorüber, lustig reihte sich mit eigensinniger Melodie die Forlane an, gedämpft folgte das zeremoniell gemessene Menuett, und frech-draufgängerisch wirkte das Rigaudon. Hier bestach vor allem die Holzbläser-Episode im Mittelteil. Der im Jahre 1826 mit knapp 20 Jahren allzu früh verstorbene Spanier Juan Crisostomo de Arriaga gilt als Vergessener und Frühvollendeter, dessen wertvolle Sinfonie in D-Dur „Symphonie a grand orchestre“ jetzt wieder vom großartigen Orquestra de Cadaques unter der einfühlsamen Leitung von Jaime Martin glanzvoll aus der Taufe gehoben wurde. Die starke Moll-Dur-Polarität wurde vom Orchester hervorragend herausgearbeitet, ebenso bestechend wirkten Dreiklangsfigur und punktierter Rhythmus sowie die opernhaft-dramatische „Prestissimo“-Coda. Da erschien de Arriaga als ein für seine Zeit ungewöhnlich moderner Komponist, den der allzu frühe Tuberkulose-Tod unglücklicherweise dahinraffte. Das triolenreiche Hauptthema des Finales prägte sich ebenfalls tief ein. Als Zugabe gab es dann noch ein reizvoll musiziertes Scherzo aus Felix Mendelssohn-Bartholdys „Sommernachtstraum“, wo der Stimmungszauber und die Bildhaftigkeit der tanzenden Elfen bestens getroffen wurden. Diese Traumpoesie konnte man nicht vergessen. Die weitere Zugabe war eine folkloristisch-orgiastische Huldigung an die spanische Heimat, die heftige Ovationen und Begeisterungsstürme des Publikums hervorrief. Es war ein Konzertabend der Spitzenklasse und ein Triumph für die aus Venezuela stammende Pianistin Gabriela Montero, die unter anderem 2008 auch bei der Amtseinführung von Barack Obama aufgetreten war.