LÜBECK/“Sommeroperette“: Frisch wie vor 90 Jahren: „Der Vetter aus Dingsda“ – B-Premiere am 10.8.2012
Von Horst Schinzel
Foto: Sommeroperette Lübeck
Der Komponist Eduard Künnicke (1885 – 1953) ist nur ein halbes Jahrhundert nach seinem Tode gründlich vergessen. Dabei hat er zweifellos einen beachtlichen Beitrag zur Musik des 20. Jahrhunderts geleistet. Davon kann man sich in Lübeck jetzt bei der dritten Produktion der diesjährigen Spielzeit der Lübecker Sommeroperette überzeugen. Im Volkstheater Geisler bringt sie „Der Vetter aus Dingsda“ heraus – eine Musikschöpfung, mit der sie 1995 auf der Freichtlichtbühne in den Wallanlagen – von der sie sich später hat vertreiben lassen – ihr Wirken begonnen hat.
Im Volkstheater Giesler sind die Verhältnisse noch bescheidener als im Jugendstilsaal des Johanneums. Statt eines Orchesters bemühen sich zwei Musiker – Carsten Browien am Klavier und Hilla Krüger mit der Violine und anderen Instrumenten – oftmals arg laut, den Sängern Halt zu geben. Die die mitunter gut brauchen könnten. Und weil die Bühne doch arg klein ist, ist nur Raum für die zwei Tänzer Janessa Jenkins und Kelly Adamah in der Choreografie von Lars Fischer. Die beiden müssen überdies Nebenrollen übernehmen.
Dass der Abend trotz dieser Erschwernisse zu einem beachtlichen Erfolg wird, verdankt Prinzipal Michael P. Schulz einem Ensemble, das nicht nur schön singen, sondern auch mit viel Spielwitz die krude Geschichte von der reichen Erbin Julia de Weert (Désirée Brodka), die von einem Jugendfreund träumt, der vor langer Zeit nach „Dingsda“ ausgewandert ist, erzählen. Dieses Dingsda ist Batavia, das heutige Djakarta – zur Entstehungszeit der Operette Hauptstadt des niederländischen Südsee-Imperiums. Als dieser vermeintliche Vetter tauchen Felix Müller als August Kuhbrot und Kay Bretschneider als Roderich de Weert auf. Hausherr Thomas Geisler als Onkel Josef und Mona Hermes als dessen Frau Wilhelmine verkomplizieren alles sehr. Wobei Mona Hermes die Zweitbesetzung ist. In der – ausverkauften – Premiere hat diese Rolle der Transvestit Lilo Wanders gemimt – ganz anders, wie das Tresenpersonal in der Pause den Zuschauern erzählt. Da sind noch Busenfreundin Hannchen (Sonja Pitsker) und ein sehr komischer Stefan Gregor Schmitz als aufklärerischer Egon von Wildenhagen. Das Ganze in einem sehr luftigen Bühnenbild und hübschen Kostümen, für die natürlich auch der Prinzipal zeichnet. Eindrucksvoll auch die Lichtgestaltung.
Die B-Premiere ist leider weit davon entfernt, ausverkauft zu sein. Sie wird herzlich gefeiert.
Weitere Aufführungen: 11. 15. 17. und 18. August ,20 Uhr,12. und 19. August, 15 Uhr, 16. August, 18. Uhr