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Ludwig van Beethoven – Symphony No. 3, op. 55, „Eroica“ Richard – Strauss Hornkonzert No. 1, op. 11 Solist: William Caballero, Horn Pittsburgh Symphony Orchestra Dirigent: Manfred Honeck

13.07.2022 | Allgemein, cd

Spielerische Exzellenz

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Ludwig van Beethoven – Symphony No. 3, op. 55, „Eroica“

Richard – Strauss Hornkonzert No. 1, op. 11

Solist: William Caballero, Horn
Pittsburgh Symphony Orchestra

Dirigent: Manfred Honeck

rec. Heinz Hall for the Performing Arts, Pittsburgh, 2012 (Strauss), 2017 (Beethoven)
Recorded in SACD 5.0 & stereo and standard CD stereo
REFERENCE RECORDINGS FR-728 SACD

 Manfred Honeck und das Pittsburgh Symphony Orchestra begeistern einmal mehr mit einer herausragenden CD mit Werken von Beethoven und Strauss, live in Pittsburgh aufgenommen.

Auch in der „Eroica, Beethovens Sinfonie No. 3, geht Honeck seinen ganz eigenen Weg voller Überraschungen und geglückter Risiken. Dieser Beethoven ist keine gefällige Mainstream Darbietung, wie es bei zu vielen großen Namen zu beklagen ist, nein, bei Honeck geht es um alles. Von der ersten Note an!

Zu erleben ist ein ungemein spannender Beethoven voller ungewöhnlicher Einfälle! Selten ist in einer Aufnahme der „Eroica“ der Jubel derart präsent und mitreißend ausmusiziert, wie es das fabelhafte Orchester mit seinem charismatischen Chefdirigenten hier dokumentiert hat. Honeck erachtet alle vier Sätze dieser Sinfonie als Tänze und in diesem Sinne ist dieser Interpretationsansatz wirklich eine echte Novität.

Mit pulsierender Energie und raschen Tempi stürmt Honeck in die Partitur hinein. Intensive Aufmerksamkeit erfahren die Details in der Themenentwicklung. Mit größter Genauigkeit führt Honeck den Zuhörer durch die Strukturen der Partitur. Schroffe Akzente in den vielen Dissonanz Akkorden des ersten Satzes werden mit unerbittlicher Kraft geschärft und dann wiederum fein kontrastiert durch die lyrischen Holzbläser. Gerade die vielen harmonischen Schärfen meißelt Honeck mit einer Drastik heraus, als gälte es das Leben. Mit mitreißendem Brio treibt Honeck das Pittsburgh Symphony Orchestra durch diesen ersten Satz voller Kraft, Wucht und Transparenz. Was für ein Auftakt!

In düsterem Streicherton beginnt der Trauermarsch im zweiten Satz.  Expressiv und frei in der Phrasierung intonieren die Streicher. Wunderbar führt die sensible Oboe die Zuhörer in ein strahlend helles C-Dur mit heroischen Trompetenfanfaren, die die Trauer für einen Wonnemoment lang verbannen. Ruhe- und Höhepunkte sind hervorragend ausgewogen. Selbst in der Klage dieses Satzes ist die revolutionär anmutende Kraft, die diese Sinfonie so kennzeichnet, gegenwärtig.

Honeck stellt den zweiten Satz in ein fortwährend wachsendes, pulsierendes Crescendo, das zum Ende hin abebbt, ohne zu ermatten. Selbst im düsteren Fugato arbeitet Honeck immer Lichtmomente heraus, etwa die glorios hervortretende Hörnergruppe. Viele Überraschungen bietet gerade dieser Satz für den Zuhörer. Auf der einen Seite der Wechsel zwischen weichen und harten Paukenschlägeln, dann plötzlich im Horn deutlichst zu vernehmen, dass „Schicksalsmotiv“ aus der fünften Sinfonie. Niemals war es zuvor, derart prominent zu erleben. Auf dem Höhepunkt des Fugatoteils nimmt ein unbarmherziger Zug des Todes seinen Lauf, groß, machtvoll, von bleierner Schwärze. Es sind große Klageseufzer, ausgezeichnet vom Pittsburgh Symphony Orchestra empfunden, die in ein beschließendes „Lebe wohl“ münden.

Welch ein Kontrast schafft Honeck dann mit einem sehr ungestümen und forschen Scherzo!  Straff, voller Vitalität und Lebensfreude spielen die Pittsburger im flotten Tempo. Dynamik und Akzente sind perfekt getroffen. Dazu ein Trio mit Weltklasse Hörnern angeführt, wunderbar.

Wild und mit unwiderstehlichem Elan stürmt das Finale mit dem Zuhörer davon. Und auch hier ist es wiederum das bestechende Wechselspiel zwischen Emphase und intimer Lyrik, dass diese Aufnahme so besonders macht. Klar arbeitet Honeck die Variationen heraus und gewährleistet eine gelungene Durchsichtigkeit im Klangbild. Eine akustische Insel der Glückseligkeit ist der Solo-Oboe (Cynthia Koledo DeAlmeida) zu danken. Die Musik kommt im Aufruhr zur Ruhe, pure Kammermusik im Orchesterrausch. Sodann stürmt Honeck mit einem umwerfenden Presto in das Finale.  

Das Pittsburgh Symphony Orchestra spielt einen überragenden Beethoven mit süffigem Klang und höchster Brillanz, vor allem bei den Hörnern, die im Presto glorios zu erleben sind. Dies ist ein Beethoven voller ungestümer Tanzesfreude, mitreißend vorgetragen vom Eliteorchester aus Pittsburgh und seinem genialischen Meisterdirigenten. Spannender und emotional bewegender dürfte Beethoven auf CD heute kaum zu erleben sein.

William Caballero, Solohornist des Pittsburgh Symphony Orchestras begeistert nicht nur mit seinen Hornkollegen bei Beethoven, sondern auch hier mit einem herausragend gespielten Hornkonzert No. 1 von Richard Strauss. Strauss schrieb dieses Werk gerade einmal mit 18 Jahren und doch zeigt es bereits große kompositorische Reife!  

Mit weitem Atem und vollem Ton gibt Caballero hier ein besonderes Beispiel seiner virtuosen Spielkunst. Ob kantabel oder lyrisch keck wie im Finale, Caballero steht alles zur Verfügung, was notwendig ist, um dieses feine Konzert zu einer musikalischen Kostbarkeit werden zu lassen. Dabei musiziert Caballero betont offensiv, scheut kein spielerisches Risiko und vermeidet jegliche anbiedernde Gefälligkeit. Hier ist eine Persönlichkeit mit Ecke und Kante am Horn meisterlich agierend, zu erleben. Am meisten beeindruckt seine dynamische Bandbreite. Mit faszinierend feinem Ton gelingen Caballero delikateste Piano Momente, so z.B. in der hingebungsvollen Romanze. Im letzten Satz ist dann Gelegenheit für ein solistisches Feuerwerk, die Caballero ausgiebig nutzt, um noch einmal seine spielerische Klasse zu demonstrieren.  

Manfred Honeck ist dabei nicht auf die Rolle eines Begleiters reduziert. Ganz im Gegenteil. Caballero und Honeck musizieren hörbar als Team. Seine große Erfahrung und Affinität mit dem Oeuvre von Richard Strauss zeigt Honeck sehr eindrucksvoll. Mit viel Energie und Verve belegt das Pittsburgh Symphony Orchestra auch hier seine Meisterschaft.

Herausragend ist einmal mehr die Aufnahmetechnik und die editorische Sorgfalt dieser CD. In den intensiven Ausführungen Honecks im beigefügten Beiheft der CD erfährt der Zuhörer viele wissenswerte Details zu seinem musikalischen Zugang.

Beethoven und Strauss, wahrlich wieder einmal eine Referenzaufnahme!

Unbedingt empfehlenswert!

Dirk Schauß, Juli 2022

 

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